KRITIK: Sam Burton – Dear Departed

KRITIK: Sam Burton – Dear Departed

Tatsächlich ist es notwendig, noch einmal einen Blick zurück ins Jahr 2023 zu werfen, denn da ist mir das wunderbare Album Dear Departed des aus Utah stammende und in Los Angeles lebenden und arbeitenden Singer-Songwriters Sam Burton entgangen, obwohl es vom Musikexpress in der Erscheinungswoche im Juli sogar zum Album der Woche gekürt wurde. 

Der in Deutschland komplett unbekannte Songwriter hatte bereits im Oktober 2020 auf dem kleinen Label Tompkins Square Records sein Debüt-Album I can go with you veröffentlicht und sich mit seinem maximal entspannten und herzschmerzgetränkten Gesang als einziger legitimer Erbe musikalischer Größen wie Roy Orbisons, Harry Nilssons, Leonard Cohens und Nick Drake geoutet. So wunderbar herzerwärmend und sehnsuchtsvoll schmachtend waren die elf Songs des Albums arrangiert und präsentiert. 

Nach einer unruhigen Zeit der Wanderschaft und der Rückbesinnung auf die Bodenständigkeit seiner Heimat durch das Arbeiten am Hausbau eines Freundes und auf der Farm seiner Großmutter, kehrte er innerlich gefestigt und mit einer Menge an neuen musikalischen Ideen nach Los Angeles zurück. 

Der Wechsel zu einem neuen Label und die Zusammenarbeit mit dem Produzenten Jonathan Wilson, der einst die Neuerfindung Josh Tillmans als Father John Misty initiierte, haben das zweite Album Dear Departed ermöglich, dass noch wärmer, traumwandlerischer und streicherverhangener als das Debüt daherkommt.

Der komplexe, vielschichtige Sound des Albums erinnert bewusst an die Singer-Songwriter-Alben der 60er und 70er Jahre. Man denkt nach den ersten Tönen unweigerlich an Paul Anka, The Righteous Brothers, Scott Walker/The Walker Brothers oder Neil Sedaka. Das Album hat eine Intimität, als ob Sam Burton und seine Begleitmusiker in einer längst verlorenen Zeit auf der Bühne einer verrauchten Bar oder eines Privatclubs stehen würden. Von der Produktion über die Aufführungen bis hin zum Gesang Burtons herrscht auf dem Album eine unglaubliche Ruhe und Zeitlosigkeit. 

Der Opener Pale Blue Night setzt direkt am Anfang schon die Atmosphäre für das ganze Album. Das schmachtende Seufzen über zarten dahinfließenden Streichern ist in nahezu jedem der zehn durchgehend guten Songs zu finden. Die Tracks, insbesondere Long Way Around und Coming Down On Me, bewegen sich in einem angenehm gemächlichen Tempo dahin, wie das Aufwachen aus einem schönen Tagtraum. Die getragenen Melodien schwelgen und werden von Klavierklängen und einem unaufdringlichen Orchester begleitet. Mein persönliches Highlight ist der Song Maria, der eine eigene mysteriöse Dynamik und Intensität hat, die sich aus anfänglich leichter Klavierbegleitung, den sanften Streichern und dem Takt des Schlagzeugs ergibt.  

Das durchgehend klassische Songwriting Burtons dreht sich um die großen Themen von Beziehungen, vom ewigen Herzschmerz und der Einsamkeit eines jeden. Er spielte offen mit diesen Klischees. Das Album ist – gerade in der kalten Jahreszeit – wie ein warmes, umhüllendes Kissen und sollte bei einem Blick auf das musikalisch Jahr 2023 keinesfalls mehr übersehen werden. 

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Von Veröffentlicht am: 07.01.2024Zuletzt bearbeitet: 07.01.2024484 WörterLesedauer 2,4 MinAnsichten: 492Kategorien: Alben, KritikenSchlagwörter: 0 Kommentare on KRITIK: Sam Burton – Dear Departed
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Über den Autor: Richard Kilian

"Das Leben ist zu kurz für schlechte Musik" Wer mit Stephen King, Charles Bukowski, Andrew Vachss und Elmore Leonard sowie Marillion, Cigarettes after Sex, Motorpsycho, The Jayhawks, Sufjan Stevens, Rush und God is an Astronaut etwas anzufangen weiß, der ist bei mir richtig.

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