BERICHT: Rückblick auf die 9. Ausgabe des Maifeld Derby

BERICHT: Rückblick auf die 9. Ausgabe des Maifeld Derby

Letztes Wochenende wurde zum 9. Mal das Maimarkt-Gelände unter dem Namen Maifeld Derby bespielt.

Knapp 70 nationale und internationale Acts folgten der Einladung nach Mannheim, um dort gemeinsam ein Festival zu formieren, das für sein überaus diverses, dabei aber stets geschmackssicheres Booking überregional beliebt ist. Auch dieses Mal wurde man nicht enttäuscht – dafür hing eine gewisse Traurigkeit über die Ankündigung in der Luft, dass es vielleicht das letzte Mal sein könnte.

Es sei „nie ein Fehler […] jedes Jahr so zu feiern als wäre es das letzte Mal!“ stellte Veranstalter Timo Kumpf vorab klar, denn eine Fortsetzung nach der Pause im nächsten Jahr ist noch ungewiss. Und ja – es wurde gefeiert! Viel zu viele gute Acts boten die Möglichkeit dazu. Nicht immer wusste man gleich, wofür man sich entscheiden soll und war oftmals in der Situation, schnell zwischen den Bühnen hin- und herlaufen zu müssen.

Schon der Freitag war unglaublich dicht bestückt.

Gemütlich auf der „Parcours d’Amour“-Sitztribüne nahm der Marathon bei P.A. Hülsenbeck, dem Projekt des ehemaligen Sizarr-Gitarristen, seinen Lauf, welcher seine im letzten Jahr erschienene Platte voller warmer, jazziger und atmosphärischer Sounds namens Garden Of Stone präsentierte.

P.A. Hülsenbeck

P.A. Hülsenbeck | (c) Florian Trykowski

Anschließend fand man sich auf der anderen Seite des Festival-Geländes wieder, wo YĪN YĪN im kleinen Zelt Synthesizer mit psychedelischen Gitarren und Disco-Beat vermischten. Diese Rezeptur garantiert Tanzbarkeit, und so machte das Publikum was es machen musste: Tanzen. YĪN YĪN ist ein Neben- (oder Nachfolge?) Projekt der wunderbaren Deutsch-Niederländischen-Freundschaft Bounty Island. Die Klangästhetik ist ähnlich, nur das Saxophon fehlt und Gesang wird deutlich sparsamer eingesetzt.

Auf der Open Air Bühne ging es weiter mit Gurr, die mit ihrem Garage-Pop gewohnt gute Laune verbreiteten.

Gurr

Gurr | (c) Florian Trykowski

Im großen Zelt folgten Parcels, die mit ihrem dancy Indie-Disco-Sound weitere Tanzressourcen abverlangten.

Parcels

Parcels | (c) Florian Trykowski

Parallel dazu spielten im kleinen Zelt Odd Couple, eine etwas schmerzliche Überschneidung.

Sleaford Mods danach, der eine raucht offenbar nicht mehr, der andere hat seine Ticks besser im Griff – dennoch gewohnt motzig, zynisch, fluchend, alte Hits, neuere Hits – perfekt.

Sleaford Mods

Sleaford Mods | (c) Florian Trykowski

Im kleinen Zelt ging es mit Karies dann mit bissiger Gitarrenmusik in düsterer Melancholie weiter.

Wer dann noch Energie zum Tanzen hatte, konnte dies bei den Indietronic-Helden Hot Chip, bei HVOB und Komfortrauschen noch ausgiebig tun. Ein unglaublicher Festivalstart!

Hot Chip

Hot Chip | (c) Florian Trykowski

Samstag ging es dann etwas entspannter zu.

Der Tag begann in praller Sonne mit dem existenzialistischen Diskurs-Pop des Mannheimer Projekts Kirchner Hochtief, der an eine Mischung aus Blumfeld, Die Sterne und Gewalt erinnert.

Die Frage nach dem Surprise-Slot wurde wenige Stunden vorher mit AnnenMayKantereit aufgelöst, was eine lange Schlange vor dem Festival-Gelände und dem Parcours d’amour erklärte. Dabei handelt es sich um die kleinste Bühne des Festivals, und das große Interesse führte hier zu einem Einlass-Stopp.

AnnenMayKantereit

AnnenMayKantereit | (c) Florian Trykowski

Zeitgleich spielten die als Geheimtipp geltenden Les Big Byrd aus Stockholm, die sich als psychedelic-Kraut-Rock beschreiben lassen und mit The Brian Jonestown Massacre assoziiert werden – am Ende des Sets folgte eine Coverversion derselben.

Zu den persönlichen Highlights am Abend sind The Twilight Sad zu nennen, die nicht zuletzt mit der charismatischen und hingebungsvollen Performance des Sängers überzeugten.

The Twilight Sad

The Twilight Sad | (c) Florian Trykowski

Balthazar haben Anfang des Jahres ihr von der Kritik hoch gelobtes viertes Album Fever veröffentlicht, weshalb die Erwartungen an das Live-Konzert groß waren und nicht enttäuscht wurden!

