KRITIK: The Robocop Kraus – Smile

KRITIK: The Robocop Kraus – Smile

Nach 15 Jahren veröffentlichen The Robocop Kraus generalüberholt ihr neues Album Smile bei Tapete Records und wenn es alle wie geplant gelaufen wäre, dann wäre die Rezension schon vor Wochen online gegangen, aber da merkt man doch wie schnell es gehen kann und du den Wald vor lauter positiv, negativen Bäumen nicht mehr Sehen kannst.

Fünfundzwanzig Jahre The Robocop Kraus könnte die Überschrift heißen und während ein frischer Wind ihr sechstes Album Smile in unsere Richtungen weht, geht die Band als Sextett auf Tour.

Sie sind zurück, sind wieder da, die Robocops haben sich neu reformiert und spielen wieder Konzerte. In den vergangenen fünf Jahren war es nahezu still geworden um sie und der erste neue Track, seit der Robocop ungewiss andauernde Wartung verpasst bekam, durchbrach 2020 nur für eine Momentaufnahme diesen Abschnitt.

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Die meisten hielten hielten das Unmögliche schon nicht mehr für möglich, aber am 15.04.2023 beschenkte die Band ihre treuen Fans und alle die es noch werden möchten, mit ihrem mittlerweile sechsten Album, da die Split-LP mit The Cherryville von 1998 natürlich als Full-Album Release ausgeklammert werden darf. Egal aus welchem Blickwinkel wir das fast schon wieder ad acta gelegtes Comeback von 2017 (die Band spielte zum Beispiel im ausverkauften Festsaal Kreuzberg am 14.01.2017 ein Konzert) nun betrachten möchten, alle Mitglieder waren sich darüber im Vorfeld einig das hier nicht auf Sparflamme musiziert wird, sondern wenn dann wird es feurig auf allen Kanälen.

Aber spulen wir kurz die Kassette zu ihrem Anfang, den Ursprüngen von The Robocop Kraus zurück und vernehmen zu Beginn, das Mitglieder der lokalen Emo-Indie-Punk Szene Hersbruck in Mittelfranken, die in den Diy-Kapellen Cyan und Maggat ihre Verbundenheit zu handgemachter Musik verschiedenster Klänge nachgehen deren Ursprünge sich teilweise in Washington D.C. und San Diego offenbaren. Möglicherweise hörten die Musiker zu Hause, über Mailorder bestellte Tonträger von Make-Up, Trumans Water, Hot Hot Heat, The Rapture oder auch GoGoGo Airheart und fuhren folgerichtig in ähnliche musikalische Gewässer. Ein Mix aus schrägem Post-Punk, Emo, No Wave und Indie-rock würde von Album zu Album immer wieder erneuert und mit eingängigeren Ideen ausgelotet werden und nach dem ersten Release auf dem Band eigenen Swing Deluxe Records, bekam zügig das tschechische Label Day After Records Wind von ihrem „Crossover“ und veröffentliche ihr mit „a lot of Teenage Angst“ bestücktes zweites Album Tiger. Nachdenkliche Stimmungen des Emo kreuzten sich mit tanzbaren Versatzstücken, wir bekamen ein Organ vorgesetzt und gut ausbalancierte, sperrige Akzente, die durch exaltierende Vokabulare immer rastlos versuchten der inneren Unruhe ein visuelles Ich zu verleihen.

Bevor The Robocop Kraus zu Láge dór wanderten, sah ich sie damals zum allersten Mal auf dem Fluff Fest 2002, welches nach einigen Standortwechseln bis heute in Rokycany stattfand. Nebst unzähligen Bands aus aller Welt, stand das Festival nicht mehr und nicht weniger für drei Tage Live-Musik, veganes Softeis, Strandbad und Zelten auf einem begrünten Flughafengelände und ich bannte damals den Großteil ihre Perfomance auf das Band einer Videokamera die danach auf VHS archiviert wurde. Auf den darauffolgenden 3 Tourneen der Band versuchten wir sie uns live anzuschauen, was jedoch mindestens einmal von brutalen Gewittern und Regenschauern auf der Autobahn, begleitet von defektem Antrieben beider Autoscheibenwischer ausgebremst wurde.

Nach dem Release von Living With Other People 2003 klopften Epitaph Records an die mittelfränkischen Rehearsal-Rooms und in Kooperation mit dem bereits involvierten Label stand dann ein das große Wasser überbrückender Plattenvertrag zu Buche, in dessen Produktionshallen entstand 2005 They Think They Are The Robocop Kraus mit dem sich die Band in kommerziellere Bereiche vortastete und mit Art Brut auf große Tournee ging. 2007 veröffentliche die Band ein vorerst letztes musikalisches Lebenszeichen und Blunders And Mistakes, kam auf Altin Village & Mine heraus und schälte nochmal mehr Disco-Pop Affinität sehr eingängig aus ihren Schutzrüstungen.

