BERICHT: José González & Ólöf Arnalds live im Uebel & Gefährlich, Hamburg
Vor ausverkauftem Haus bot der Schwede José González zum Abschluss seiner Europa-Tour eine Glanzleistung. Ruhig und unaufgeregt präsentierte er zusätzlich zu seinen Klassikern erstmals neue Klänge von „Vestiges & Claws“ und konnte das Publikum – wie erwartet – spielend leicht für sich gewinnen. Dabei war die Aufgabe sicherlich schwerer, als zunächst angenommen.
Für Ólöf Arnalds könnte es ein unangenehmer Abend gewesen sein. Zwar wurde ihr sogar etwas mehr als die übliche halbe Stunde Spielzeit eingeräumt, dennoch war ihr Versuch, die ZuschauerInnen im Uebel & Gefährlich frühzeitig in Stimmung zu bringen, eher bedingt von Erfolg gekrönt. Während Ihr Gesang besonders in den Höhen unter argen Soundproblemen litt, waren die Ansagen der sympathischen Isländerin, viele davon in schüchternem Deutsch, kaum zu verstehen. Logische Konsequenz: Das Talent der Cousine Ólafur Arnalds‘ blieb nahezu unbeachtet, während aus allen Seiten des Saales laute Gespräche zu vernehmen waren.
Die Situation änderte sich jedoch schlagartig, als González und seine vierköpfige Band die Bühne betraten – das Publikum verstummte. Und obwohl es mit „Afterglow“, „Stories We Build, Stories We Tell“ und „Let It Carry You“ direkt zu Beginn drei neue Songs gab, war bereits hier allen bewusst, dass dieser Mann zu den ganz Großen gehört. Von der ersten Sekunde an wurde die zuvor deutlich spürbare Vorfreude mehr und mehr in Faszination umgewandelt; es war, als würden die fünf Männer die Zeit anhalten. Dass das Uebel & Gefährlich vor dem Gig kurzerhand in eine scheinbare Theaterbühne mit rotem Vorhang und dezenten Scheinwerfern in antikem Design umgewandelt wurde, tat natürlich sein Übriges. Mal tanzte man, mal schloss man einfach die Augen und genoss. „So good to be here“, merkte González da passenderweise selber an.
Spätestens aber, als der Sohn argentinischer Eltern die Band höflich von der Bühne schickte, um seine Hits „Crosses“ und „Heartbeats“ alleine zum Besten zu geben, flossen die ersten Tränen – angesichts der einzigartigen Performance hoffentlich ausschließlich vor Glück und Freude. Zum Barbarossa-Cover „Home“ – die José González Band war inzwischen wieder vollständig – gab es einen überraschenden Sängerwechsel; das an den Synthesizern platzierte Mitglied James übernahm die Hauptrolle und rückte den Schweden für einige Augenblicke in den Hintergrund.
Nach über einer Stunde Spielzeit und kurzer Atem- und Applauspause, die wie üblich Backstage genossen wurde, gaben die Musiker abschließend eine mehrteilige Zugabe zum Besten. Für das Velvet Underground-Cover „I’ll Be Your Mirror“ holte man kurzerhand Ólöf Arnalds und ihren Backup-Gitarristen mit auf die Bühne, um ihnen – dieses Mal mit einwandfreiem Sound – nachträglich den Abend zu versüßen; mit „Every Age“ und „Leaf Off / The Cave“ klang das Konzert aus, wie es begonnen hatte: mit neuem, eindrucksvollem Material von „Vestiges & Claws“. Und plötzlich lief die Zeit wieder weiter, als wäre nie etwas passiert.
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