CURSIVE * It’s gonna hurt * 25 Years * Fans fragen die Band

CURSIVE * It’s gonna hurt * 25 Years * Fans fragen die Band

Holla…, zum 25. Bandjubiläum haben wir eine meiner liebsten Bands zum Interview geladen.

Die Idee war eben wegen dieses Band-Jubiläums Fans aus der ganzen Welt Fragen stellen zu lassen. Eine Auswahl der Fragen hat Tim Kasher, Sänger und Gitarrist von Cursive nun für uns beantwortet.

Aber schnell noch einen Überblick zu Cursive und Tim Kasher bevor es mit dem Interview losgeht:

Die Band wurde 1995 von Tim Kasher (Gesang, Gitarre), Matt Maginn (Bass, Gesang), Clint Schnase (Schlagzeug) und dem Gitarristen Steve Pedersen (gefolgt von Ted Stevens), gegründet. In 25 Jahren veröffentlichten Cursive insgesamt 9 Alben, 6 EPs und spielten zig hunderte wenn nicht gar an die tausend Konzerte unter anderem mit The Cure, Against Me!, Sparta, Bright Eyes, Alkaline Trio, Mastodon, Planes Mistaken For Stars, Ólafur Arnalds, Minus The Bear und etlichen mehr.

2017 gründeten Cursive dann ihr eigenes DIY-Label 15 Passenger um fortan ihre Platten selbst zu veröffentlichen. Zu den beiden letzten Alben (Vitriola und Get Fixed) hat Tim diverse Videos selbst produziert.

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Und nun gibt es im Jubiläumsjahr auch noch eine ganz besondere Jubiläums-12″. Aber lest selbst:

Unabhängig von Trends und fern von der Musikindustrie musikalische Konzepte zu erarbeiten das war immer die Idee von Cursive. Dabei sind Cursive auch immer eine typische Fan-Band geblieben. Inzwischen haben sie so viele auf der ganzen Welt verstreut, dass diese 12“ nun ein Dankeschön an eben diese Fans zum 25. Band-Jubiläum sein soll.

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Eine echt schicke und liebevolle 12“ mit 5 Songs (davon 2 unveröffentlichte). Der originale Song It’s Gonna Hurt wird hierbei von: Stunk, Nina und Marie und Jochen Tiberius Koch neu interpretiert. Als Bonus gibts noch Hot City – ein unveröffentlichtes Stück von 1998 – das als Hidden-Track nur über eine Art Schnitzeljagd gefunden werden kann. Verrückt!

Na denn viel Spaß!

Interview mit Tim Kasher

Die Interviewfragen kamen von Menschen aus US, CAN, DE, UK und DK.

Soweit ich weiß, hast du keine Kinder. War das eine bewusste Entscheidung von dir und deiner Partnerin oder ist es so, weil du Musiker bist und ständig auf Tour oder ist so eine Entscheidung noch gar nicht getroffen? Ich frage das, weil ich meine Entscheidung getroffen habe, keine Kinder zu wollen…

Nein, wir haben keine Kinder. Ich würde sagen, es ist im Moment „unentschieden“. Wir sind beide offen, irgendwann auch Kinder zu haben, aber es gibt keine Pläne in die Richtung und ja, die Unentschlossenheit hat auch zu tun mit unseren beiden Jobs und unser undefinierten Lebenssituation, dem Umstand, dass es noch so viel gibt, was wir machen wollen, bevor wir uns auf ein Familienleben festlegen wollen und das wir nicht wirklich auf unsere Tagträumereien verzichten wollen. Aber vorstellen kann ich mir schon auch ein zufriedenes Leben mit einer Familie, wenn wir uns mal dafür entscheiden sollten.

Tim, du hast immer auch ein Auge auf das etwas Besondere/Andere. Du hattest dich mal für eine Vintage Gibson Corvus entschieden, und jetzt ist es eine Vintage Gibson Melody Maker. Bist du ganz allgemein eher einfach nur Fan unkonventioneller Dinge, oder gab es spezielle Technik, die diese Gitarren haben und dadurch halt gut oder besser zu deinem Stil zu spielen passen?

Yep, ich liebe etwas spezielle Formen, wenn wir über Geschmack und Gitarren sprechen. Sie klingen nicht unbedingt besser, aber sie spielen gut genug und sie sehen darüber halt besonders (gut) aus. Die Standard-Gitarren sehen oft irgendwie langweilig aus. Nichtsdestotrotz habe ich auch ein paar klassische Modelle (Les Paul in schwarz oder eine wirklich herausragende 86er Telecaster). Gitarren finde ich generell echt super cool und yeah, klingt zwar ein bisschen schräg das zu sagen, aber so ist es halt nun mal mit mir.

