Interview mit LeVent
In einem feuchtwarmen Keller neben den Katakomben des Tricksters (Berlin) schreiben LeVent schöne Songs, ohne Schnick und Schnack. Ihre Musik ist beweglich und am besten mit offenen Augen, im sitzen, liegen oder stehen zu hören. Ihre Amps sind groß und gehen dann kaputt, wenn jemand Fremdes zu Besuch ist. Ihre Bassdrum ist ein Wodkaversteck. Ihre Sympathie ist sympathisch. Ihr Proberaum ist dank einer, unter der Decke gespannten, Plane wasserdicht. Ihre Gitarre ist ein Bass.
LeVent sind 3 nette Musikhasen, bestehend aus Heike Rädeker (u.a. 18th Dye, Wuhling), Frank Neumeier (u.a. Wuhling, Casper Brötzmann Massaker) und Maryna Russo. Im Rahmen des Off-Kultur Festivals in Berlin-Neukölln spielt die Band in der rauchigen, kleinen und sportigen Sportsbar. It’s Flennen-Night.
Ich habe sie besucht und wir sprachen über Attitüden, alte Zeiten, warum Steve Albini auch mal Fehler macht, wer gerade den heißesten Schall abgibt, warum Heikes Nachname nicht Gordon ist und warum Amerikaner cooler als Deutsche sind, oder so.
F: Für mich auf jeden Fall. Ich kenne den Laden seit ich in Berlin wohne und wäre nie auf den Gedanken gekommen im Keller zu spielen. Im Keller ? Was ist da los? Gekegelt hab ich zwar nie, höchstens etwas Bowling, aber vielleicht ja als Opener zum Konzert.
F: Ne, Spiele ohne Chance sollte man nicht spielen.
F: Es ist gut plakatiert. Die machen schon ziemlich einen los. Warum sollte man nicht hingehen?
H: Ja, im Grunde geht das Programm ganz normal weiter, was sonst auch in Berlin ist. Das kann man schon merkwürdig finden. Die Bands hätten so oder so irgendwann in Berlin gespielt. Mit dem Geld kann man vieles machen. Wenn die Musik teuer ist aber kulturell wichtig – wie zum Beispiel Rhys Chathams 100 Guitars oder irgendein Orchester von mir aus – da würde ich auch die Förderung dahinter verstehen.
F: Aber als Aufhänger für das Off-Ding eignet sich das schon ziemlich gut.
H: Antihaltung als solche vielleicht zu bestimmten Mechanismen, die einen anöden. Aber eine bestimmte Haltung nicht.
F: Da geht’s ja schon Richtung Politik. Establishment ist natürlich Schrott, ganz einfach. Hätten die vom Pop-Kultur gefragt, wir hätten bestimmt ja gesagt.
H: Mir war bei dem Pop-Kultur auch wenig klar, wie und was da so abgeht. Erst dieses Jahr habe ich mich etwas damit beschäftigt und verstehe den Sinn dahinter, wenn ihr denen ein bisschen den Spiegel vors Gesicht haltet – das ist es eigentlich, was es machen sollte.
F: Die Festivals, die laufen, gehen auch ganz viel über Atmosphäre. Die muss stimmen für Band und Publikum. Es soll halt Spass machen, gut klingen und keinen Stress mit blöden Türsteher geben. Die Leute wollen Fun.
H: Hat es gegeben. In den 90er gab es oft irgendwelche Förderungen, die z.b. Geld für den Tourbus gaben, was für meine Band damals extrem cool war. Metrobeat war so etwas. Das war natürlich mit einem Anschreiben verbunden. Journalisten haben dann abgestimmt welche Bands in Berlin eine Rolle spielen und für die Gewinner gab es ein Konzert plus eine Woche Studiozeit im Beatstudio.
H: Mit 18th Dye haben wir mehrere Jahre am Stück gewonnen. Bis es irgendwann hieß : macht mal nicht mehr so dicke.
H: Weiss nicht. Atari Teenage Riot waren da mal Vorband von uns, Beatsteaks auch. Beide haben nicht gewonnen.
F: Ich weiss gar nicht, wie es heute mit solchen Förderungen ist. Bei mir war es immer eine 2schneidige Sache – Lasst mich damit in Ruhe.
H: … Früher hieß es einfach nur Indie.
F: Es gab damals einfach mehr Geld von der Industrie, die locker gemacht wurde. Da konnte auch mal eine kleine Band 10.000 für’ne Produktion bekommen (…) von einer Plattenfirma. Macht das noch irgendeine?
H: Man kannte halt die Förderprogramme, jeder wusste es und hat es irgendwie wahrgenommen.
H: Das eine ist es sie zu kennen und das andere ist es mit ihnen zu arbeiten. Die Bedingungen sind ja auch ganz anders. Mit Musik ist es ein Glücksfall, entweder es passt gerade und brennt oder es ist eben nicht der Fall. Darauf kommt es mehr an. Wir gehen den Weg, mal sehen, wie weit und was geht.
