Im Interview mit Joschi (ZSK) – Ein Gespräch über „Hallo Hoffnung“ und vieles mehr

Im Interview mit Joschi (ZSK) – Ein Gespräch über „Hallo Hoffnung“ und vieles mehr

Am ersten Tag des Ruhrpott Rodeos traf ich mich mit Joschi, dem Sänger von ZSK, um über die kommende Platte „Hallo Hoffnung“ zu sprechen.


Das Interview musste aufgrund irgendwelcher Auflagen im Backstage Bereich stattfinden, der genau zwischen den beiden Bühnen lag und dementsprechend die Geräuschkulisse für ein entspanntes Gespräch nicht gegeben war. No Fun At All zwangen uns zumindest dazu, mehr zu schreien als zu reden.

Hallo Joschi und schon mal vielen Dank für deine Zeit. Wie geht’s euch? Seid ihr schon lange hier?

Hi Paul. Wir sind seit 15 Uhr hier, haben eine sechs Stunden Autofahrt hinter uns, da wir direkt aus Berlin gekommen sind. Morgen geht es auch wieder zurück, da in drei Wochen ja das Release unserer Platte ist und wir momentan wahnsinnig am Rotieren sind.

Das trifft sich gut, dass du schon die neue Platte angesprochen hast. Erzähl doch mal was darüber. Es heißt „Hallo Hoffnung“. Was können wir erwarten?

Nur Hits. (lacht) Ich glaube es ist schon ein bisschen anders als unsere vorherigen Sachen.

Anders inwiefern?

In gut, also im guten Sinne. Der ZSK-Fan wird glaube ich nicht enttäuscht sein. Es gibt ja Bands, die machen plötzlich ein Album, da ist alles anders. So ist es bei uns nicht, wir machen das erste Mal Mid-Tempo Sachen auf der Platte, haben das erste Mal eine Orgel am Start und das erste Mal ein Sauflied mit Guido Donot.

Das Album wird ja als das persönlichste Album von ZSK angepriesen. Ich finde das spannend, da politisches ja irgendwie auch privates ist und es dabei ja auch viel um Gefühle geht. Was sagst du dazu?

Ja das stimmt natürlich. Aber das Album ist so persönlich, weil alle sterben. Persönlich im Sinne von, dass mehr eigene Geschichten erzählt werden. Auf „Hallo Hoffnung“ geht es ans Eingemachte. Wir sind keine 16 mehr und bekommen immer häufiger Anrufe, dass Menschen gestorben sind. Wir haben das bei den Toten Hosen mitbekommen, denen die Crew wegstirbt. Die sind zwar eine sehr viel ältere Liga, aber bei uns gibt es das jetzt auch einfach. Früher war das eher ein krasser Einzelfall, weil ein Kumpel von einem Kumpel bei einem Unfall gestorben ist.

Was auch tragisch ist.

Ja total. Das Lied „Unzerstörbar“ geht mir total nahe, weil Fans an uns herantreten und erzählen, dass sich irgendwelche Freundinnen und Freunde umgebracht haben. Andersherum schreiben uns aber auch Kids, die sagen, auch wenn das vielleicht übertrieben klingt, dass unsere Musik beziehungsweise ein bestimmter Song von uns ihr Leben gerettet hat.

Das größte Lob oder?

Auf jeden Fall. Wenn ich nur ein bis zwei Menschen helfen kann mit der Musik, schon alleine dafür hat sich das Veröffentlichen jeder Platte gelohnt. Wir bekommen eine Menge Mails und ich versuche auf jede Mail persönlich zu antworten, auch wenn das nicht immer leicht ist.

So fame seid ihr schon?

Ich würde weniger sagen, dass es an unserer Größe als Band liegt, sondern vielmehr daran, dass wir die Leute bewegen. Auf jeden Fall mehr als irgendeine Witzband, die über Ficken, Fußball, Alkohol singt. Was soll man denen auch schreiben? Ich finde euer Lied übers Saufen echt gut!?

Es könnte aber auch daran liegen, dass ihr die Fans relativ nah an euch heranlasst, auch wenn ihr größere Shows mit Wellenbrechern etc. spielt.

Ja das stimmt. Aber uns sind da als Band manchmal auch die Hände gebunden. Wenn wir in einem Club mit 1000 Menschen spielen und der Veranstalter sagt, dass dort ein Graben hin muss, weil er die Verantwortung nicht übernehmen möchte, kann ich ja schlecht sagen, ey ich bin Punk und ich will, dass es gefährlich ist. (lacht) Wir versuchen zumindest mit jedem zu reden, aber es gibt immer Leute, die auf uns sauer sind.

Die wird es aber immer geben, egal was du machst. Es allen recht zu machen, da wärst du glaube ich der Erste, der das schafft.

Das sag ich mir auch immer, aber es nervt mich schon immer, wenn man so ungerechtfertigt beschimpft wird.

Kommen wir nochmal zurück zu der persönlichen Note auf dem Album. Ist es nicht so, dass es auch für euch ein Verarbeitungsprozess ist, wenn ihr solche Lieder schreibt?

Absolut. Jeder Song ist ein Verarbeitungsprozess. Gerade auch die politischen Songs. Ich sehe den ganzen Tag Scheiße, mache mir Gedanken und manchmal will man einfach nur wütend herausschreien und abkotzen. Natürlich sind das die Dinge, die uns bewegen, über die wir singen. Das ist mal fröhlich, mal traurig, mal wütend.

