Poppy Ackroyd – Feathers
Nach ihrem überraschend starken Debüt-Longplayer „Escapement“ stand die junge Britin Poppy Ackroyd unter Zugzwang, waren die Erwartungen an ihr neues Werk doch äußerst hoch. So viel vorweg: Sie kann dem Druck standhalten und liefert erneut ein großartiges Album im Neo-Klassik-Stil. „Feathers“ lässt zweifelsohne vermuten und hoffen, dass sie ihr Musikstudium als Jahrgangsbeste absolviert hat, ist jedoch noch zu schüchtern, um ihr zum wünschenswerten Karrieresprung zu helfen.
Schon im ersten Track „Strata“ zeigt sich die das Album dominierende Instrumentation: Ackroyd verleiht ihrem Piano die wichtigste Stimme, lässt dabei jedoch zu keinem Zeitpunkt ihre Violine außer Acht. Während sie es in den ersten drei Minuten des Albums jedoch noch nicht schafft, wirklich aus sich rauszukommen, erscheinen im folgenden „Salt“ freche, verspielte Elemente. Die inzwischen in Brighton lebende Musikerin springt dabei erstmalig aus ihrem Schatten und hinterlegt ihre tragenden Melodien mit sanfter Percussion.
Im Intro zu „Timeless“ lässt Ackroyd ihre Instrumente mit dem Glockenläuten einer Wanduhr einklingen – der Beginn einer Reihe von so genannten Field-Recordings. Wenige Sekunden später entpuppt sich dieser dritte Song als erstes Highlight: Das ruhige Piano und die heitere Violine reichen sich die Hand und liefern ein gekonntes Zusammenspiel.
Der Titeltrack bietet anschließend auf über sechs Minuten das, was Poppy Ackroyd am besten kann: träumerische Piano-Töne, unterlegt von einer atmosphärischen Geige. Von der anfänglichen Schüchternheit ist in „Feathers“ kaum noch etwas zu merken. Dieser Zustand hält jedoch nur kurz an, erinnern die folgenden drei Tracks „Roads“ (erneut mit Field-Recording), „Croft“ und „Taskin“ (mit bemerkenswertem Cembalo-Einsatz) emotional sehr stark an den leicht schwächelnden Opener.
Nach dem kleinen Durchhänger beherzigt Poppy Ackroyd jedoch die britische Redensart „The best is yet to come“: Mit „Birdwoman“ präsentiert sie langsam, verträumt, harmoniereich und unter mehrmaligem Einsatz von Field-Recording den wahrscheinlich stärksten Song des Albums.
Am Ende der gut 40 Minuten ist deutlich geworden, dass Poppy Ackroyd zwei Seiten von sich preisgibt. Einige Songs von ihr scheinen mangels Spannungsbogen leicht eintönig, während sie in schweren, atmosphärischen Melodien aufzublühen scheint. Klar ist, schreibt die Engländerin weiterhin solch starke Songs wie „Feathers“ oder „Birdwoman“, wird sie es in Zukunft locker mit Genre-Größen wie Oláfur Arnalds aufnehmen können. Das Potenzial dazu – und das beweist sie wahrhaft nicht das erste mal – hat sie.
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