Dunk! Festival – Wout Lievens im Interview

Dunk! Festival – Wout Lievens im Interview
PiN: Stell dich doch erst ein mal vor!

Wout: Ich bin Wout Lievens. Ich lebe in Zottegem in Belgien, der Heimat des Dunk!Festivals. Ich spiele Schlagzeug seit ich klein bin. Meine Band heißt Stories From The Lost – und wir sind gerade dabei, unser zweites Album aufzunehmen!

PiN: Und was ist dein Job, wenn du nicht gerade großartige Post-Rock-Festivals organisierst?

Wout: 2012 habe ich meinen Abschluss als media artist gemacht – zusammen mit vier anderen media artists mit einem Film über Kokomo. Drei von uns haben dann Stargazer Films gegründet, woraus dann langsam auch The Stargazer TV wurde. The Stargazer TV ist ein Musik-, Film- und Kunst-Channel, der einen inspirierenden Blick in die Welt der Kunst bringen soll. Wir sind selbst Künstler, also ist dieser Kanal auch ein Fenster in unsere eigene Arbeit als Künstler, aber auch auf andere Künstler, an die wir glauben, und generell Dinge, die uns inpsirieren.

PiN: Kannst du uns etwas über die Geschichte des Dunk!Festivals erzählen? Wie und wieso hat das alles angefangen?

Wout: Das Dunk!festival hat 2005 als eine Art Ersatz für den Benefiz-Abend meines Basketballteams angefangen.

PiN: Nun, das erklärt, wieso das Festival Dunk!Festival heißt!

Wout: Eigentlich war es mein Vater, Luc Lievens, der die Idee dazu hatte – und er ist immer noch ‚president of dunk!festival‘. Die ersten Ausgaben haben nicht wirklich viel Geld für den Club eingespielt, also entschied sich Luc, das Festival unabhängig vom Basketballteam zu organisieren. 2005 war ich gerade 16 Jahre alt und habe mit meiner Band dann auf dem Festival gespielt – manchmal sogar eher mit zwei unterschiedlichen Bands im gleichen Jahr. Später war ich dann mehr und mehr in die eigentliche Organisation eingebunden, was es dann wiederum schwieriger machte, mit meiner eigenen Band aufzutreten. Seit ein Paar Jahren konzentriere ich mich dann ausschließlich auf den organisatorischen Aspekt. 2011 habe ich dann dunk!records gestartet, die erste Veröffentlichung war ‚If Wolves‘ von Kokomo, inzwischen sind es schon an die 20 Veröffentlichungen.

PiN: Eine Frage für die etwas jüngeren unter uns: Wie war die erste Ausgabe des Dunk!festivals, vor zehn Jahren?

Wout: 2005 bestand das komplette Line-Up aus Bands, in denen mindestens ein Mitglied auch in unserem Basketball-Club spielte. Das war dann auch nur ein Abend mit drei Bands. Da das aber lokale Bands waren, hatten wir eine Menge Besucher – und natürlich eine Menge Spaß! Die nächste Ausgabe fokussierte sich dann bereits auf post-rock, mit Bands wie MOTEK, Madensuyu und Transit – und den gleichen lokalen Bands wie 2005! :-)

PiN: Schauen wir mal zehn Jahre zurück – was ist die größte Errungenschaft, die ihr machen konntet? Oder, Klischeefrage: Welchen Rat würdest du deinem zehn Jahre jüngeren Ich geben?

Wout: Die größte Errungenschaft – und auch unser Ziel von Anfang an – ist, dass wir jetzt ein spezialisierstes Nischenfestival mit Besuchern aus der ganzen Welt sind, die nur für die Musik zu uns kommen. Man nennt uns häufig sogar das ‚größte‘ post-rock Festival in Europa! Ausserdem streben wir, in jedem Aspekt des Festivals, Qualität an. Angefangen beim Essen, das wir anbieten, bis zur Klangqualität. Die zehnte Ausgabe, in einer neuen Location mit einem Zelt, war eine große Herausforderung, aber unsere engagierte Technik-Crew hat es geschafft, die gleiche Sound- und Lichtqualität wie immer zu schaffen. Und mit dieser neuen Location sind wir uns sicher, dass die Atmosphäre sogar noch ein Stück besser sein wird! Ich denke nicht gerne in ‚Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich das und das tun können‘-Szenarios. Man ist, wer man ist. Und das wäre man nicht, gäbe es nicht gute und schlechte Entscheidungen.