Viel wütend vor allem oder?

Ja, aber wir versuchen das nicht so sehr im destruktiven Sinn. Natürlich würde ich manchmal am Liebsten alles kaputt-schlagen, aber ich finde es auch wichtig zu sehen, was wir alles schon haben. Wir haben Menschen in der radikalen Linken, wir haben coole Punkbands, coole NGOs und jetzt muss man in diesen schweren Zeiten schauen, wie man sich weiter für Menschenrechte einsetzt, für eine offene Gesellschaft, gegen Rassismus und den scheiß Nazis einfach weiter das Leben schwer machen.

Ich finde den Ansatz spannend, da ich es selbst super schwer finde, nicht immer in eine Art Resignation zu verfallen. Also erst zu schauen, welche Ressourcen uns eigentlich zur Verfügung stehen.

Genau und ich finde, dass in der Linken einfach zu viel gejammert wird. Es muss auch erlaubt sein, dass man einfach mal mit Freundinnen und Freunden einen schönen Abend verbringt, auch wenn nicht alles cool ist. Man kann nicht 24 Stunden 150 Prozent Polit-Arbeit leisten, sonst brennen die Leute irgendwann aus.

Ja das stimmt. So zusammengefasst: Neues Album, bevorstehende Tour. Klingt nach einer Menge Arbeit. Ist es überhaupt Arbeit? Oder eher positive Arbeit?

Manchmal ist es Arbeit, aber besser als Lohnarbeit. Ich will mich da nicht beklagen.

Seid ihr eigentlich noch nervös bevor ihr auf die Bühne geht?

Ja kurz vorher auf jeden Fall oder bei besonderen Sachen.

Also solltet ihr irgendwann doch noch die Möglichkeit haben, mit Rancid auf der Bühne zu stehen, wärst du aufgeregt?

Das auf jeden Fall. Kürzlich habe ich Fat Mike endlich persönlich kennengelernt. Das war schon cool. In dem Moment bin ich dann kurz richtiger Fanboy.

Wer ist es nicht? (lacht) Spielt ihr eigentlich lieber so große Festivals oder Club-Shows?

Ich finde beides sehr gut, aber auf verschiedene Arten. Bei Club-Shows kommen nur Leute, die dich mögen, die kaufen ihr Ticket wegen dir. Da kann man Späße machen, es darf mal etwas schiefgehen, es ist einfach familiärer. Und bei Festivals stehen 10000 Menschen vor der Bühne und ganz viele, die dich nicht kennen, aber aus irgendeinem Grund trotzdem zuschauen. Das ist schon eine Herausforderung. Man muss dann hinkriegen, dass die Leute danach weggehen und sagen: Die Band war scheiße, aber sie haben sich Mühe gegeben. (lacht)

Klingt super. (lacht) Was kann man auf der Tour von euch erwarten?

Eine coole Club-Tour. Ich sage es jetzt Welt exklusiv. Wir machen noch eine 7“ mit Slime zusammen für die Tour, die ebenfalls mit Slime sein wird. Außerdem verraten wir vor den Shows nie, wer als Erstes spielt. Man muss also pünktlich sein, wenn man eine bestimmte Band sehen will.

Also quasi eine Tour ohne Headliner beziehungsweise mit zwei Headlinern.

Ja genau. Und wir spielen beide immer komplette Sets.

Kommen wir zum Ende. Kannst du mir spontan deine zehn Top Alben aller Zeiten sagen?

Ja klar. Operation Ivy – Energy, Rancid – …And Out Come the Wolves, Propagandhi – Less Talk, More Rock, Die Toten Hosen – Auf dem Kreuzzug ins Glück, das war die erste Punk-Platte, die ich je bekommen habe. Der Wahnsinn. Dann Minor Threat, ich weiß nicht wie die Platte heißt (Out of Step, Anmerkung der Redaktion), Nofx – Punk in Drublic, The King Blues – Punk & Poetry, AFI – Black Sails in the Sunset, die neue Interrupters – Fight the Good Fight ist auch wahnsinnig gut, obwohl ich Ska eigentlich schon ewig nicht mehr hören kann. Und außerdem noch Dead Kennedys – Fresh Fruit for Rotting Vegetables.

Dann zum Schluss. Drei Dinge die du mit auf eine einsame Insel nehmen möchtest.

Drei Dinge darf ich mitnehmen. Eine Gitarre wäre wirklich gut, von Sebastian Lotzer das Buch Begrab mein Herz am Heinrichplatz und ich glaube, ich würde ein Bengalo mitnehmen. Einerseits mag ich Feuerwerk, andererseits findet mich dann vielleicht jemand und rettet mich.

Gute Idee und vielen Dank für deine Zeit.

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Titelbild: (c) Matthias Zickrow

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Von Veröffentlicht am: 19.07.2018Zuletzt bearbeitet: 19.07.20181447 WörterLesedauer 7,2 MinAnsichten: 1088Kategorien: InterviewsSchlagwörter: 1 Kommentar on Im Interview mit Joschi (ZSK) – Ein Gespräch über „Hallo Hoffnung“ und vieles mehr
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Über den Autor: Paul Schall

Hat sich nach elfJahren an Köln gewöhnt, ist aber noch immer nicht 100% davon überzeugt. Mag gerne Pizza, Pasta und Punkrock, ist aber auch anderen veganen Spezialitäten und anderen Musikgenres nicht abgeneigt. Ist außerdem Fußballfan und ständig von vielem angepisst.

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