Warum und für welchen Song fiel es dir am schwersten einen Text zu finden?

Ich glaube, ich habs schon oft gesagt, aber da ich finde, dass dies generell eine interessante Frage an einen Künstler ist, würde ich sagen, der Song Art Is Hard war einer der schwierigsten Texte für mich. Da ich den Song musikalisch für sehr gut (einen Hit) befand und unbedingt dazu auch einen sehr guten Text haben wollte, also den bestmöglichen Text, war ich extrem bemüht auch textlich auf etwas Besonderes zu kommen. Ich habe dann verschiedene herzzerreißende Versionen geschrieben und versucht so ergreifend zu schreiben, um diesem Song, der so nach  Traurigkeit und Verzweiflung klingt, gerecht zu werden. Aber je länger und intensiver ich an dem Text arbeitete, um so mehr fühlte ich mich wie so ein typischer, abgehobener „Künstler“, quasi so ne Art Betrüger. Dann habe ich genau diesen Gedanken zum Text gemacht. Quasi alles einmal auf den Kopf gestellt und mir einen Spaß daraus gemacht, mich über diese ersten Versuche, eine traurige Geschichte zum Song zu erfinden, einfach zum Inhalt des Textes zu machen. Ich mache mich also quasi lustig über mich als Künstler. Als ich diese Last los war, konnte ich plötzlich ganz unbeschwert und befreit über das Thema schreiben und der finale Text (den ich echt gut finde) repräsentiert auch Cursive als Ganzes dann viel besser und es war auch eine wirklich gute Lektion für mich.

Was ist die größte Bestätigung, die du als Musiker je bekommen hast und welche war die höchste Wertschätzung (Feedback), die du einer anderen Musikerin oder einem anderen Musiker gegeben hast?

Das war nicht wirklich „Feedback“, aber Jahre zurück, in meinen 20ern, habe ich mal einem älteren Freund aus Spaß mit dem Spruch er wäre „zu alt“ geärgert. Da hat er dann direkt drauf geantwortet „Ähmmm … dann möchte ich dich mal mit 30 sehen“ (30 war ziemlich alt für mich damals). Dann hat er nochmal drüber nachgedacht und hinzugefügt: „… wenn ich genau drüber nachdenke, machst du bestimmt noch mit 40 Musik …“. Das war, wie gesagt, jetzt zwar kein „Feedback“ im klassischen Sinne, aber ich fand die Bemerkung ziemlich gut. Alle in meiner Musikszene hatten immer den Eindruck, dass ich ewig Musik machen werde, dass ich nie aufhören würde und das ist wohl irgendwie wahr.

Mein „Feedback“ an alle Songwriter:innen/Musiker:innen ist es, niemals aufzugeben, wie schräg es auch für Andere klingen mag. Solange es einmalig, unverwechselbar ist und Spaß macht, ist es meiner Meinung nach mehr wert, als wenn etwas irgendwie kopiert, aus verschiedenen Sachen zusammengebastelt oder es nachgemacht wirkt. Seinen eigenen Weg zu gehen ist bestimmt schwieriger und auch mal peinlich, aber am Ende ist es eben von dir und etwas Persönliches. Ein eigenes Stück Musik und das sollte erstmal genügen, egal wie da Andere darüber denken.

Mal abgesehen von deinem eigenen musikalischen Wirken (Band, Solo Performances, Touren), wie hat dich Musik im normalen Leben positiv beeinflusst?

Also ganz einfach formuliert bin ich über Musik ein echter Liebhaber von Musik, Filmen und Literatur geworden. Das ist mir so sehr wichtig, dass ich manchmal, wenn ich darüber nachdenke, eine Träne vergieße, ja, Musik hat mein Leben für immer verändert und bestimmt es auch immer noch. Es hält mich am Leben. Immer wenn ich neue coole Sachen höre, bringt es mich dazu weiterzumachen und meine eigenen Songs zu schreiben.

Welcher Song, die dein Bruder Steve je mit dir geteilt hat, ist dir am meisten in Erinnerung geblieben?