H: Wir haben angefangen eine Demo zu machen und haben die Songs im Proberaum aufgenommen. Letztes Jahr habe ich dann Tobias Siebert kennengelernt auf der Releaseparty von Enno Bunger und er war Fan von meiner alten Schose. Er hat die Demos gemastert, was so gut klang, dass wir es als EP veröffentlicht haben. Und jetzt liegen die Kassetten absurder Weise in L.A. bei einer Firma, die einen bestimmten Stamm an Bands haben und versuchen ihre Musik in TV Serien und Filmen unterzubringen. Da liegen wir jetzt und hoffen, dass irgendwann das Telefon nachts klingelt.
H: Egal alles.
F: Ganz egal finde ich es nicht… Netflix muss schon sein.
H: Keine Motivation. Es ist schön, wenn es so ist. Wir machen die Musik mit wenig Hintergedanken oder denken uns : wenn wir es so machen, dann funktioniert es so oder so.
M: Yes ! Yes! Yes! We want!
H: Davon Träumen wir nur. Ja und mit dem Album… da wollten wir noch nicht drüber reden.
F: Es gab da mal ein Angebot, aber es wird auch viel geredet. Die Songs sind jedenfalls fertig.
F: Jay-Z
H: Wir haben mal mit Steve Albini aufgenommen. Das war schon ziemlich geil. Aber er hat 2 von meinen alten Sachen verkackt.
H: Na erstmal musst du nach Chicago fahren, das dauert ewig.
F: Mit Wuhling haben wir damals das Album in 6 Tagen aufgenommen – 13 Songs. Es war einfach zu kurz. Klang zwar gut, aber am Ende waren wir nur gestresst und Steve auch.
H: Es gab da technische Probleme mit der Pressung. Die Phrasen wurden ausgelöscht, irgendwie verkackt und das Gleiche auch mit 18th Dye. Die Rohmixe sind echt der Wahnsinn aber die Pressung war halt scheiße. Ich würde gerne etwas neues ausprobieren, nicht , dass wir es uns aussuchen könnten…
F: Tobias Siebert wäre auch cool, der ist aber super ausgebucht.
H: Eines meiner besten letzten Konzerte war in der Kantine, die Nerven. Die haben sich halb gekloppt. Das war super.
M: Swans, The Oh Sees and Soft Moon. The Oh Sees were amazing. Full energy and it was crazy which it’s not often happen. The germans look down. Every show i saw in America, the people went crazy and in germany often i think : man you paid a lot of money for the show and now you stay here and do nothing, not even moving.
F: Amerikaner sind schon ein besseres Publikum als die Deutschen, muss ich auch sagen. Dort hast du den Blues, oder was weiss ich. In Deutschland hast du ja nicht diese Pop-Kultur oder so ein Mitmachfaktor. In England zum Beispiel ist die Musik so wichtig, wie eine Tasse Tee. Auch die Omas wollen einen guten Sound.
H: Das ist so: Ich habe einen Brief bekommen von James Mc New von Yo La Tango. Er meinte, dass sie durch Europa touren und fragte ob wir (18th Dye) auch irgendwo spielen. Er war totaler Fan. Also dachte ich: Ha Ha, ich kenne das Label. Hab dann angefragt und so kam es, dass wir als Support mitfuhren. Kleine Zufälle aber man muss sie greifen. Trotzdem hast du in den 90er ziemlich kämpfen müssen, ernst genommen zu werden. Der Shit der aus den USA kam war halt immer realer, umso mehr hat es Spass gemacht, allen den Finger zu zeigen – He He Matador hat uns gesigned
H: Oh, da hätte ich jetzt ein langes Pamphlet abliefern können, warum ich diesen Vergleich absolut nicht zutreffend finde. Erstmal war Sonic Youth nie eine Motivation gewesen, sondern eher scheiße. Warum das die Leute denken?
F: Aber ist das nicht Musikjournalismus? Immer alles in Kategorien schmeißen. Es wird halt gerne über Styles geschrieben, was als Journalist ja auch einfacher ist. Nur bist du dann eben ein beschissener Journalist.
H: Vergleiche mit Kim Gorden habe ich dauernd bekommen. Man, dabei spielt die ganz anders Bass als ich, ist 15 Jahre älter und viel kleiner. Die Typen sehen alle gleich aus und denen wird nie vorgeworfen, dass sie, wie sonst da wer aussehen.
….Und ich musste mir anhören ich sehe aus wie Kim Gordon. FICKT EUCH ALLE!
F: Hm, also wenn wir spielen, sind da schon viele Frauen mit dabei. Das hat sich alles relativiert.
H: …ich weiss nicht. Neulich war ich auf dem “Angst macht keinen Lärm Festival“ und da waren nur Typen. Die einzige Frauenband war “Gurr“ und die spielten irgendwann am Mittag. Das Roskilde hat ja auch einen Riesen-Shitstorm bekommen, weil da jemand mal nachgezählt hat – 3 Frauen auf 30 Typen.
F: Quoten sind immer kacke, noch viel diskriminierender. Wenn man den Sound mag, ist es doch scheißegal wer da steht.
H: Ja, das ist armselig. Man muss es geil finden.
Mar: It’s professionalism “ha-ha“. But it’s ohne viel Schnick-Schnack.
F: Ich gehe da mit der gleichen Haltung ran, wie bei allen anderen Bands.
H: Wir setzen uns mit relativ wenig auseinander, außer halt Musik. Das Leben muss einfacher werden. Kein Platz für Dramas.
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