PiN: Ein großer Teil des diesjährigen Dunk-Festivals wurde über Crowd-funding finanziert, genau wie Filme oder verschiedene andere Nischenprodukte (Brettspiele, Uhren, was auch immer), ohne zahlungskräftige Unterstützer oder Sponsoren aus der eigentlichen Mainstream-Industrie. Wie schätzt du die Relevanz von crowd-funding in der heutigen Musikszene ein? Ist es eine Art letzter Strohhalm – oder sollte es das sein? Oder gibt es so das Potenzial, bestimmte Probleme, die zwischen der ursprünglichen Idee und ihrer Realisierung entstehen, zu beseitigen oder von vornherein zu vermeiden, indem man von Anfang an Projekte über crowd funding mitfinanziert?

Wout: In unserem Fall war Crowd-Funding die letzte Möglichkeit, das dunk!festival 2014 überhaupt stattfinden zu lassen. Aber es kann auch sehr leicht die erste Option sein, einen Traum zu verwirklichen. Crowd-funding ist ein wunderbares Werkzeug für Bands und andere Menschen, ihre Projekte zu verwirklichen und beispielsweise ein Album zu veröffentlichen. Nicht viele Bands auf dem Line-up verdienen Geld mit ihrer Musik – oder wollen das überhaupt. Sie wollen einfach ihre Geschichte erzählen. Mit crowd-funding können sie genau das, ohne an ein Label gebunden zu sein, das dafür sorgen muss, dass ein Song oder Album in den Charts landet. Es gibt so keinen Stress, einen Hit zu schreiben – sie müssen nur ein Album machen, das ihnen selbst gefällt. So entsteht eine viel abenteuerlichere Musikszene, mit Musikern, die die schönste Zeit ihres Lebens haben, ihre Musik in kleinen Kellern irgendwo in Europa zu spielen – wo sie normalerweise nur mit Essen und einem Schlafplatz bezahlt werden. In einer Post-Rock-Band geht’s nur um das Schreiben von Musik, ohne irgendwelche Beschränkungen, und darum, diese Musik einem begeisterten Publikum quer durch Europa vorzuspielen, ohne dabei zu viel Geld zu verlieren. Es ist wunderschön zu sehen, wie viel Energie die Bands (und Promoter) in ihre Projekte stecken – und das nur für die Musik! Crowd-funding ist hier das perfekte Mittel, diesen Projekten bei der Finanzierung auszuhelfen und Träume wahrwerden zu lassen.

PiN: Nehmen wir mal an, Dunk! 2014 wird ein finanzieller Erfolg: Würdet ihr zusätzliches crowd-funding in Betracht ziehen, um das Festival größer zu machen, selbst wenn es möglich wäre, nur mit dem diesjährigen Gewinn weiterzumachen?

Wout: Wir haben aktuell eine Kapazität von 500 Besuchern. Das ist sehr angenehm, also wollen wir nicht viel mehr Besucher. Andererseits heißt das auch, dass wir nur auf die Ticketverkäufe an 500 Besucher zählen können. In den nächsten Jahren (sofern 2014 ein Erfolg wird), würden wir gerne mehr Musik anbieten. Wir hätten auch gerne etwas experimentellere, aber auch etwas härtere Bands, zusätzlich zu dem Line-Up, das wir aktuell anbieten. Also brauchen wir zumindest ein wenig mehr Besucher und eben vielleicht auch crowd-funding. Unter’m Strich bleibt aber, dass wir kein Festival mit tausenden von Besuchern werden wollen – und, dass wir unsere Fans nicht um Geld bitten wollen, wenn es nicht wirklich nötig ist.

PiN: Wenn ihr unbegrenztes Kapital hättet, um eine Sache (und nur eine!) hinzuzufügen oder zu ändern, beispielsweise eine größere Location zu mieten, Dunk zweimal im Jahr stattfinden zu lassen, oder Hüpfburgen aufzustellen, was wäre das?

Wout: Eine weitere Bühne. Dann hätten wir eine post-rock-Bühne, eine experimentelle Bühne und eine post-metal Bühne. Oder dunk!festival in Brasilien. Wir könnten unsere Flugtickets über crowd-funding finanzieren.

PiN: Euer Team scheint wie eine nette kleine (oder große, je nach Perspektive) Familie, wo jeder seinen oder ihren Fachbereich hat und so gut wie möglich aushilft. Hast du überhaupt die Chance, irgendeine Band zu sehen oder bist du hinter den Kulissen beschäftigt? Wie ist dein Tag so, während das Festival läuft?