Das ist lustig, ich kann mich echt nicht erinnern, dass mich jemals irgendjemand nach meinem Bruder gefragt hätte. Mein älterer Bruder Steve hatte schon sehr jung einen wirklich außergewöhnlich guten Geschmack was Alternative Musik angeht. Da muss ich ihm echt dankbar sein, dass er mit Bands wie The Cure, Violent Femmes, The Smiths und vielen anderen um die Ecke kam, als ich gerade mal 10 Jahre alt war.

Wie abgefahren findest du Matt Maginn?

Ziemlich.

Immer, wenn Republikaner in den USA die Macht ausüben, ist Punkmusik am inspirierendsten. Hat Trumps Politik dir da besonders viel Stoff für neue Songs auf dem neuen letzten Album geliefert?

Ja, beide, Vitriola und Get Fixed sind unter dem Eindruck der Trump-Administration entstanden. Auch rückblickend scheint es unmöglich, sich nicht mit Trump und seiner Regierungszeit auseinanderzusetzen. Ich schreibe eigentlich nicht wirklich politische Texte oder über politische Themen. Das liegt mir nicht so, um es mal so zu sagen. Ich schreibe lieber was mir im Kopf rumgeht. Kann alles sein, aber Trumps (Un)Art macht es ziemlich unmöglich, sich mit etwas anderem zu beschäftigen. Ehrlich gesagt haben mir die 4 Jahre auf merkwürdige Art aber auch irgendwie gefallen. Seine unaufhörliche Reality-Show-Präsidentschaft war ja ohne Zweifel eine bemerkenswerte Aushöhlung der Gesellschaft, und dies alles im Kopf. Ich war dennoch erstaunt, wie wenig Reaktionen aus der Punk-Bewegung während seiner Amtszeit kamen.

Welches ist der Song, der dich am meisten während eurer Show berührt?

Meine Antwort hierzu wird sich ganz sicher jedes Mal anders anhören. Songs wirken natürlich mal mehr und mal weniger auf mich. Ich hatte da mal so einen Moment auf einer Europa-Tour mit The Good Life, wo ich einfach mit meinen eigenen Songs gar nichts mehr anfangen konnte. Also gar nichts mehr gefühlt habe, während ich sie gesungen habe. Dann ein paar Jahre vorgespult, war alles wieder da. Plötzlich hatten sie mich wieder voll erfasst und fühlten sich wichtiger und packender an als vorher. Hat sich etwas geändert? Eigentlich nur meine persönliche Situation denke ich. Im Grunde hatte ich nur neue Situationen im Leben durchlebt (bzw. einige auch nicht), das war es wahrscheinlich schon.

Staying Alive haut mich meistens noch um, wenn wir es spielen. Das Lied hat Ted Stevens geschrieben und ich bin eher Fan des Songs. Ich finde mich in dem Song so wieder, wie alle im Publikum des Abends.

Dann ist da noch Retirement, ein Stück das wir eher selten spielen. Es ist von unserem allerersten Album. Der Song berührt mich noch immer irgendwie. Wegen des Textes, aber hauptsächlich ist es wie der Song aufgebaut ist; wie wir ihn spielen (müssen). Er ist ziemlich geradeaus.

Gibt es einen Song, der im Laufe der Zeit mit dir mitgewachsen ist und vielleicht über die Zeit und trotz des „Älterwerdens“ womöglich auch eine andere Bedeutung bekommen hat?

Vermutlich hat sich der Sinn von The Rhyme Scheme nicht verändert, aber dieser Song ist immer noch wichtig für mich und hat die Zeit irgendwie überdauert. Geht tatsächlich darum, wie schwierig es sich anfühlt mit Worten und Musik andere Menschen zu erreichen. Ich würde sagen, was das angeht, hat sich mein Gefühl dazu über die letzten 20 Jahre nicht wirklich geändert und ich glaube in weiteren 20 Jahren denke ich wohl noch genauso darüber.

Hast du noch Erinnerungen an die allererste Cursive-Show, die du jemals gespielt hast?

Willst du da was Schlimmes hören? Ich bin mir nicht sicher, wann, wie und wo wir die erste Cursive-Show gespielt haben. Wir haben alle eine Menge Shows in verschiedenen Bands am Anfang gespielt und da ist vermutlich die erste Cursive-Show nicht wirklich hängengeblieben und war nur eine von vielen. Das mal berücksichtigt, erinnere ich zwar nicht die erste, aber eine der ersten Shows von uns und es wäre auch gut möglich, dass es sogar die erste mit Publikum war. Das war im Wohnzimmer meines ersten angemieteten Hauses in Lincoln, Nebraska. Es war am späten Nachmittag; ein paar wenige Leute tauchten auf und wir spielten nur 5 oder 6 Songs, halt die, die wir konnten. Das war so eine typische Probe, zu der wir ein paar Leute eingeladen hatten und es dann Show genannt haben. Ganz am Anfang eben, hahahahaha …

Tim, älter werdend, verändern sich natürlich die Perspektiven und auch die Routinen im Leben. Siehst du da Veränderungen, die sich über die Jahre mit Cursive ergeben haben, aber auch als Solo-Künstler, der Filmbücher geschrieben und verfilmt hat und zuletzt Spaß an eigenen Musik-Video-Produktionen gefunden hat?

