I am waiting for you last summer – Edge Party

I am waiting for you last summer – Edge Party

Seltsames Paralleluniversum? Nach einem kurzen Intro zeigt Startnummer 2 auf dem Album, ‚Solar Wind‘ ersteinmal, in welche Richtung das ganze Werk gehen will – Postrock melodischer Natur, aber eben nicht analog mit Gitarre, Schlagzeug, Bass, sondern eben digital, aus dem Sequencer und mit Synthesizern. Ob da nun die postrocktypische Leadgitarre ‚echt‘ ist oder auch aus dem Rechner stammt, ist schwer auszumachen und auch unerheblich.

Das Gesamtpaket klingt hier auch anfangs gar nicht so verkehrt, wenn auch ein bisschen zu verhallt und dadurch zu distanziert und künstlich. ‚Solar Wind‘  klingt zeitweise sogar relativ sphärisch und eindrucksvoll – wenn Bands wie Maybeshewill oder Atlantis ihre Songs auf ausgedehnte Synthesizerpassagen stützen und mit verzerrten Drum’n’Bass-Versatzstücken um sich werfen können, warum dann auch nicht diese Band aus Russland – nur dann eben nicht als Interlude oder Gimmick, sondern als integraler Bestandteil des Bandsounds? Der dritte Track, ‚Away from here‘, kommt da dann zuerst balladesk entspannt daher, um dann später vollends in Dance-Gefilde abzudriften, komplett mit four-on-the-floor-Anleihen. Das hat dann leider aber in diesem Gewand auch eher was von einem möglichen neunzigerjahre Eurovision-Songcontest-Beitrag, vielleicht aus Moldavien. Nummer Vier – ‚Medley Season‘ – und Nummer Fünf – ‚Intension‘ – holen den Hörer dafür dann aber wieder in die Gegenwart zurück – auch wenn es in dem Falle die Gegenwart des momentanen Dubstep-Overkills ist. So lassen die verschiedenen Fills, Breaks sowie der gesamte Beat der beiden Stücke und der im Hintergrund vor sich hin wabernde Bass den Hörer eigentlich nur auf den beim aktuell modischen Dubstep typischen Drop warten – der aber bei beiden Stücken ausbleibt und dann tatsächlich irgendwie ein unbefriedigendes Hörerlebnis hervorruft, auch wenn man besonders bei ‚Intension‘ jeden Moment etwas derartiges erwartet.

Damit haben I Am Waiting For You Last Summer wirklich ein Novum geschaffen – den ersten als Postrock bezeichneten Song, bei dem es negativ auffällt, dass er keinen Drop hat. Das Potenzial, das dieses doch irgendwie interessante Genre-Crossover bietet, verfliegt dann aber schon wieder, wenn ‚Intension‘ letztendlich auch wieder in 90ies-Trance inspiriertem, trotzdem eher insgesamt uninspirierten Viervierteltakt endet.

Das darauffolgende Stück ‚Dreamer’s Shelter‘ reduziert das Gefühl, eigentlich den 90ern und einer nicht gerade guten Elektroplatte anheimgefallen zu sein, dann wieder ein wenig – auch wenn sich zum weiterhin rumwabernden Bass kurz auch noch verwaschene Vocodervocals gesellen, die letztendlich an niemand geringeren als ‚Dubstep‘-‚Größe‘ Skrillex erinnern.’Unseen‘ kommt dann mit ein Paar verstreuten Glitch-Anleihen und melancholischen Gitarren daher und wirkt so im Kontrast zu den vorhergehenden Stücken schon fast entspannt und konventionell. Kurz darauf gesellt sich dann (leider?) eine Synthesizermelodie hinzu, die man in der Form eher auf einer Dream-Dance-Compilation erwartet hätte.’Event Horizon‘, Titel Nummer acht, nähert sich dann wieder etwas gewohnteren Formen an – zwar wabert der Bass auch hier ziemlich elektronisch daher und das ganze ist nicht weniger digital, trotzdem wirkt alles hier ein wenig zeitgemäßer, inspirierter und besser aufeinander abgestimmt, lässt den Hörer – trotz tatsächlich vorhandener Drumcomputerdoublebasspassage – nicht so verwirrt und irritiert zurück, wie es die anderen Stücke taten.

Beim darauffolgenden Stück ‚Obsessed by‘ haben sich I Am Waiting For You Last Sum- mer Unterstützung von der ebenfalls aus Russland stammenden Band i am the morning geholt – vermutlich vor allem beim auf diesem Album zum ersten Mal (verstehbar) vorkommenden Gesang. Der Gesang kommt wirkt verträumt und kühl – und lässt sich auch gar nicht mal so schlecht an und zeigt die Möglichkeiten der Band, die definitiv nicht in reinem, klassischen Postrock liegen sollen – was auch immer klassischer Postrock sein mag. The Void‘, das als Outro fungiert, wabert dann noch mal ein wenig düster vor sich hin und lässt den Hörer mit der Frage zurück, was man von diesem Album halten soll. Es ist schwer, sich eine Meinung zu dem Album zu bilden, ohne zu kurz zu greifen. Einfach zu sagen, es sei schlecht, wäre nicht wirklich gerecht und auch nicht zutreffend. Dass es sich nicht um Postrock von Caspian oder If These Trees Could Talk handelt, wird sofort klar und ist auch nicht.

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Von Veröffentlicht am: 23.04.2012Zuletzt bearbeitet: 02.12.2018697 WörterLesedauer 3,5 MinAnsichten: 902Kategorien: Alben, KritikenSchlagwörter: , , , 1 Kommentar on I am waiting for you last summer – Edge Party
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Über den Autor: Robin Aust

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