Wout: Ich versuche, jede Band des Line-Ups zu sehen, und ich versuche, die Headliner von Anfang bis Ende zu sehen. Dazwischen rennen wir alle herum und schauen, dass alles unter Kontrolle ist und beheben gegebenenfalls kleinere Probleme. Die meiste Zeit spazieren wir allerdings durch die Gegend, grinsen einander an und haben eine schöne Zeit. Die Wochen vor dem Festival sind die hektischsten, um sicherzustellen, dass wir das eigentliche Festival dann genießen können. Vom Tag, an dem der erste Wohnwagen auftaucht, bis zu dem Tag, an dem er wieder abfährt. Das sind insgesamt fast zwei Wochen.

PiN: Gibt es irgendwelche denkwürdigen Geschichte, gut oder schlecht, die sich in den letzten zehn Jahren ereignet haben?

Wout: Die denkwürdigste Show war die von 65daysofstatic im Jahre 2012. Sie waren voller Energie und unser großartiger Lichttechniker hat sich da vollkommen reingehängt. Ich stand hinten im Laden auf einer kleinen Bühne hinter den Tonleuten und habe über 500 oder mehr Leute blicken können, die alle so viel Spaß hatten, während der Frontmann in der crowd surfte. Danach haben die Jungs angefangen, backstage ein wenig Musik von ihren Laptops abzuspielen. Nach kurzer Zeit haben wir die an die großen Lautsprecher angeschlossen – und dann ging die Party erst richtig los :-). Das war der letzte Abend der bisher erfolgreichsten Ausgabe. Die Securities (die übrigens WIR engagiert haben!) mussten die Party unter Kontrolle halten :-)

PiN: Gibt es ein weiteres Konzert, das du als das beste in diesen zehn Jahren beschreiben würdest?

Wout: Jeder Auftritt, den ich auf dem dunk!festival sah, war der beste Auftritt, den ich jemals von dieser Band sah. Ich glaube, das hat damit zu tun, dass wir ein wunderbares Technikteam haben und das Catering und Backstage-Team alles zur Verfügung stellt, was die Band braucht. Eine angenehme Begrüßung, ein leckeres Essen, Bier und eine freundliche Atmosphäre während des gesamten Festivals. Die Show von 65daysofstatic, über die ich bereits gesprochen habe, war eins meiner persönlichen Highlights. Aber auch der erste (und zweite und dritte) Auftritt von God Is An Astronaut war episch. Und maybeshewill haben auch ein Paar Shows gespielt, die ich niemals vergessen werden. Und EF, Omega Massif, The Seven Mile Journey, Steak Number Eight, Kokomo, PG.Lost und eigentlich alle anderen Bands die wir in diesen Jahren hatten! Es gab eigentlich nur sehr wenige Auftritte, die meine Erwartungen unterboten haben.

PiN: Gibt es Bands, die ihr gerne in Zukunft buchen wollen würdest?

Wout: Natürlich! Und unsere Wunschliste ist sehr lang! Auf meiner stehen Mono ganz oben.

PiN: Oh, ja, gerne! Eine letzte Chance für kostenlose Werbung: Pretty in Noise hat 1×2 Tickets verlost, die Leser sollten uns zehn Gründe nennen, wieso sie unbedingt zum Dunk müssen. Was sind deine zehn Gründe, warum man euer Festival besuchen sollte?

1) Drei Tage mit großartiger Musik von Bands aus der ganzen Welt.
2) Das ganze in einer neuen und schönen Location.
3) Einzigartige und freundliche Atmosphäre. Das ganze Festival fühlt sich an wie ein Familientreffen.
4) Kostenlose Campingplätze, kostenloses Frühstück, kostenloser Kaffee.
5) Leckeres hausgemachtes Essen.
6) Leckeres Belgisches Bier.
7) Die zweite Bühne und das Restaurant sind kostenlos.
8) Ihr werdet mit einer einzigartigen Erfahrung, an die ihr euch noch lange erinnern werdet, und ein Paar neuen Freunden heimkehren.
9) Ihr macht es möglich, die nächste Ausgabe nächstes Jahr zu organisieren.
10) Wir haben eine wunderbare Posterausstellung mit Designs von Xavi Forné von der Band Syberia, die dieses Jahr auch spielen werden. Ausserdem gibt es ein Kino mit Videos von Videokünstlern und Aufnahmen von vergangenen Ausgaben des dunk!festivals. Und es wird live interviews mit Bands am Samstag und Sonntag Nachmittag geben. Das sind eigentlich 3 Gründe :-).

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Von Veröffentlicht am: 15.04.2014Zuletzt bearbeitet: 01.02.20191883 WörterLesedauer 9,4 MinAnsichten: 823Kategorien: InterviewsSchlagwörter: , , , , 0 Kommentare on Dunk! Festival – Wout Lievens im Interview
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Über den Autor: Marc Michael Mays

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