Mogwai – Les Revenants EP

Mogwai – Les Revenants EP

Klangpotenzialwundertüte!

Der Winter 2012/2013 ist ein wahres Fest für Freunde schottischer Postrockerzeugnisse aus dem Hause Mogwai. Kurz nach A Wrenched Virile Lore verwöhnen Mogwai den Hörer mit einer weiteren Veröffentlichung: An Stelle von Remixen gibt’s auf der Les Revenants EP dieses mal aber vier neue originale Stücke, die allesamt für die französische Serie gleichen Namens geschrieben worden sind.

Wovon genau Les Revenants, die Serie also, handelt, ist mir mangels guter Französischkenntnisse im Moment nicht wirklich klar, aber sie läuft seit Ende November 2012 in Frankreich auf Canal + und scheint irgendwie von einem Provinzdorf zu handeln, in dem Tote wiedergeboren werden – und sie hat einen ziemlich guten Soundtrack. Der komplette Soundtrack mit weiteren Stücken wird allen Anzeichen zufolge noch diesen Februar veröffentlicht, die vorab releasete Les Revenants EP bietet mit vier Stücken aber schonmal einen guten Vorgeschmack. Les Revenants ist dabei nicht die erste Soundtrackarbeit von Stuart Braithwaite und Konsorten. Dabei scheinen die Schotten bisher eine Vorliebe für Frankreich zu haben: Fans wird der ebenfalls sehr großartige Soundtrack zu Zidane, A 21st Century Portrait von 2006 noch im Kopf geblieben sein.

Und wenn man eins sagen kann, was nicht „Mogwai sind verdammt gut!“ oder „Mogwai machen auf jedem Album was anderes und sind trotzdem immer gut“ ist, dann vermutlich: „Mogwai machen Musik, die wunderbar als Soundtrack geeignet ist“ – das ist auch auf allen regulären Alben ersichtlich und zeigt sich dann hier wieder in Vollendung. Denn auch ohne zu wissen, worum es in dieser französischen Serie nun überhaupt genau geht, erwecken die einzelnen Stücke doch eine ganz bestimmte, triste, irgendwie hellblaudunkelgraue Stimmung im Hörer. Eigentlich ist das perfekt für den deutschen Winter, wie er sich gerade von seiner grauesten Seite zeigt. Andererseits klingt das alles aber auch genau so, wie ein französisches Dorf, in dem irgendwas nicht so ganz mit rechten Dingen zugeht, klingen könnte.

Den Beginn macht das – nicht nur für Mogwaiverhältnisse kurze – Stück Soup, das mysteriös vor sich hin dröhnt, und mündet wie eine Art Vorspann in The Huts, dessen düsteres Piano sich vor dem Hörer aufbaut und ihn hineinzieht, umgibt und einwickelt. Hier ist nichts so locker-flockig-beschwingt wie bei George Square Thatcher Death Party von Hardcore Will Never Die But You Will, aber auch erst recht nicht so heftig wie Stücke früherer Alben á la Batcat, Mogwai Fear Satan oder Glasgow Mega-Snake. Ist ja auch ein Soundtrack zu einer scheinbar irgendwie düster-mysteriösen Serie. Und da passen die Klänge, die auf Les Revenants zu hören sind, denkbar gut hin. Wurden ja auch für eben diese düster-mysteriöse Serie produziert. Die Assoziation mit französischsprachigem Bergnebel macht wirklich Sinn, alles ist irgendwie dunkelgrauhellblau-verwaschen, Schicht auf Schicht und umgibt den Hörer kalt-klamm, irgendwie dick und undurchdringlich. Wie im Nebel verschwimmen hier Details zu einem undifferenzierbaren, mysteriösen Ganzen. Auch The Messiah Needs Watching, der dritte Track der EP, schlägt in die selbe Schiene, ist aber klanglich heller und blendet vor strahlender Schönheit schon fast.

Doch damit genug der poetischen Interpretation eines Soundtracks zu einer Serie die ich nicht gesehen habe und auch ganz anders sein könnte. War man fast ohne irgendeine Form von Rhythmusgruppe ausgekommen, gesellt sich bei Wizard Motor, schon dem letzten Stück der EP, doch tatsächlich ein (wenn auch elektronisch anmutendes) Schlagzeug und eine der vielen gewohnten, verzerrten Mogwaigitarren in den Mix, schichten sich erneut übereinander und laden auch ein wenig zum Kopfnicken ein, ohne dabei aber die dramatische Düsternis der vorhergehenden Stücke zunichtezumachen.

Insgesamt wirkt Les Revenants vor allem (und in seiner Natur als Soundtrack-EP verständlicherweise) weniger fast-schon-fröhlich und weniger tanzbarer als Hardcore Will Never Die, But You Will, knüpft aber trotz aller Differenzen doch direkt daran an. Klang und Instrumentalisierung im allgemeinen muten sehr bekannt an, besonders Wizard Motor könnte auch von einer sehr guten B-Seiten-Compilation zum letzten Album stammen.

Die erwähnten, heftigsten Klangausbrüche von älteren Stücken zu erwarten, scheint insgesamt fruchtlos zu sein, macht bei einem Soundtrack aber auch nur herzlich wenig Sinn. Abgesehen davon: solche wunderbar gearbeiteten, stillen, düsteren, traurigen Stücke, die schon eher in die Richtung Ambient denn irgendwas-Rock gehen, gab es auf jedem Mogwai-Album. Interessant ist hier aber auch, dass die gesamte EP eine kürzere Spielzeit hat als Mogwai Fear Satan oder My Father, My King – dabei aber nicht weniger Erinnerungswert hat.

Man scheint aber, auch mit Blick auf Hardcore Will Never Die, im Allgemeinen ein wenig stiller geworden zu sein, was natürlich keineswegs schlecht ist.

Interessant ist aber auch, welche Bilder und Inhalte es überhaupt waren, die die Schotten zu eben diesen Klängen inspiriert haben – da bleibt wohl nur, französisch zu lernen oder abzuwarten, ob irgendwann eine Synchronfassung von Les Revenants im deutschen Fernsehen zu sehen sein wird. Verständlicherweise kann man da irgendwie auf arte tippen. Hoffen wir auch, dass das eintritt. Nicht nur für die Serie, sondern auch erneut für die eigene scheinbar unerschöpfliche Klangpotenzialwundertüte haben Mogwai auf dieser EP aber sehr eindrucksvoll Werbung gemacht.

01 Wizard Motor
02 Soup
03 The Huts (Version)
04 This Messiah Needs Watching (Version)

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Von Veröffentlicht am: 08.01.2013Zuletzt bearbeitet: 02.12.2018882 WörterLesedauer 4,4 MinAnsichten: 867Kategorien: Alben, KritikenSchlagwörter: , , , 1 Kommentar on Mogwai – Les Revenants EP
Von |Veröffentlicht am: 08.01.2013|Zuletzt bearbeitet: 02.12.2018|882 Wörter|Lesedauer 4,4 Min|Ansichten: 867|Kategorien: Alben, Kritiken|Schlagwörter: , , , |1 Kommentar on Mogwai – Les Revenants EP|

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Über den Autor: Robin Aust

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