Labels Im Porträt: Isolation Records

Labels Im Porträt: Isolation Records

Man kann es ja Drehen und Wenden wie man will, aus unserer Hauptstadt kommt derzeit die Musik.

Selbstverständlich nicht ausschließlich, aber doch ein beachtlicher Anteil. Ob jetzt unzählige Post-Punk Bands oder brachial hippe Popmusik, es gibt eigentlich für jeden Geschmack etwas zu entdecken.

Mein Geschmack ist derb, ich mag es wenn es kracht und donnert und ich liebe es, wenn sich Labels auf einzelne Richtungen spezialisieren. Christoph und Pascal, einst bekannt als Evil Greed Records, heißen neuerdings ISOLATION RECORDS und versorgen uns mit fettem Metal- und Hardcorefutter. Zwar sind es erst eine Handvoll Outputs, die haben es allerdings in sich.

Die bisherigen Isolation Records Pferdchen im Stall sind folgende:

Imprisoned (Australien), die richtig geilen, metallischen Hardcore feilbieten. Und das in einer druckvollen Dichte, dass einem die Hosenbeine flattern.

Mass Worship (Schweden), mit typisch skandinavischem Todesmetall von der finsteren Sorte, der allerdings auch mit einigen, modernen Highlights frisiert wurde. Drückt, soviel kann man sagen.

Portrayal Of Guilt (USA). Chaotisches, irrsinniges Death-/Hardcoregeprügel. Kalt, direkt, erbarmungslos und sackdunkel. Findet sich auf einer Spli-EP mit Street Sects.

Street Sects (USA), keinen Meter weniger irrsinnig, sogar noch eine ganze Schippe kranker. Gewisse Black Metal Einflüsse machen sich hier sehr gut. Das Gesamtpaket beängstigt, aber überzeugt.

Lowest Creature (Schweden), die feinsten, teils groovenden Neo-Thrash liefern, natürlich auch mit der entsprechenden Portion nordischer Finsternis.


Was denken die sich da in Berlin? Wir fragten nach.

Hey, da ist ja gerade ein ernst zu nehmendes Label für qualitativ hochwertigen Krach geboren worden. Was ich bisher gehört habe, gefällt mir ausgesprochen gut! Ihr wart früher als Evil Greed unterwegs und habt dort Merch von einigen Hochkarätern vertrieben. Ist Isolation etwas komplett neues, oder nur eine Tochter von Evil Greed? Was hat euch dazu bewogen, Isolation zu gründen?

Isolation Rec. ist ein eigenständiges Label, betrieben von den gleichen Menschen wie Evil Greed. Ich war immer davon überzeugt, dass es nicht nur möglich, sondern auch sinnvoll ist verschiedene Bereiche wie eben Merchandise und Record Label unter einem Namen laufen zu lassen. Für mich war Evil Greed nie nur eine Merchandise Firma oder ein Mailorder, sondern auch eine Marke. Deswegen gab es auch nie Evil Greed Merchandise oder Evil Greed Records, sondern eben Evil Greed. Dementsprechend sprach in erster Linie nichts dagegen Musik unter dem Namen zu veröffentlichen. Allerdings mussten wir feststellen, dass es mit der Zeit nicht nur für uns, sondern vor allem auch für aussenstehende Personen, egal ob Kund_innen oder Bands, schwierig wurde einzuordnen was Evil Greed nun genau ist. Merchandise Firma? Online Store? Label? Mit der Separation sind nun alle Bereiche genau definiert, was sowohl die interne Struktur unkomplizierter gestaltet, als auch die Kommunikation nach Aussen.

Die bisherigen Veröffentlichungen bewegen sich musikalisch alle im groben Bereich Metal/Hardcore. Wo seid ihr beide musikalisch zu Hause?

