exklusive Videopremiere: Vordemfall – Smile (+ Interview)
Vordemfall ist die Multi-Instrumentalistin (Bass, Gitarre und Orgel), Songschreiberin und Sängerin Monika Saint-Oktobre sowie Markus Sternberg an den Drums.
Musikalisch genau zwischen Noise- und Hypnotic-Rock angesiedelt, dominieren düstere inhaltvolle Texte und eine einfach gehaltenen Songstruktur.
Das hyperaktive Trommeln von Markus Sternberg kann zu wilden Tribal-Beats werden, während die Gitarren-Riffs frontal, breit und trocken bleiben. Der Bass- Drums-Kern von Vordemfall enthält Elemente experimentellen Prog- oder Math-Rocks, kommt jedoch unweigerlich auf verwurzelte, schwere dunkle Noise-Muster zurück.
Für den 3. Mai 2019 ist das neue Album Gravity Problems angekündigt.
Diese wurde teilweise im Dorf Wollin an der norddeutsch-polnischen Grenze und teilweise in den Golden Retriever Studios in Kreuzberg, Berlin, aufgenommen. Monika Saint-Oktobre mischte das Album in Berlin. Gravity Problems wurde dann final von Magnus Lindberg (Luna-Kult) in Stockholm, Schweden, gemastert.
Der Album-Veröffentlichung vorangestellt ist die Videopremiere zu Smile, bei dem Monika Saint-Oktobre neben der Musik auch Konzept, Drehbuch, Schnitt, Farb-Korrektur und Kostüme beisteuerte, während Markus Sternberg Regie führte.
Wir freuen uns, euch Smile heute exklusiv präsentieren zu können.
Fragen zum Video:
Im Text zum Video geht es um Druck und Machtmissbrauch. Weshalb dann der Titel Smile?
Es ist ein sarkastischer Titel. Es geht um Machtmissbrauch und Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Ich hab den Satz nie vergessen, den mein erster Boss zu mir sagte, als ich einmal sichtlich unglücklich zur Arbeit kam: „Dein Privatleben ist mir egal. Ich will Dich einfach hart arbeiten sehen und lächeln.“ Einen Tag vorher war eine familiäre Krise gegipfelt und ich befand mich gesundheitlich an einem Tiefpunkt. Aber ein Mensch war für diesen Typen ausschließlich Ressource. Später wiederholte sich das. Ich arbeitete in einer Bar und mein Chef behandelte mich bevormundend wie ein Haustier. Er machte vor seinen Lieblingskunden zweideutige Jokes auf meine Kosten und hatte ständig cholerische Ausraster. Ich versuchte es eine Weile runter zu schlucken. Ich musste ja meine Miete zahlen. Aber eines Tages ging es einfach nicht mehr und bin ich explodiert. Der Weg aus der Falle. Ich wurde mein eigener Boss. Smile ist ein Song über Empowerment.
Die Konfrontation der zwei Hauptcharaktere ist textlich deutlich herausgearbeitet, allerdings sind im Video tanzende Gruppen zu sehen. Passt das für Euch zusammen?
Die Tänzer symbolisieren eine Gruppe von Arbeitern und ihre komprimierten Persönlichkeiten durch die Unterordnung unter einem geforderten Gleichschritt, unter Uniformitäts- und Effizienzpostulaten. Das findet ja nicht nur in Fabriken und den Cubicles der Großkonzerne statt, sondern subtiler auch im Start Up und in der Agentur.
Deshalb haben ihre Bewegungen etwas Roboterhaftes und Repetitives. Die Arbeitsschürzen werden zu Zwangsjacken. Ich musste an Modern Times von Charlie Chaplin und an Kafka denken. Und dann gibt es dem Moment, an dem sich die Tänzer – das Individuum – aus der Autorität und ihrer eigenen Ohnmacht befreien.
Ihr seid als Band mit Hund ebenfalls Bestandteil des Videos. Welche Bedeutung haben dabei die gemeinsamen und die einzelnen Posen in Bezug auf den Song?
Im Kontrast zur Gruppe und Markus (der Drummer der Band), der den Takt vorgibt, wurde der Tanz von mir und dem Tänzer Gian von Butoh inspiriert. Butoh ist ein japanischer Ausdruckstanz, der sich als verkörperter Widerstand nicht nur dem Westlichem Kapitalismus, sondern allgemein jeder problematischen Gesellschaftsordnung, die ihr Kapital aus funktionierenden Körpern schlägt, entgegenstellt. Insbesondere dem Identitätsverlust, der Entmenschlichung und Entfremdung, die damit einher gehen. Gian und ich liefern uns dabei auch einen kleinen Machtkampf, mal übt er Druck auf mich auf, mal überwältige ich ihn. Meine Haltung wechselt dabei zwischen Stärke und Laszivität.
Bezüglich des Hundes, er ist hier kein Haustier sondern eher ein Totem. Wir rekrutierten aus offensichtlichen Gründen keinen Pudel. Sein Name ist Hektor.
Eure teilweise und angedeutete Nacktheit steht für mich nicht in direktem Zusammenhang mit dem Inhalt des Songs. Wolltet ihr damit zusätzliche Aufmerksamkeit erregen?
Der funktionierende Körper – auch objektivierte Körper- spielt im Kapitalismus eine große Rolle. Vielleicht ist einem das als Frau immer noch bewusster. Im Video blitzt hinter der Uniform und den enthobenen Kostümen manchmal ein wenig Fleisch auf. Der verletzliche Mensch hinter der Maschinerie. Mit Tänzern zu arbeiten hat bestätigt, dass der Körper das erste Ausdrucksmittel ist, das wir haben. Fleisch und Knochen sind die nackte Realität.
Vordemfall live:
09.05. Halle (DE), GIG (w/ Dÿse)
10.05. Erfurt (DE), Tikolor
11-05. Magdeburg (DE), Hot Alte Bude (w/ Dÿse)
24.05. Lille (FR) — TBA
25.05. Paris (FR), l’International
13.06. Bamberg (DE), Pizzini
21.09. Bielefeld (DE), Extra Blues Bar
Titelbild: Vordemfall | (c) Lura.Berlin
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