Also bei Touren haben sich die Routinen doch schon ziemlich verschoben. Wir sind halt älter und haben natürlich einiges hinter uns. Wir sind zum Beispiel nicht mehr jede Nacht regelrecht auf der Suche nach der nächsten oder womöglich der einzigen irgendwie gearteten Party in der Stadt. Klar gibt es auch immer wieder Party-Situationen, aber das ist mehr so zufällig. Wies halt kommt und oft ist es dann so zusammen rumhängen und nicht so das typische Klischee von Bar zu Bar zu ziehen.

Was das Songs schreiben angeht, ist es vielleicht ein Fehler, aber an der Idee, wie ich Songs und Texte schreibe, will ich eigentlich nichts ändern. Etwas im Leben (zum Besseren) zu verändern, ist zwar grundsätzlich natürlich gut, aber ich will beim Song schreiben durchs Ausprobieren von was Neuem nicht etwas kaputtmachen, was für mich ja gut die letzten 30 Jahre funktioniert hat. Ich schreibe meine Songs immer alleine mit akustischer Gitarre.

Ziemlich verändert hat sich allerdings das Zusammenspielen mit der Band. Da ich nicht mehr im gleichen Ort wie alle anderen lebe, müssen wir Probetermine planen und hinbekommen. Ich fliege dann für eine Woche nach Omaha, wo wir jeden Tag vormittags für ein paar Stunden proben. Das geht dann so von 9 Uhr morgens bis 1 Uhr mittags. Ist zwar nicht unbedingt, was so klassisch von einer Rockband vermutet wird, aber so ist es eben, wenn Familie und Jobs plötzlich das Leben verändern und oft bestimmen. Für mich ist es kein Problem, so früh zu proben. Ich finde es sogar ganz gut, auch wenn es nicht so wirklich „Rock ’n‘ Roll-ig“ klingt. Trotzdem vermisse ich es oft mit der Band in einer Stadt zu wohnen und regelmäßige wöchentliche Proben zu haben. Besonders wenn wir an einem neuen Album schreiben. Na ja, Dinge verändern sich, klar.

Hast du jemals daran gedacht die gesamte Musik an den Nagel zu hängen, um etwas Neues oder Anderes zu machen?

Huuuuh, ich hoffe, ich komme nicht an den Punkt. Aber wo wir gerade auch über Routinen gesprochen haben: ich arbeite seit 25 Jahren immer an dem einen oder mehreren Alben und will das bis jetzt unter keinen Umständen irgendwie ändern. Mir war schon vor langer, langer Zeit klar, dass ich Musik machen will. Auch wenn das alles weniger werden sollte und sich niemand mehr dafür interessiert, was ich mache, will ich damit auf keinen Fall aufhören. Ich muss es einfach machen. So fühlt es sich jetzt jedenfalls an. Meine Platten sind so etwas wie ein Tagebuch oder ein Katalog über mein Leben und mein Leben geht ja auch noch eine Weile weiter. Jede nächste Platte ist also ein weiteres Kapitel in meinem Leben irgendwie. Ich würde mich wohl ziemlich schlecht fühlen, wenn ich damit aufhören würde oder müsste. Ich kann es mir einfach nicht vorstellen. Aber, klar, wenn es so kommt, kann ich mir natürlich auch eine Situation oder einen Moment im Leben ausmalen, an dem ich sozusagen „alles einpacken“, mit Touren aufhören muss, um zum Beispiel Geld mit einem normalen Job zu verdienen. Ich hoffe mal, das wird niemals passieren und das ich zumindest selbst dann immer noch weiter Songs schreiben werde.

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Von Veröffentlicht am: 19.12.2020Zuletzt bearbeitet: 06.01.20212564 WörterLesedauer 12,8 MinAnsichten: 1328Kategorien: InterviewsSchlagwörter: , 0 Kommentare on CURSIVE * It’s gonna hurt * 25 Years * Fans fragen die Band
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