Ziemlich genau zwischen Metal und Hardcore würde ich sagen. Kennengelernt haben wir uns vor etwa 10 Jahren auf Hardcore Shows, haben unsere Wochenenden gemeinsam auf Shows von Have Heart, Verse, Trash Talk und Rise & Fall verbracht, anschliessend gemeinsam in Bands gespielt und auf dem Wege viele neue Einflüsse gewonnen. Aktuell laufen bei uns im Büro neben Emma Ruth Rundle, YOB, Drab Majesty, Julien Baker, Incendiary, Zola Jesus und den Melvins vor allem die vor kurzem erschienenen Thou Veröffentlichungen rauf und runter.

Bei euch gibt es bisher nur Vinyl. Bleibt das so? Was bedeutet das Medium Vinyl für euch?

Die meisten erwarten hier bestimmt Antworten á la “Vinyl klingt einfach besser” oder ähnliches. Ehrlich gesagt, das mag sein, ist aber nicht der Grund warum ich persönlich Vinyl bevorzuge. Ich werde Vinyl einer CD oder Kassette immer bevorzugen, allerdings aus dem schlichten Grund, dass es für mich ein schöneres Produkt ausmacht. Die Grösse, Haptik, die verschiedenen Vinylfarben…  das alles gibt sehr viel Raum für Kreativität und lässt das Produkt meiner Meinung nach erst komplett wirken.

Das heisst aber nicht, dass wir zukünftig nicht auch andere Formate veröffentlichen werden. Gerade für Alben lohnt es sich definitiv auch CDs oder eben Kassetten zu produzieren. Für eine zwei, drei oder vier Song EP halt eher nicht. Dafür ist eine 7” in meinen Augen ein schönes Format und digital sind all unsere Veröffentlichungen ja sowieso auch zu finden.

Ihr habt bisher Bands aus Schweden, den USA und Australien im Programm, euer Vertriebspartner über dem Teich ist Deathwish Inc.. Wie kommt ihr denn von „null auf hundert“ an diese internationalen Acts?

Es mag so wirken, in Realität ist all das aber alles andere als “von null auf hundert” zustande gekommen. Ich bin seit meinem 16. Lebensjahr mit Bands auf Tour, mache selber Musik und arbeite seit einigen Jahren auf verschiedenen Ebenen mit Bands und Labels zusammen. Besonders in den letzten fünf Jahren habe ich für all das sehr hart gearbeitet, habe die Zeit zwischen Touren mit Nachtschichten im Büro oder Lager verbracht und auch sonst in jeder freien Minute gearbeitet. Ich habe für dieses Label eine klare Vision und bin sehr froh darüber, dass Bands dieser vertrauen. Auch Deathwish Inc. bin ich dafür sehr dankbar. Das Label ist eine grosse Inspiration für mich und ich bin sehr stolz darauf, dass unsere Veröffentlichungen in einem Umfeld von Labels und Bands vertrieben werden, zu denen ich persönlich aufschaue.

Kann man vom Job des Labelchefs leben, oder geht ihr noch anderen Tätigkeiten nach?

Das kann man bestimmt, wenn man mit den dementsprechend finanziell erfolgreichen Künstler_innen oder Bands arbeitet. Ob man das möchte, ist eine andere Frage. Die Antwort mag überraschen, aber in unserem Fall ist es so, dass wir tatsächlich noch anderen Tätigkeiten nachgehen, haha. 

Ich stelle es mir sehr schwierig vor als Besitzer_in eines Labels von eben und ausschießlich dieser Arbeit abhängig zu sein. Wenn ich es mir recht überlege, möchte ich in der Position auch nicht sein. Lieber geniesse ich es mit Bands zu arbeiten an die ich glaube, ohne dabei zwingend in Betracht ziehen zu müssen, ob diese auch meine Miete zahlen können.

Was muss eine Band anstellen, um bei Isolation Records unter Vertrag genommen zu werden? Was bietet ihr im Gegenzug den Bands?


