KRITIK: Stereolab – Electrically Possessed (Switched On Volume 4)

KRITIK: Stereolab – Electrically Possessed (Switched On Volume 4)

Eine Band wie Stereolab war auf eine (durchaus sympathische) Weise immer auch ein bisschen die Band für hippe Sammlernerds: Denn während andere Bands sich meist darauf beschränkten, alle 2, 3 Jahre ein neues Album in großer Stückzahl herauszubringen, haben Stereolab über die 20 Jahre ihres Bestehens neben ihren regulären Albumveröffentlichungen eine beinahe unendliche Fülle an EPs, Singles und Mini-LPs herausgebracht, die aufgrund zumeist geringer Stückzahlen schnell vergriffen und somit innerhalb kurzer Zeit zu gefragten Sammlerobjekten geworden sind. 

Glücklicherweise aber wurde seit den 1990er Jahren alle paar Jahre der weniger beflissentliche Teil der Anhängerschaft mit einer neuen Compilation versorgt, der die in den vorigen Jahren veröffentlichten Sammlerobjekte auf einem Album vereinte. Womit wir bei Electrically Possessed wären, denn die hier vorliegende Platte stellt den vierten Teil der Switched-On-Reihe dar, der im Jahr 1992 mit dem ersten Teil seinen Anfang nahm.

So sehr der Großteil neu erscheinender, mit B-Seiten gefüllter Compilations auch das Vorurteil bedienen, nur ein lauer Abklatsch anderer Großtaten zu sein, jeder künstlerischen Kohärenz zu entbehren und damit zugleich mehr kommerziellen als künstlerischen Idealen zu entsprechen, so sehr haben sich Stereolab mit ihrer Switched-On-Reihe diesem Vorurteil seit jeher widersetzt. Über die Hintergründe dieser Feststellung kann an dieser Stelle nur spekuliert werden, aber man ertappt sich beim Hören dieser Band doch immer wieder beim Gedanken, dass sie möglicherweise zur Produktion belangloser Musik schlicht nicht fähig waren. Jeder Ton, jeder Song dieser Band elektrisiert – „Electrically Possessed“ eben.

Mit Outer Bongolia und ihrer ihrer ganz eigenen Mischung aus verspieltem Krautrock und loungigen Klängen beginnt das Album ziemlich offen und schnell, bevor Intervals das Tempo drosselt und die Band von ihrer chansonesken Seite zeigt. Ein besonderes Highlight der ersten Platte ist das abschließende I fell the Air (Or another Planet), welches ein mal mehr die immer wieder faszinierende Seite am Sound von Stereolab offenbart, ein Vielzahl eigentlich grundverschiedener Genres in einem Song zu vereinen, ohne dass diese Form des Eklektizismus den Fluss der Musik beeinträchtigen würde.

Stücke wie Jump Drive Shut-Out oder Dimension M2 kommen – für Stereolab eher untypisch – beinahe Elektro-Poppig daher, gerade letzteres könnte man sich auch im Club-Kontext vorstellen. 

Aus datenschutzrechtlichen Gründen benötigt YouTube Ihre Einwilligung um geladen zu werden. Mehr Informationen finden Sie unter Datenschutz.
Akzeptieren

Man kann Electrically Possessed so einige Attribute anpinnen, den Vorwurf der künstlerischen Banalität aber sicher nicht. Das Album unterscheidet sich im Grunde genommen auch gar nicht groß von jenem Sound, den die Band zur Zeit auf der Entstehung der Stücke auf ihren regulären Studioalben fabrizierte. Es klingt über weite Strecken eher wie ein experimentelleres Studioalbum, das in stilistischer Hinsicht mehr Brüche wagt, ohne sich dadurch in einem Meer an begonnenen und nicht vollendeten Ansätzen zu verlieren. Der größte Unterschied im Vergleich zu ihren regulären Alben liegt wohl im Umfang: Die vorliegende Compilation umfasst 25 Tracks, verteilt auf 3 Platten bzw. 2 CDs. Man kann der Platte also den ihr gebührenden Raum zur Entfaltung lassen, die knapp 2 Stunden Musik sind nicht allzu schnell „wegkonsumiert“. Gut für uns, denn auch wenn Stereolab seit einiger Zeit wieder musikalisch aktiv sind, ist bisher fraglich, ob noch mal neues, „reguläres“ Album erscheinen wird. Ein Grund mehr, Electrically Possessed die ihm gebührende Aufmerksamkeit zu schenken.

Resümee:
Mit Electrically Possessed führen Stereolab ihre 1992 begonnene Switched-On-Reihe fort und veröffentlichen auf insgesamt 3 Platten Material, welches zuvor zwischen 1999 und 2008 auf verschiedenen Singles, EPs und Mini-Albums erschienen ist. Das Album präsentiert eine große Bandbreite musikalischer Experimente, ohne dadurch die künstlerische Kohärenz zu kontaminieren. Sehr empfehlenswert!

Schreibfehler gefunden?

Sag uns Bescheid, indem Du den Fehler markierst und Strg + Enter drückst.

Von Veröffentlicht am: 09.05.2021Zuletzt bearbeitet: 09.05.2021602 WörterLesedauer 3 MinAnsichten: 1002Kategorien: Alben, KritikenSchlagwörter: 0 Kommentare on KRITIK: Stereolab – Electrically Possessed (Switched On Volume 4)
Von |Veröffentlicht am: 09.05.2021|Zuletzt bearbeitet: 09.05.2021|602 Wörter|Lesedauer 3 Min|Ansichten: 1002|Kategorien: Alben, Kritiken|Schlagwörter: |0 Kommentare on KRITIK: Stereolab – Electrically Possessed (Switched On Volume 4)|

Teile diesen Beitrag!

Über den Autor: Luca Glenzer

Musiker und Soziologe.

Wenn dein Album, Song oder Video als Premiere auf prettyinnoise.de veröffentlicht werden soll kannst du hier mehr erfahren:

Premiere auf Pretty in Noise

Wenn du einen Gastbeitrag auf prettyinnoise.de veröffentlichen möchtest kannst du hier mehr erfahren:

Gastbeitrag auf Pretty in Noise

Hinterlasse einen Kommentar

NO)))ISELETTER

Abonniere jetzt kostenlos unseren NO)))ISELETTER. Wir informieren dich dort über neue Vinyl-Veröffentlichungen, Interviews, Verlosungen, Konzerte und Festivals.

NO)))ISECAST

NO)))ISECAST ist der Podcast von Pretty in Noise. Wechselnde Autor:innen unterhalten sich – mal mit und mal ohne Gäste – über Musik die sie berührt – die euch berührt.

#VinylGalore

Wenn ihr Infos zu neuem Vinyl und Deals via WhatsApp, Signal oder Telegram bekommen möchtet, geht es hier entlang: ↓↓↓

Vinnyl immer