Balthazar

Balthazar | (c) Florian Trykowski

Es folgten The Streets, bei denen von einer fantastischen Live-Band begleitet Mike Skinner das Publikum zu unterhalten wusste, was in einem legendären Crowdsurfing mit Steckenpferd vom FOH-Platz bis zur Bühne endete. Schön waren auch seine Sensibilisierungen des Publikums dafür, dass gerade bei Festivals und Kapazitätsstarken Konzerten in den vorderen Reihen leider oftmals nur die größeren und weniger rücksichtsvollen Menschen Spaß haben können, auf Kosten des Konzertvergnügens eben der weniger körperlich Durchsetzungsfähigen. Etliche Magnum-Flaschen Sekt wurden geköpft und mit dem Publikum geteilt – Mike Skinner weiß, wie man Partys feiert.

The Streets

The Streets | (c) Florian Trykowski

Der letzte Festival-Tag war ein krönender Abschluss der neunten Ausgabe.

The Mauskovic Dance Band hätte ich mir gerne angesehen, doch ich habe es erst zu Snail Mail aufs Festival-Gelände geschafft. Als Teil einer jungen Indie-Rock-Generation wird hier das Rad nicht neu erfunden, dennoch mit erstklassigem Songwriting ganz eigene Geschichten erzählt. Leider gab es ein paar technische Probleme, die mit etwas mehr Aufmerksamkeit der Techniker hätten vermieden werden können. Sie waren die Ursache dafür, dass Sängerin/Gitarristin Lindsey Jordan nicht ganz entspannt ihre Songs vortragen konnte und bei ihr immer wieder für Verärgerung sorgten – und das an ihrem Geburtstag, wie sie seufzend mitteilte.

Snail Mail

Snail Mail | (c) Florian Trykowski

Anschließend standen Stephen Malkmus & The Jicks auf der Openair-Bühne, und damit gewissermaßen mit Malkmus als Kopf der 90er-Jahre-Indie-Rocker Pavement ein Vertreter der Vorbild-Generation.

Stephen Malkmus & The Jicks

Stephen Malkmus & The Jicks | (c) Florian Trykowski

Weiter ging es mit Kevin Morby im Palast-Zelt. Da darin mittlerweile wieder tropische Temperaturen herrschten, entschied ich mich draußen zu bleiben.

Kevin Morby

Kevin Morby | (c) Florian Trykowski

Dort wurde ich jedoch aufmerksam auf interessante Klänge aus dem kleinen Zelt. Die Band Ava Luna aus New York City stand dort auf der Bühne und machte wunderbar kreativen Kunsthochschulen-Pop – für mich die die persönliche Neuentdeckung des Festival-Wochenendes.

Anschließend gab es mit Madrugada und International Music wieder eine schmerzliche Überschneidung, weshalb ich mir beides nur ein bisschen anschauen konnte.

Madrugada

Madrugada | (c) Florian Trykowski

International Music spielten zwei neue Songs, die Vorfreude auf neues Material von ihnen generierten.

Noch mehr gute deutschsprachige Musik gab es mit Tocotronic, die ein Set voller Hits spielten.

Tocotronic

Tocotronic | (c) Florian Trykowski

Da es mit Faber vom textlichen Niveau einige Stufen abwärts ging – Tocotronic-Bassist Jan Müller wunderte sich übrigens am Folgetag auf Instagram darüber, weshalb sich im Publikum niemand über die „widerlichen, sexistischen Texte“ empöre – sollte letzter Act des Festivals für mich das unglaublich versiert spielende irische R’n’B-Trio Wyvern Lingo sein.

Man kann sich bei Festivals, gerade wenn sie so ein gutes Lineup haben, nie alle Acts anschauen. Daher ist dies nur ein Ausschnitt und ich habe sicherlich ein paar gute Sachen verpasst. Doch allein die gesehenen Konzerte sind schon viel zu viel für nur drei Tage Festival, was einfach alles über dessen Qualität aussagt. Es wäre wirklich sehr schade, wenn es dieses Jahr zum letzten Mal stattgefunden hätte, auch wenn man sich sicher sein könnte, dass es für die Verantwortlichen keine einfache Entscheidung ist. Die Abschiedsfloskel „Bis zum nächsten Jahr“ gab es diesmal leider nicht; bleibt nur zu hoffen, dass es nach einer Pause dann im Jahr 2021 mit einem 10. Jubiläum weitergeht!

Titelbild: Maifeld Derby 2019 | (c) Florian Trykowski

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Von Veröffentlicht am: 23.06.2019Zuletzt bearbeitet: 23.06.20191169 WörterLesedauer 6,5 MinAnsichten: 841Kategorien: EventsSchlagwörter: 0 Kommentare on BERICHT: Rückblick auf die 9. Ausgabe des Maifeld Derby
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Über den Autor: Paul Kaspar

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