Mir ist es sehr wichtig, dass Bands selbst von ihrer Musik und ihren Ideen überzeugt sind und wissen was sie wollen. Ich mag es, wenn ein roter Faden oder ein Konzept zu erkennen ist, die Musik, Visuals und (Bühnen-) Präsenz schlüssig sind und das ganze Paket in meinen Augen ästhetisch wirkt. Das ist natürlich sehr subjektiv und dementsprechend schwierig zu erklären… Ich möchte keine Produkte veröffentlichen hinter denen ich nicht selbst zu 100% stehe und erwarte von unseren Bands dementsprechend, dass sie dafür viel Zeit und Arbeit aufbringen.

Wir versuchen uns immer gemeinsame Ziele mit unseren Bands zu setzen und schauen dann wie wir diese erreichen können.

Mit dem Vertrieb durch Evil Greed in Europa und Deathwish Inc. in Nordamerika haben wir zwei starke Partner mit einer großen Reichweite. So erreichen wir nicht nur einen für uns sehr passenden Kund_innenstamm, sondern auch Plattenläden und Mailorder auf der ganzen Welt, die unsere Veröffentlichungen führen und einfach zugänglich machen.

Ausserdem arbeiten wir mit einer Promoagentur zusammen, die es uns erlaubt unsere Bands und Veröffentlichungen durch Platzierungen in Magazinen, auf Blogs oder auch im Radio an eine grössere Masse heranzutragen.

Man gewinnt nicht selten den Eindruck, dass Berlin der Dreh- und Angelpunkt von jedweder Indie-DIY-Band bzw. –labelkultur ist. Ist da was dran?

Definitiv gibt es in Berlin eine lebendige Szene und entsprechend starke Gegenkultur. Einige gute Labels wie End Hits, Vendetta, Adagio oder Miss The Stars gibt es auch. Wieso das so ist, kann ich dir aber leider nicht erklären. Unschwer zu erkennen ist, dass seit Jahren viele kreative und junge Menschen nach Berlin ziehen. Das mag an den niedrigen Mieten liegen, die es, im Vergleich zu anderen Grossstädten, noch vor einer Weile gab und die es erlaubt haben auch ohne einen 9-5 Job in der Stadt zu leben und trotzdem Zeit für andere Projekte zu haben? Wie gesagt, ich kann es dir nicht sagen, haha.

Wen hättet ihr denn noch gerne unter Vertrag? Habt ihr noch ein paar Veröffentlichungen in petto?

Ehrlich gesagt sind wir mit den Projekten, die gerade oder zeitnah anstehen, sehr zufrieden und auch gut beschäftigt. Wir haben vor kurzem bekanntgegeben, dass wir noch dieses Jahr das zweite Album der dänischen Hardcore/Metal Band Lifesick veröffentlichen werden. Die Band hat 2016 ihr Debutalbum über Southern Lord rausgebracht und ist aktuell auf zweiwöchiger Europatour. Mehr dazu dann Ende September.

Ausserdem werden Lowest Creature noch diesen Sommer ihr Debut Album aufnehmen, welches dann Anfang nächsten Jahres erscheinen wird. Die Band hat mir vor kurzem Demo Aufnahmen geschickt und auch auf der letzten Tour im Juli schon einen der neuen Songs live gespielt. Das wird gut, versprochen.

Vielen Dank für das Gespräch!


Vielen Dank an euch.

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Von Veröffentlicht am: 12.10.2018Zuletzt bearbeitet: 12.12.20181551 WörterLesedauer 7,8 MinAnsichten: 1034Kategorien: InterviewsSchlagwörter: , , , , , , 1 Kommentar on Labels Im Porträt: Isolation Records
Von |Veröffentlicht am: 12.10.2018|Zuletzt bearbeitet: 12.12.2018|1551 Wörter|Lesedauer 7,8 Min|Ansichten: 1034|Kategorien: Interviews|Schlagwörter: , , , , , , |1 Kommentar on Labels Im Porträt: Isolation Records|

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Über den Autor: Steffen Eggert

Ich bin 37, verheiratet, habe zwei Töchter, lebe in Bayern und bin im echten Leben Sozialpädagoge. Meine musikalischen Wurzeln liegen grundsätzlich im Bereich Indie, Punk und im klassischen Heavy Metal, bin aber eigentlich offen für alles, solange es gut gemacht ist...

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