Bereits mit They Think They Are The…. kehrten 2005 die Robocops ihre Liebe zu David Byrne und seinen Talking Heads, angefangen bei Album-Artwork, Gesangstil und stoisch, eingängig, niemals taktlosen Beats und Grooves ganz deutlich heraus, ohne den Versuch zu unternehmen damit Undercover gehen zu wollen und mit Better Lights In Hollywood und After Laughter Comes Tears entpuppten sich zwei Tracks als meine persönlich, favorisierten Hits des Albums.

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Diverse Single-Tracks stimmen nun die Hörerschaft seit dem 10.02.2023 mit einem Grinsen darauf ein, was uns am 14.04.2023 erwarten würde. On Repeat machte den Anfang und eröffnete den Album-Countdown ordentlich up-tempo, geradeaus und trotzdem unaufgeregt lässig, so mitreißend, das anstatt des Verputzens diverser Schokoriegel dieser Track über jeden Radiosender zu hören sein sollte. Sänger Thomas Lang hat sich stimmlich längst genug ausgetobt und lässt seiner angenehm vertraut klingenden Stimme ohne jegliche Ausbrüche seinen Lauf, geleitet uns mit wohligem Wiedererkennungswert durch die zwei Minuten und dreiundvierzig Sekunden und euch bleibt eigentlich nur eine Chance ihn „On Repeat“, auf eure sommerliche Playlist zu setzen.

David Häuser hielt die sechs Robos, zurückgelehnt und entspannt, für den Videoclip zur dritten Auskopplung Innocent Fun mit dem Jugendclub des Staatstheaters Nürnberg auf Zelluloid fest und zeigt die Musiker, klatschend auf den Rängen sitzend, die sich den neusten Attraktionen der angesagtesten Bühnenbretter stellen und mit Cradle Of Filth, schoben The Robocop Kraus vor gut zwei Wochen Single Nummer 4 in die YouTube-Kanäle.

Auch wenn die Musiker etwas ruhiger geworden sind, mittlerweile haben ja alle Familie, ihren Spaß haben sie keineswegs zu Hause gelassen, denn Sänger Thomas gibt sich ungeniert und geschminkt mit Netz-Oberteil und Langhaar-Perücke in heimische Wälder projiziert die Ehre.

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Mehr Pop, mehr Wave, weniger scheidende Gitarren heißen die Zutaten, aber mit einem Album-Opener wie Young Man, der sehr treibend das aktuelle Album Post-Punker einleitet in Folge erwähnte Vorab-Songs mit dem Giant Of Love zusammenführt, sollten sie doch endlich den überfälligen, größeren Erfolg mit ihrem zweiten Frühling auskosten können. World/Inferno wurde mit der leicht melancholischen Stimmung für die die Band schon immer bekannt war überzogen und die Keyboards von Markus Steckert holen dich sofort ab, zu denen die Gitarre eine angenehm melodisch greifendes Riff anstimmt.

Cannonball gönnt sich eine kleine Verschnaufpause und sehr überzeugend begeben wir uns mit Under Control in Richtung Back To The Roots während der Song unaufhaltsam ohne ein Päuschen vorwärts, nur nicht zurückblickend rollt und locker auf einer der frühen Split-Seven Inches Platz gefunden hätte. Alleine das legendäre „Terence Hill und Bud Spencer in der Hängematte“-Artwork, zu sehen auf der Single mit den Kölner Screamo-Band Yage fräst sich mir beim hören fast automatisch in die Hintergedanken.

The Robocop Kraus wechseln auf den vier darauffolgenden Songs zwischen Tanzfläche und Absackern für die Lounge-Bar hin und her, beweisen mit Soul aufgetankter Finesse in The Boy’s No Good, das sie auch klassisch sich dem Thema annähern können um widererwartend zum Abschluss des Albums uns noch einen unter zwei Minuten Punk-Smasher entgegenzuschleudern.

Damit hätte wohl niemand gerechnet, das Matthias Wendl (Gitarre), Tobias Helmlinger (Bass), Johannes Uschalt (Gitarre, Schlagzeug), Hans Christian Fuss (Gitarre, Schlagzeug), Thomas und Markus mit The Foul Stench Of Our Time 1:47 Minuten lang derart auf den Putz hauen würden, dessen Ergebnis uns an Dischord Records und Washington D.C. denken lässt.

Ihr solltet The Robocop Kraus in dieser Form keineswegs unterschätzen und unbedingt einen ihrer Spaß machenden Konzerttermine in den Veranstaltungskalender eintragen.

  • 07.10. Nürnberg – Nürnberg Pop
  • 03.11. München – Milla
  • 04.11. Leipzig – Institut für Zukunft

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Von Veröffentlicht am: 19.06.2023Zuletzt bearbeitet: 25.06.20231303 WörterLesedauer 6,5 MinAnsichten: 1006Kategorien: Alben, KritikenSchlagwörter: 0 Kommentare on KRITIK: The Robocop Kraus – Smile
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Über den Autor: Nico Pfueller

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