KRITIK: Moderat – MORE D4TA
Sechs Jahre nachdem sich Moderat mit ihrem Album III in die Pause auf unbestimmte Zeit verabschiedeten, kommt MORE D4TA und damit die Frage: Was erwartet man eigentlich, wenn eigentlich alles schon perfekt war?
Als sich Modeselektor und Apparat zusammentaten, klang die Musik noch sehr deutlich so, als hätten sich Modeselektor Unterstützung von Apparat geholt. Auf dem zweiten Album war Apparat dann deutlich präsenter und Moderat wurden richtig groß, größer als die beiden eigentlich Hauptprojekte. Bad Kingdom war überall und funktioniert auch heute noch genauso gut wie damals. Auf III war die Verbindung aus Berliner Techno, Avantgarde-Pop und Ambient dann perfekt: Moderat zementierten ihren eigenen unverkennbaren Sound, bestehend aus großen Melodien, Elektrosounds zwischen Berliner Clubs und explorativen Soundfrickeleien gepaart mit organischen Sounds – auf Konzerten vor Tausenden Menschen. Dann folgte eine Pause auf unbestimmte Zeit, in der Moderat sich wieder auf ihre eigenen Projekte konzentrierten. Und so sehr ich darüber zunächst erstaunt und enttäuscht war (die Konzerte auf der II-Tour waren im übrigen um Längen besser als die riesigen Konzerte auf der III-Tour), war es letztlich einleuchtend. Was wollte man denn noch erwarten? Der Zyklus aus drei Alben war perfekt und alles danach würde sich daran messen lassen müssen und würde zwangsläufig ein bisschen enttäuschen müssen.
Und ja, als die erste „Single“ FAST LAND erschien, war ich auch enttäuscht. Etwas langweilig, keine Stimme – im Album-Kontext stellt sich raus, dass es sich dabei um das Intro handelt. Das nachfolgende EASY PREY ist dann aber genau das, was man erwartet – so klingen nur Moderat und sonst niemand. Der Track ist ganz gut, aber sicher kein Chartstürmer wie Bad Kingdom. Und falls sich jemand fragt: Ja, alle Tracks haben Titel, die a) in Majuskeln geschrieben sind und b) aus zwei Wörtern mit jeweils 4 Buchstaben bestehen. So wie auch der Albumtitel ein Anagram von Moderat 4 ist – die Zahlensymbolik wird hier konsequent durchgezogen.
Der dritte Song startet mit einem Soundsample das wohl jede:r schon mal gehört hat, meist, wenn irgendwo impliziert werden soll, dass Nacht ist. Während ich das noch als Joke verstehe, bin ich von dem Einsatz der gefilterten Stimme dezent gelangweilt, weil man das gefühlt schon auf 5 anderen Moderat-Songs gehört hat. Kurz und Knapp: DRUM GLOW ist für mich ein Skiptrack. Schade, so früh auf dem Album.
Aber: Danach folgt die stärkste Phase des Albums. Der Vocoder auf SOFT EDIT ist sehr cool und UNDO REDO ist der stärkste Track des Albums mit schönen Melodien über hypnotischem Clubfeeling. Richtig gut, bei dem muss ich immer direkt replay drücken. NEON RATS setzt das direkt fort, allerdings ohne melodische Vocals – die aber gar nicht fehlen, wenn man im Feeling ist. MORE LOVE ist danach etwas seichteres Apparat-Feeling mit dezenten Beats, perfekt zur Erholung – der Refrain mit Moderat-typischem Saw Bass weiß ebenso zu gefallen wie die fetten Bassbeats auf DOOM HYPE. Apparats Stimme legt sich hier über den Bass, wie ein Suchender auf einer Raveparty – das ist Moderat. Die lassen es sich nicht nehmen, das Album sodann etwas ruhiger ausklingen zu lassen.
MORE D4TA hat sehr gute Momente, erreicht aber nicht die Schönheit und Hitqualität von II oder die perfekte Amalgamierung der Welten von III. Es ist am Ende wieder das Problem der Erwartungshaltung: Eine Band kommt zurück nach längerer Zeit und man wünscht sich gleichzeitig das alte Feeling zurück und etwas völlig anderes, ganz neues. Davon kann man sich kaum freimachen – siehe das neue Red Hot Chili Peppers-Album, das neue Placebo-Album, das neue Kavinsky-Album, alle Rammstein-Alben seit Mutter oder auch die Muse-Alben seit Black Holes & Revelations. Nicht alles muss immer und endlos weitergehen – aber manchmal ist es gut, wenn es das dann doch tut. UNDO REDO ist meiner Meinung nach ein Beweis dafür, dass es unbedingt gut ist, dass Moderat wieder da sind.
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