BERICHT: Pirate Satellite Festival, 06.05. Hamburg Markthalle

BERICHT: Pirate Satellite Festival, 06.05. Hamburg Markthalle

Der Auftakt des Pirate Satellite Festivals, das dieses Jahr erstmals als mehrtätige Deutschland-Tournee stattfand, klang vielversprechend: sieben Bands, zwei Bühnen, kein lästiger Foto-Graben. Doch wer ein Stagedive-Gewitter und eine tanzende Menge erwartet hatte, wurde leider enttäuscht: Die Hamburger Markthalle blieb erschreckend leer; wirkliches Festivalfeeling kam nur auf der wesentlich kleineren Bühne im benachbarten MarX auf.

Nachdem der Veranstalter im Vorfelde erklärt hatte, aus Fairness gegenüber den unbekannteren Bands keine Running Order vorab veröffentlichen zu wollen, sah vor Ort dann doch alles sehr gewohnt aus. Erwartungsgemäß eröffneten The Hotelier den Abend, mussten dann aber auch gleich hautnah erleben, welche Rolle ihnen damit zugewiesen wurde: Um halb sieben hatten vermutlich noch keine 300 Gäste den Weg in die Markthalle gefunden. Das Quartett aus Massachusetts ließ sich jedoch nicht beirren und gab eine halbe Stunde lang energisch und motiviert ihre emo-lastigen Songs (aktuelles Album: „Home, Like Noplace Is There“) zum Besten.

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Der Bezeichnung „Festival“ alle Ehre machend, wurde das Programm ohne Pause auf Bühne 2 fortgesetzt. Auch Joyce Manor litten jedoch noch unter der Uhrzeit. Dennoch ließen sie sich ebenfalls nicht von der Zuschauerzahl beeinflussen, sondern lieferten im wesentlich engeren und intimeren MarX ein eindrucksvolles Set, gespickt mit Songs ihres namenlosen Debüt-Albums sowie dem letztjährigen Werk „Never Hungover Again“. Phrasenschwein hin oder her: In der Kürze liegt die Würze – dass die Mehrheit der Titel die Zwei-Minuten-Grenze nicht erreichte, gab den Kaliforniern das gewisse Etwas.

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Die einzigen Nicht-Amerikaner von The Smith Street Band spielten zwar erstaunlich früh, dennoch wirkte die Markthalle nun erstmals etwas voller. Wil Wagner und seine Männer sorgten für die ersten geschwungenen Tanzbeine, das erste lauthalse Mitsingen und die erste Fast-Gänsehaut-Atmosphäre: Dass selbst die intime Stimmung eines Songs wie „Throw Me In The River“ vom gleichnamigen Album der Australier in der Leere des Raumes unterging, spricht leider für sich.

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Doch genug gejammert. Die vierte Band des Tages machte alle bisherigen Enttäuschungen wieder wett und lieferte das bis dahin stärkste Set. Ihrem Namen entsprechend traten Masked Intruder in bunten Sturmhauben auf und zauberten dem Publikum mit ihrem eingängigen, schnellen und vor allem ironischen Punk (Highlight des Auftritts: „The Most Beautiful Girl“) ein Lachen ins Gesicht. Vor der Bühne gab es Pogo, auf der Bühne einen strippenden Polizisten. What’s not to like?

Nach den obligatorischen 35 Metern in Richtung Main Stage begannen Make Do And Mend mit dem Titeltrack ihres aktuellen Longplayers „Don’t Be Long“. Die Menge schien sich zuvor im MarX allerdings derart ausgepowert zu haben, dass die Männer aus Boston einem regelrechten Totentanz ausgesetzt waren. Trotzdem spielten sie fleißig weiter Hits wie „Disassemble“ und „Stay In The Sun“ und ließen sich nichts anmerken – dass die teils ausverkauften Shows ihrer bisherigen Euro-Tour mehr Spaß gemacht haben könnten, liegt allerdings auf der Hand.

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Zurück im MarX, bot sich nun (glücklicherweise!) wieder ein anderes Bild: Teenage Bottlerocket rockten, was das Zeug hielt. Die Zuschauer drängten sich dicht an dicht, um die Carlisle-Brüder und ihre Mitstreiter gucken zu können. Diese boten straighten Punk und präsentierten erstmals ihr gerade veröffentlichtes sechstes Studio-Album „Tales From Wyoming“. Bedankt wurde sich artig in Form von ausgelassenem Pogo und Applaus.

Als zum Abschluss des Tagesfestivals Samiam die Bühne betraten, schien die Markthalle endlich wirklich voll zu sein – als hätte man während der ersten sechs Bands zu Hause verharrt, um sich für Sänger Jason Beebout und seine Gefährten dann doch noch zur Show zu bequemen. Diese konnten wahrscheinlich als einziger Act der Hauptbühne mit dem Publikum zufrieden sein und lieferten ein dementsprechend ausgedehntes und überzeugendes Set. Mit „September“, Take Care“, „Stepson“ nutze die letzte Band des Abends ihren Status als langjährige Genre-Ikone selbstverständlich voll aus und spielte Songs sämtlicher Alben.

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Das Fazit des Abends bildete sich somit fast wie von selbst – großartige Bands, einwandfreie Sets, enttäuschendes Publikum. Sollte sich ein solches Event in Hamburg nicht mehr wiederholen, wäre die Ursache leider schnell gefunden. Bleibt zu hoffen, dass die Veranstalter sich genauso unbeeindruckt wie die Bands zeigen, nichtsdestotrotz Positives aus dem Abend mitnehmen können und es trotz alledem eine Neuauflage in 2016 geben wird.

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Über den Autor: Gregor Groenewold

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One Comment

  1. frank 07.05.2015 at 23:08 - Reply

    Sorry, aber das brauchte in dieser Form leider nicht – so viele so tolle Bands in so knapper Zeit. In berlin dazu noch last minute die Band der Stunde Beach slang und power than Atlantis dazu geholt. Ergebnis ist, dass Beach slang um 18h verheizt werden und alle anderen Bands (außer samiam) halbleeren großen Saal erleiden. Außerdem war groß Futter angekündigt, aber es gab überhaupt nichts.
    Das ist keine festival-atmo, da taten mir die Bands eher leid. Dank Streik jetzt auch noch die Hälfte der Bands verpasst, darunter die drei, die ich wirklich sehen wollte. Also ich bin bedient.

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