KRITIK: Kanye West – Donda
Nachdem der Releaseprozess von Donda für die einen ein andauernder cringe-Moment und für die anderen der Beweis dafür war, dass West nun mal ein Künstler ist, der sich das erlauben darf, bleibt nun nur noch die Frage: Hat sich das Warten gelohnt?
Wer ein Album so ankündigt, verschiebt und hyped, der muss damit rechnen, dass die Erwartungen hoch sind. Wenn diese Person auch Kanye West ist und schon ein Album vorgelegt hat, das mit Fug und Recht eins der Besten der letzten 20 Jahre genannt werden darf (natürlich ist My Beautiful Dark Twisted Fantasy von 2010 gemeint), sind diese Erwartungen nicht geringer als die Wiederholung dieses Geniestreiches. Das ist natürlich nicht gelungen.
Keine Frage, Donda ist kein per se schlechtes Album. Aber von den 10 Alben die Kanye West jetzt veröffentlich hat, ist es mit Sicherheit nicht unter den 5 besten. Und auch der Releaseprozess dürfte daran Schuld sein. So gibt es nämlich gleich vier Songs in unterschiedlichen Versionen. Diese unterscheiden sich teils in der Länge, teils in den Features. Besonders krass ist das bei Jail: Einmal mit Jay-Z (mega!) und einmal mit DaBaby (homophob) und Marilyn Manson (WTF). Das ist, gelinde gesagt, nicht cool. Dann gibt es auf Ok Ok Pt. 2 ein Feature von Shenseea, das so nice ist, dass man Pt. 1 eigentlich auch weglassen kann. Man fragt sich, warum es diese Dopplungen überhaupt geben muss – auch wenn diese Frage eigentlich völlig unnötig ist bei Kanye West.
Das Album ist im Sound vor allem von Orgeln und Chören sowie einer erstaunlichen Abwesenheit von Drums geprägt. Es gibt Drums, aber eher selten. Dann ist es ein sehr männlich dominiertes Album, es ein paar wenige weibliche Features, was schade ist wenn man sich ältere Releases von West anhört. Das Feature von The Weeknd ist natürlich sehr stark und hat eine gute Hook – wie erwartet werden durfte.
Was von den ganzen Features aber am krassesten auffällt, ist, dass es auf Donda erstmals nicht so wirkt, als hätte sich Kanye West einen Haufen Gäste eingeladen. Vielmehr wirkt es so, als wäre er selber Gast auf einem von ihm produzierten Album. So richtig mag er sich einfach nicht mit seinen Raps durchsetzen und die lyrischen Leitmotive (u.a. Donda, Wakanda und Buzz Lightyear) kommen nicht nur von ihm sondern auch von anderen. Irgendwie weird, dass er das nicht auch selber mal auf den Punkt bringen wollte.
Dann ist da natürlich noch das Artwork, ganz im Stile des Sampling-Genies hat West auch hier eine clevere Idee gehabt und sich bei den schwarzen Kacheln auf Social Media von Black Lives Matter bedient. Das ist eine gute Idee, thematisch war er aber auf anderen Alben diesbezüglich schon stärker. Ob Donda das richtige Album dafür ist? Ich bin nicht sicher.
Generell hatte ich höhere Erwartungen – gerade bei dem Album das nach Wests Mutter benannt ist hätte ich mehr Solotracks erwartet, mehr emotionales Involvement. Und dass es am Anfang Jay-Z gibt, der sich an Donda wendet und ihr sagt, er habe ihrem Sohn gesagt, er solle das rote MAGA Cap Ablegen und nach Hause kommen, dann am Ende auf dem selben Song Manson und DaBaby gefeatured sind, zeigt die Zerrissenheit von West. Irgendwo zwischen Genie und Arschgeige.
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