KURZBERICHT: Reeperbahn Festival 2018 | Tag 1

KURZBERICHT: Reeperbahn Festival 2018 | Tag 1

5 Tage, hunderte Konzerte, die Branche trifft sich, neue Bands stellen sich vor – Hamburg im Ausnahmezustand.

Reeperbahn Festival 2018

Tag eins der Konzertemarathons ging noch verhalten los, über den Nachmittag verstreut spielen die ersten Bands auf dem für alle zugänglichen Gelände direkt an der Reeperbahn mit illustren Bühnennamen wie „Reeperbus“ oder „Zur geilen Knolle“. Die Sonne knallt, im Festival Village wird man vom Partybus der Spaßband Bazookas begrüßt. Gute Fahrt.

Atmo Spielbudenplatz Reeperbus

(c) Florian Trykowski

Los geht es mit Jaguwar.

Mit neuem Album „Ringthing“ im Gepäck präsentieren Jaguwar einen Sound irgendwo zwischen Post-Rock und Shoegaze voller düsterer Energie und sphärischen Gitarrenflächen. Leider von Soundproblemen und Zeitnot geplagt ist der Besuch eines Auftritts in Konzertlänge fest geplant. Danach spielt auf der anderen Seite des Geländes Kuoku. Die Hamburgerin machtwunderschön verträumten Trip Hop, mit klarer Stimme und düster walzenden Beats verzaubert Sie das Publikum.

Zurück im Festival Village spielen Dives.

Die Wienerinnen von machen ordentlich rotzigen Garagenrock, zu dritt wird nach vorne gewalzt, in zauberhaft schrägen Harmonien gesungen und sich in schönstem Österreichisch beim Publikum bedankt. Zwar ist alles etwas freier, weniger in Popsong Form gegossen, aber die Ähnlichkeit zum Sound von Gurr ist unverkennbar. Keine schlechte Referenz. Und dann Stereo Honey. Als das engelsgleiche Falsetto von Sänger Pete über den Platz schallt schmelzen Herzen, wird es still mit im Getöse. Jeff Buckley wäre stolz.

Dann nahm das Programm etwas Fahrt auf. Blond.

Irgendwo zwischen Disko und Elektro, Indie und Gangsterrap sind die Chemnitzer von Blond dabei sich lautstark aus dem Schatten von Kraftklub zu spielen. Bruder Felix, seines Zeichens Kraftklub Sänger, fanboyte im Publikum vor sich hin, die Stimmung war so gut, dass es sogar barbusigen Applaus aus dem Fenster des Stundenhotels gegenüber gab. Die Laune wurde noch besser durch Rikas. Der Stuttgarter Vierer bot eine perfekt inszenierte, sehr druckvolle Liveshow in den Docks, voller Disko, voller Schmacht. Sollte man winterliche Graugefühle haben, eine Rikas-Show wird das ändern.

Sieht man die Petrol Girls auf der Bühne, ist man schnell versucht sie als Paramore 2.0 abzutun.

Weit gefehlt. Was die Londoner Petrol Girls an Energie, an Wut und an Message darbieten ist weit weg von Popthemen. In schönster Riot-Girl-Manier brettert der Vierer über die Bühne, Shouterin Ren hält kurze, eindringliche Reden über die Songthemen: sexuelle Belästigung wird genauso angezählt und nieder geschrien wie Geschlechterklischees. Refused und At the Drive-in stehen Pate für eine Sound und eine sehr wichtige Message. Von dieser Band wird man noch einiges hören.

Zum Ende des Abends findet man sich im Molotow ein – hier läuft dicht gedrängt auf vier Bühnen den Abend über Programm.

Zu viel gute Laune macht sauer und so ist man hier zu Abschluss des Abends genau richtig. Die Decibelles haben eine Wucht und eine Wut im Bauch, schon im ersten Song haben sie das Publikum für sich gewonnen, es wird geschrien, die Drums derart verprügelt, dass die Becken nur noch senkrecht stehen. Mehr davon! Den Abend schließen die Strange Bones. Keine zwei Minuten hält es den Sänger auf der Bühne, es wird gepogt, gestagedived und rotzigster Alternative gespielt. Bereits im ersten Song sind alle klitschnass, springen, nicken, schreien und schubsen, die Briten haben die Menge fest im Griff.

Tag eins vom Festival zeigt: Indie ist nicht tot, Rock ist nicht tot, an allen Ecken, in allen Cores wird gefrickelt, voller Herzblut gespielt und getourt, was das Zeug hält. Mehr davon!

Titelbild: (c) Dario Dumancic

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Von Veröffentlicht am: 20.09.2018Zuletzt bearbeitet: 20.09.2018599 WörterLesedauer 3 MinAnsichten: 919Kategorien: EventsSchlagwörter: , , , , , , , , , , 0 Kommentare on KURZBERICHT: Reeperbahn Festival 2018 | Tag 1
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Über den Autor: Julian Schmauch

Dozent für Musikproduktion an der Deutschen Pop und der EMS in Berlin. Autor bei BackstagePro, Bonedo und Reverb. Spielt bei Chaos Commute. Remixer, Songwriter und Sounddesigner.

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