BERICHT: Antemasque + Le Butcherettes, 08.10.2014, Markthalle Hamburg
„Magst du noch ein Ticket kaufen?“ Vor dem Eingang der Markthalle Hamburg scheint der Bedarf, sich mit Rest-Tickets etwas dazu zu verdienen, größer zu sein, als sich einen Platz vor der Bühne zu sichern. Nur vereinzelte Grüppchen wandern durch die U-Bahnschacht-gleiche Markthalle, die deshalb trotz ihrer Übersichtlichkeit merkwürdig weitläufig wirkt.
Als Le Butcherettes pünktlich um acht die Bühne betreten, eröffnen sie dennoch nicht vor einem leeren Saal: Innerhalb weniger Sekunden zieht Teri Gender Bender im roten Dämmerlicht die Blicke mindestens 300er Augenpaare auf sich. Zwischen Gitarre, Keyboard und diversen Mikrofonen im Dreieck springend, erweckt sie mit ihren marionettenhaftenVerrenkungen und Gesten, die sie als Protagonistin des nächsten „The Ring“-Remakes qualifizieren würden, das dringende Bedürfnis, einen Exorzisten in die Markthalle zu bestellen. Wäre da nicht diese Musik.
Gemeinsam mit Lia Braswell, die ihr Schlagzeug ganz vorne am Bühnenrand positioniert hat, um sich einen beeindruckenden Gesichtsakrobatik-Wettbewerb mit Teri zu liefern und einem mysteriösen, Recherche-resistenten Tour-Bassisten, der sich trotz seiner dynamischen Bassläufe leider nicht nur buchstäblich im Hintergrund hält, sondern fast im Bühnenraum verschwindet, erweckt Teri den bissigen Garage der Butcherettes auf faszinierende, ungewohnt unblutige Art und Weise zum (Eigen)Leben. Zwischen spanischen Vocals, jazzigen Ride-Fills und trotzigen Tempiwechseln scheint es nur logisch, dass die Rhythmusfraktion einen funkigen Instrumentalpart improvisiert, während Teri Haare raufend und sich selbst befingernd durch’s Publikum watscheln muss, um einen Konzertgast Huckepack auf die Bühne zu entführen und mit einem High-Heel zu bedrohen. Es lebe die Dada-Emanzipation!
Auch Antemasque lassen nach kurzem Soundcheck nicht lange auf sich warten und machen mit „Hanging In The Lurch“ ohne Umschweife schonungslos Dampf. In doppelter Hinsicht: Während des kompletten Konzerts nebeln zwei Wasserkocher die Bühne ein, damit sich der scheinbar gesundheitlich angeschlagene Cedric Bixler-Zavala zwischen den Songs Kräutertee zu Gemüte führen kann. Dennoch ist die Erkältung seiner Stimme kaum anzumerken und er wütet, beinah wie zu At The Drive-In Zeiten und offenbar von Teri inspiriert, quer über die Bühne.
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Marfred Rodríguez-López am Bass scheint wiederum wie an die Linke Dave Elitchs geklebt, der wie ein Berserker sein Drum-Kit bearbeitet, jedoch gerade in den atmosphärischen Bridge-Parts sein Können beweist. Omar Rodríguez-López, der sich mit seinen Gitarren-Soli beim Teufel ewige Jugend erkauft haben muss, scheint trotz der unglaublichen, rohen Energie, die Antemasque durch ihre Amps pressen, tiefenentspannt und macht keinen Hehl aus seiner Salsa-Affinität. Bixler-Zavala und Rodríguez-López ergänzen sich nicht nur in der Extravaganz ihrer Namen perfekt- Die weit ausufernden, hypnotischen Jam-Parts zerreißen sämtliche Sticheleien der letzten Jahre in der Teedampf-geschwängerten Luft und geben den kantigen Antemasque-Schnellschüssen genau das, was sie brauchen, um für eine Stunde das Raum-Zeit-Gefüge aus den Angeln zu heben. Umso perplexer blinzelt das Publikum ins grelle Hallenlicht, als die Realität sich wieder demaskiert und die Band ohne Zugabe die Bühne verlässt. Beim Verlassen der Halle werden leider keine Tickets für ein nächstes Mal angepriesen. Der Bedarf ist groß.
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Den Tee hat Cedric immer an Start! Keine Erkältung oder so.
Dafür vermittelte mir der kurze Clip den Eindruck, dass die Kerle in Hamburg besser drauf waren als in Berlin, wo ich sie gesehen habe. Obwohl in Berlin das Bi Nuu gut gefüllt war.