KRITIK: Hackedepicciotto – The Silver Threshold

KRITIK: Hackedepicciotto – The Silver Threshold

Multimediakünstlerin trifft Multiinstrumentalist und umgekehrt.

Danielle De Picciotto, geboren am 19.02.1965 in Tacoma, Washington, begründete kurz vor dem Mauerfall 1989 zusammen mit ihrem damaligen Lebensgefährten Matthias „Dr. Motte“ Roeingh die erste Berliner Loveparade. 1987 ließ sich die studierte Musikerin und Künstlerin in Berlin nieder und ihre weitreichenden Betätigungsfelder in Film und Malerei können Danielle durchaus das Label Multimediakünstlerin verleihen. Bühnenerfahrung in Form einer Sängerin erlangte Danielle in den Jahren 1990-1995 mit den Space Cowboys.

Unter dem Künstlernamen Alexander von Borsig trat der in Berlin Neukölln am 11.10.1965 geborene Alexander Hacke Anfang der achtziger Jahre in Erscheinung, schloss sich 1983 den damals noch völlig unbekannten Einstürzende Neubauten an und bediente die Gitarre bevor er 1994 an den Bass wechselte. Schon 1973 veröffentliche Herr Hacke erste musikalische Ergüsse mit seiner damaligen Band Mekanik Destrüktiv Kommandöh, die dem Minimal- Genre zugerechnet werden.

2006 heiratete Danielle ihren langjährigen Lebensgefährten Alexander und seither veröffentlicht das Paar neben Solo-Werken auch gemeinsam geschriebene Alben. Ihre erste gemeinsame Veröffentlichung wurde The Ship Of Fools, veröffentlicht 2008, gefolgt von dem wieder nur auf CD veröffentlichten Hitman’s Heel.

Crime & The City Solution, die in den achtziger Jahren von Musikern der Bad Seeds ins Leben gerufen wurde, bestätigten 2011 die Veröffentlichung ihres ersten Albums seit 1990 und neben Mitglied Hacke gehörte Depicciotto ebenfalls zur reformierten Version.

Seit 2010 führten die beiden ein nomadisches Leben, veröffentlichten in Kleinstauflagen immer wieder auch auf Vinyl neue Tonträger, bis sie sich erneut in Berlin niederließen.

Mit Einsetzen der pandemiebedingten Konzertverbote fielen auch ihre Pläne ins Wasser ihr letztjähriges Album The Current angemessen live zu präsentierenMittlerweile bei Mute Records unter Vertrag, begeben sie sich in beste Gesellschaft, wirft man nur einen Blick auf den umfangreichen Backkatalog des Labels.

The Silver Threshold zeigt beide künstlerisch auf dem Albumcover, in schlichtem schwarz/weiß festgehalten, in der Hocke oder an die Wand gelehnt über dem eigenen Spiegelbild posierend.

Wie ein Vogelzwitschern der Natur geleitet uns, von Streichern begleitet die Ouvertuere in ihr neues Album, beginnt unheilvoller zu vibrieren bis beide ihre Stimmen kurz erheben. Ungemein druckvoll schwebt der Titeltrack über den Radar und vereint Elektronik mit Sprachfetzen und Instrumenten die monoton und sich doch stetig aufbauend weiterentwickeln. Mit einer ähnlichen zupackenden Spannung wartet The Meteors Reign auf, birgt im Hintergrund gleichberechtigt laufende Sequenzen in sich, während im späteren Verlauf die wunderbaren Streichinstrumente zum Zuge kommen, die jederzeit im Stande sind die Stimmung kippen zu lassen. Eine entfernt an Twin Peaks erinnernde Modulation begleitet Evermore, der beide Gesänge vor sich herschiebt und so an seinen Ende gelangt.

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Spirituell und dronig angehaucht säuselt Danielle ihre Eindrücke zu Babel stilistisch, wie schon auf vorangegangenen Aufnahmen in Richtung Hochebene.

Alles hat den Anschein von „Song zu Song steigert sich dieses Album immer weiter in Richtung Höhepunkt“.

Trebbus verdichet diese These mit brummenden Tönen, klingelnden Glockengeräuschen und fordernden Rhythmen, auf denen ein verfremdeter Dudelsack zu tanzen scheint. Im Journeys East übernehmen die singenden Saiten von Geigen und Violinen zu New Age tönenden Klängen den Wegweiser und verbreiten gekoppelt mit Gesang ein Gefühl das mich wie ich es bei dem ein oder anderen Track von Swans vernehme.

Meeresstille und Kirchhain haben einen leichten Hauch von Industrial und kommen eher ohne Beats oder Schlagwerk aus. Zuletzt setzt The Watered Garden einen berstenden Schlusspunkt, der mit einer Mittelalterartigen Melodieführung zum abschließenden Tanz bittet.

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Hackedepicciotto haben ihr bis dato bestes, in sich gesehen abwechslungsreichstes Werk mit The Silver Threshold abgeliefert. Das Potenzial der letztjährigen Einschränkung wurde mehr als freigesetzt und in pulsierender Elektronik, Soundcollagen und Riffs von fragiler Schönheit umgewandelt. Das Projekt versteht es perfekt die eigenen Lebenserfahrungen in die Musik zu überführen und einen künstlerischen Ausdruck zu formen.

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Von Veröffentlicht am: 12.11.2021Zuletzt bearbeitet: 13.11.2021657 WörterLesedauer 3,3 MinAnsichten: 1151Kategorien: Alben, KritikenSchlagwörter: , , 0 Kommentare on KRITIK: Hackedepicciotto – The Silver Threshold
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Über den Autor: Nico Pfueller

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