PUFF – Living In The Partyzone

PUFF – Living In The Partyzone

PUFF ist ein Begriff, der bereits seit geraumer Zeit nicht nur an schmierige Ecken in gewissen Etablissements denken lässt, sondern an das wundervoll-verstörende analoge Universum um die Band aus Berlin, P.U.F.F.

Mit ihrem neuen Album“Living In The Partyzone“, bestehend aus 10 abgedrehten Songs, die teils englisch, teils in ihrer Muttersprache gesungen werden, brennen PUFF nicht nur dem Neo-Posertum Löcher in die Haut.

Einige Berliner Kenner beschreiben PUFF mit „Devo auf ganz, ganz schlechtem Speed“. Manche beschreiben sie als „Mischung aus DAF, The Monks und Kraftwerk“. Klar, da ist was dran, aber so einfach ist das gar nicht und genauso ist das gedacht. Provokant, nonkonformistisch, hemmungslos und dadaistisch-angehaucht kommen Puff mit einer abgesägten, doppelläufigen Schrotflinte daher, um unser bisheriges Genre-Schubladen-Lexikon wegzupusten. Sie selbst bezeichnen ihre Welt mit der Begrifflichkeit „Futurebilly“.

Mit einem Sturm aus analogem Synth-Explosionen, cleanen, teils twangigen Gitarren und einem schlafsüchtigen Gesang à la Spits schaffen PUFF ein neues Universum, welches kein Platz für Hemmungen und Passivität aufweist.

„Living In The Partyzone“ beginnt mit „Die Zukunft ist gekommen“. Ein sich durch alle Hirnwindungen fressender Synthesizer setzt ein und kurz daraufhin ein unaufhaltsames und energisches, elektronisches Klanggewitter,

Die Zukunft ist gekommen, großspurig und vulgär, nimmt dir dein Leben aus der Hand und trinkt es angewidert leer.

Bedrohliche Synthesizertöne machen sich anfangs bei „Psychological Survivals“ breit. Der Gesang kommt gediegen stumpf um die Ecke und bildet einen schönen Kontrast zu der verspielten Gitarre, man befindet sich jetzt schon im Spinnennetz der Platte.
Es folgt „Too Tired To Run“ und überrollt dich mit analogen Klangeffekten wie eine pink angestrichene Dampfwalze. Die Drums spielen straight und die Breaks erinnern an Las Vegas Grind. Damit ist das Stück ein vielschichtiges Chaoswerk, unstrukturierte Struktur.

Das nächste Stück „Zu einem schönen Grundstück gehört ein schöner Zaun“ versprüht ironisches Gift aus allen Poren und beginnt mit Gitarre(n), die an Devo oder auch an verspieltere Stücke der Dead Kennedys erinnern. Der Text kommt ruckartig und passt sich dem Rhythmus an (oder andersrum) und kommt daher richtig gut und es bockt einfach mitzusingen, zieht einfach.

Genial. Ich bin spätestens bei „Der Tod Ist Ein Müllmann“ ein Fan der PUFF-Lyrik Welt:

…mit der Ausdauer einer Klärwerkpumpe, ist er am entsorgen, denn so oft Präservative platzen wird wiederum gestorben.

Auch hier wird mit analogen Werkzeugen gespielt was das Zeug hält. Die Gitarre akzentuiert und alles in einem beschaulichen Tempo ohne die Wirkung zu verfehlen.

„A Thousand Hungry Clocks“ beginnt mit einer Art Intro, gesponnen aus einer Vielzahl elektronischem Handwerks, angetrieben von einem simplen Drumtakt, der sich eines kurzen Delays erfreuen kann. Das Intro gipfelt in einem ab- und aufpitchen, gefolgt von einem explosiven Tempowechsel. Hier bekommt „A Thousand Hungry Clocks“ eine ordentliche Literladung Adrenalin injiziert und beschleunigt alle nah und fernen Herzfrequenzen. Spätestens hier setzt der Verlust der willentlichen Kontrolle ein und mit einem asynchronem Muster aller Hirnströme ist zu rechnen. Begeisterung.

„Off Duty Cops“. Eine Art Endgegner Melodie an einem 90´er Jahre Spieleautomaten, erschaffen von und für Lobotomie-Patienten mit musikalischem Anspruch. “ ..they learn how to spoil things each and every day – if you follow the pigs they gonna show you some tricks, we better leave baby..“ Noch Fragen?

Der achte Song „Sparfuchs“ erinnert von der Gitarre wieder ein wenig an Dead Kennedys, ein wenig schleppend, aber nicht lahm und ich mein irgendwo eine Güiro rauszuhören (wie was das ist !? Ein Percussion-Instrument der afro-kubanischen Musik ! Natürlich! ) und das zeigt mal wieder wie unvorhersehbar, innovativ und mit welch einem genialen Gehör PUFF arbeitet.

Das Album neigt sich dem Ende zu und es macht sich in mir eine subtile Trauer darüber breit. So ! Nun der vorletzte Song „Shame“. Ein wirklich irres Stück. Hier wird Schwerkraft zum Unsinn. Eine Entfesslung aller physikalischen Gesetze tritt in Kraft und hier kann man den Vergleich “ Devo auf ganz, ganz schlechtem Speed“ wohl am ehesten nachvollziehen. Helium geladene Stimmen treffen auf verworrene Töne, die sich selbst verschlingen, auskotzen und wieder von vorne anfangen. Mach das mal nach !

Mit dem letzten Track „Wenn Ich Dein Hund Wäre“ geht´s wieder ein wenig gesitteter zu, obwohl „gesittet“ bei PUFF wohl so fehl am Platz ist wie der Papst in diesem.

Den Track treibt ein Tambourine an sowie angezerrte Gitarrenklänge, die ganz unbeschwert und locker vor sich hintreiben, als ob man der Zeit den Sinn entzogen hätte. Der Gesang ist sehr tief und deklamatorisch, er wirkt wie ein ausdrucksvoller Vortrag und man hört gespannt zu.

…seit Stunden muss ich mal raus, statt endlosen Vorwürfen bin ich ernsthaft erfreut, ich hab dir was hinterlassen für deine Aufmerksamkeit, ach wenn ich dein Hund wäre…

PUFF bleibt unvorhersehbar. Sie zerschmeißen die öde Kristallkugel der 08/15 Abläufe mit einem verschmitzten Grinsen im Gesicht und zaubern fabelhaft-unberechenbare Teile in ihre Musik ein. Lauscht man dem frevelhaften, lethargischen Gesang so sieht man sich unter anderem konfrontiert mit Themen wie die Sinnlosigkeit des Seins und die Infragestellung des eigenen Tuns mit einer gehörigen Portion Ironie.

Mit einer Spielzeit von 26 Minuten setzen PUFF nicht auf Länge, sondern Effektivität. Tja, für alle die das Schräge lieben, sind diese 10 Tracks eine wahre Bereicherung. Es hat die enorme Wirkung einer bunten, schrill singenden Kettensäge im Wald.

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Von Veröffentlicht am: 01.10.2016Zuletzt bearbeitet: 01.02.2019907 WörterLesedauer 4,5 MinAnsichten: 847Kategorien: Alben, KritikenSchlagwörter: , , 0 Kommentare on PUFF – Living In The Partyzone
Von |Veröffentlicht am: 01.10.2016|Zuletzt bearbeitet: 01.02.2019|907 Wörter|Lesedauer 4,5 Min|Ansichten: 847|Kategorien: Alben, Kritiken|Schlagwörter: , , |0 Kommentare on PUFF – Living In The Partyzone|

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Über den Autor: Marc Michael Mays

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