Platonick Dive – Therapeutic Portrait
Irgendwie-Stimmungsmusik.
Es gibt so Momente, in denen ist entspannte, elektronisch-sphärische Musik genau das richtige. Ein Karnevalswochenende gehört definitiv dazu. Oh Graus. Also trifft es sich wirklich gut, dass hier dieses Album ganz oben auf meinem (in Zeiten digitaler Musikdistribution eher metaphorischen) Stapel liegt. Platonick Dive nennt sich die Band, das Album heißt Therapeutic Portrait. Drauf sind neun Stücke, die meist ganz entspannt in postrockigen Gefilden umhermäandern. Zwar durchaus mit imposanten Soundausbrüchen und auch vielen Elektrogeräten gesegnet, braucht man auf dieser (metaphorischen) Scheibe hier nicht allzuviel gainverzerrte Heftigkeit zu erwarten. In einer Zeit, in der schlecht verkleidete Alkoholleichen am Fenster vorbeiflanieren und von irgendwo der immergleiche Beat von sogenannter Stimmungsmusik herüberweht, ist Therapeutic Portrait in all seiner einlullenden, meistens stressfreien Entspanntheit genau das richtige Panazee.
Wer Fan von, beispielsweise, Collapse Under The Empire ist, wird sich bei Platonick Dive nicht unwohl, sondern im Gegenteil direkt heimisch fühlen. Fast könnte man nach den ersten Paar Stücken meinen, dass hier die gleichen Menschen Knöpfe gedreht und Instrumente bedient haben: Klangliche Anknüpfungspunkte finden sich in der gesamten Instrumentalisierung zuhauf, die Gitarren perlen ähnlich, die elektronisierten, teils sehr schön vor sich hin glitchenden Drums blubbern und zischen ähnlich. Trotzdem ist hier einiges eigen, besonders die lauteren Passagen haben einen irgendwie ungewöhnlichen Drive, der mitzieht und (metaphorisch) auf den Replayknopf drücken lässt. Zwischen lauten und leisen Passagen gibt es genug schöne Melodien, die ebenfalls aufhorchen lassen. Platonick Dive schaffen den Spagat zwischen (irgendwie) Ambient, Elektro und entspanntem Postrock mit gelegentlichen Ausbrüchen ziemlich gut und hinterlassen ein (metaphorisches…) warmes Gefühl in den Ohren.
Und auf einmal, im dritten Song, Soundproof Cabinet, gibt es dann tatsächlich auch noch Vocals. Die hätten zwar, so verschwurbelt und elektronisch sie auch sind, genau so gut aus irgendeinem neuen Dance-Smasher stammen können (der dann aktuell auf irgendeiner Karnevals-Aftershowparty läuft), passen aber trotzdem überraschend gut in das sanfte Klangbett, das Platonickdive hier hinterlassen. Note to self: Eigentlich braucht es wieder mal mehr Vocals in diesem irgendwie in seiner klimpernden Instrumentalität stagnierenden Genre, das ja aber trotzdem irgendwie kein Genre ist. Und Elektronik steht Gitarrengeklimper sowieso immer gut zu Gesicht. Selbst wenn es kaum noch Gitarrengeklimper gibt und, wie beipielsweise im Zweiteiler Time To Turn Off Your Mind, schon in nicht-unbedingt-gerade-modischer-Dub-aber-doch-irgendein-anderer-Step mündet, nur um dann nach einem sehr stimmigen, weil langen, Übergang in eine sehr schöne, weil auch lauten, Gitarrenwand zu rasen – oder, wie im Outro (das aber eher ein ganzer Song ist) gar hübsch glitchig daherknarzt und in einem anderen Kontext wohl nur noch bedingt mit Gitarrenmusik und irgendwas mit ‚rock‘ im Namen assoziiert werden würde.
Natürlich klingen all diese Stücke stellenweise (klar, gewollt) digital und tektonisch, schematisch, entrückt, was aber gerade den Reiz dieses Albums ausmacht. Klangliche Bildgewalt ist aber an vielen Stellen vorhanden, erneut beweist dieses Geklimper wo (in dem Fall meistens) keiner singt Kopfkinotauglichkeit par exellence.
Wer also was für klangliche Geometrie und epische Soundlandschaften und dergleichen mehr übrig hat als für tumbe Stimmungsmusik sollte hier beruhigt (metaphorisch) zugreifen beziehungsweise (nicht metaphorisch) zuhören. Übrigens ruhig nicht nur an Karneval, sondern sonstwann anders auch.
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