Einstürzende Neubauten – Alles in Allem

Einstürzende Neubauten – Alles in Allem

Einstürzende Neubauten sind nicht nur musikalisch eine echte Anomalie. Auch gehören sie zu der raren Spezies der Bands, die in sehr viele Richtungen experimentiert hat, ohne, dass es schief gegangen ist.

Vö: 15.05.2020PotomakLP kaufen

Hängt natürlich Erwartungen nicht gerade niedrig, wenn man sich mal eben dreizehn Jahre seit dem letzten richtigen Album Alles wieder offen Zeit gelassen hat. Zwischendrin irrlichterten Blixa Bargeld und Alexander Hacke in diversen Neben- und Soloprojekten herum, man vertonte den ersten Weltkrieg und brauchte einfach etwas, um für Neues zusammenzufinden.

Ten Grand Goldie könnte so etwas wie die Brücke für Neubauten-Neuankömmlinge sein. Der so typische Rhythmus, der metallisch knallend auf gefühlt jedem dritten Song bei Alles wieder offen zu hören gewesen war, weckt viele Erinnerungen und wird alle, die über die lange Zeitspanne zwischen den Alben vielleicht etwas vergessen haben, was so besonders an der Berliner Industrial-Institution war, wieder zurückholen.

Anstatt dann aber loszufeuern, wird es stiller. Das Brodeln unter der Oberfläche, gespannt wie ein Flitzebogen bei 60 Beats per Minute, entwickelt sich das Album dann über die nächsten neun Tracks zu einem, das einen Sog entwickelt, dem man sich kaum entziehen kann. Und will.

Möbliertes Lied (Bester Songtitel 2020 schon jetzt), das nach Am Landwehrkanal, einer Schunkelei, die gerade noch so am Belanglosen vorbei schlittert, schön in die Achtziger-Ballade eintaucht. Zivilisatorisches Missgeschick, das kaum an Atmosphäre zu überbieten ist. Taschen und Seven Screws, die für Neubauten-Verhältnisse ungewöhnlich versöhnliche Töne anschlagen. Und spätestens nach Titeltrack Alles in Allem wird mit Grazer Damm, Wedding und Tempelhof klar: hier geht es um Berlin.

Und wer könnte das besser, als Blixa, N. U. Unruh, Alexander Hacke, Jochen Arbeit und Rudolf Moser? Man ist in der Welt unterwegs, aber die Wurzeln sind eben doch in der Hauptstadt. Kaum ein Album schafft es derart persönlich und atmosphärisch einen Blick auf Berlin zu werfen wie Alles in Allem.

Blixa nimmt uns an die Hand, Hacke gibt den düster brummenden Bassmotor, Unruh, Arbeit und Moser bilden das akustische Gerüst aus Baustelle, Bargeplänkel und Klanginstallation. Nächstes Experiment erfolgreich geglückt.

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Von Veröffentlicht am: 15.05.2020Zuletzt bearbeitet: 27.05.2020365 WörterLesedauer 1,8 MinAnsichten: 1240Kategorien: Alben, KritikenSchlagwörter: 0 Kommentare on Einstürzende Neubauten – Alles in Allem
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Über den Autor: Julian Schmauch

Dozent für Musikproduktion an der Deutschen Pop und der EMS in Berlin. Autor bei BackstagePro, Bonedo und Reverb. Spielt bei Chaos Commute. Remixer, Songwriter und Sounddesigner.

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