The End of Travelling – Vol. 90

Mit der unregelmäßigen Serie der The End of Travelling-Listen möchte ich Euch auf Spannende neue Songs, die vor allem über die Musik-Promotion-Plattform SubmitHub, meist direkt von den Künstler:innen selbst, veröffentlicht worden sind, aufmerksam machen.

Also Kopfhörer aufsetzen, Augen schließen und ganz entspannt zurücklehnen …

Spirit Pure – Wait

Das in Chicago, Michigan beheimatete, experimentelle Bedroom-Dream-Pop-Duo, Spirit Pure, besteht aus das den zwei Multiinstrumentalisten Jeff Engelmann und Sal Plant. Das Projekt begann während des COVID-19-Lockdowns, als die beiden begannen, gemeinsam Songs über Zoom zu schreiben.

Zuerst wussten wir nicht, wie das Spielen und Schreiben von Musik über Zoom funktionieren würde, aber bald fanden wir einen großartigen Rhythmus und fingen an, richtig gutes Material zu schreiben.

Sal Plant

Jeff Engelmann hat ein weiteres Projekt, Quiraing, bei dem er sich auf Ambient-Musik konzentriert. Plant hingegen tritt in sehr verschiedenen Projekten wie American Wolf, einer Elektro-Pop-Band, auf.

Die Debütsingle von Spirit Pure war der leichte Song Easy (2022), dem die Single Toe The Line (2022) folgte. Der aktuelle Track Wait hat einen schönen erfrischenden Tanz-Beat, der sich durch das gesamte Lied zieht, während verträumter Gesang darübergelegt ist.

yxngxr1 – Something Else

Der in Cardiff geborene und aufgewachsene Rapper und Hip-Hop-Künstler Timothy Francis Lee hat es unter dem Künstlernamen yxngxr1 mit den Songs Rather Do, BOY IN BLUE und WGAF zu einiger Bekanntheit geschafft.

Er begann seine Karriere mit der Veröffentlichung von Musik auf Soundcloud im Jahr 2018. Seine erste Single siMoN sAys FuRH dIS wurde im März 2018 auf die Website hochgeladen. Das Musikvideo zu dem Track Rather Do wurde auf seinem offiziellen YouTube-Kanal mehr als zweihunderttausend Mal angesehen.

2019 sorgte er mit seiner DIY-Platte Tyler für Aufsehen, während er nach der Schule einen Job bei Foot Locker hatte. Schnell zählte er zig Millionen Streams für seine Tracks wie RockStore, 721, Pigeons und natürlich Rather Do.

In diversen Interviews hat er Tyler The Creator und Dominic Fike als wichtige musikalische Einflüsse auf sein Songwriting bezeichnet. Der aktuelle Track Something Else ist eine Lofi-Reise in die Vergangenheit und beschwört sonnige Nostalgie mit klirrenden Gitarren und Texten herauf, die einfacheren Zeiten Tribut zollen.

Nach der im Januar veröffentlichten Single You Reminder Me Of ist der Track eine weitere Dosis verträumter Dream-Pop, der in der Melancholie seiner Kindheitserinnerungen schwelgt.

Obwohl er kürzlich nach London gezogen ist, ist der Track eine Art Ode an seine Heimatstadt, wie er im Pressetext erklärt:

„Ich habe es geschrieben, als ich an meine Kindheit dachte und an all die Dinge, die ich vermisse, wenn ich jung bin“, sagt yxngxr1 über den Track. „Es geht um meine Altstadt und wie sie sich verändert hat, aber es ist immer noch erfrischender als das Leben in einer Großstadt. Manchmal ist es so schön, zurückzugehen, weil ich die Dinge sehen kann, mit denen ich aufgewachsen bin.“

Say Anise – The Sea

Say Anise ist die in London lebende Indie-/Folk-Singer-Songwriterin Emily Barnett, die sich ihre Inspirationen aus der kalifornischen Singer-Songwriter-Folkszene der 60er/70er Jahre und bei zeitgenössischeren Londoner Bands holt.

Ihre Debüt-Single I Remember wurde am 31. Oktober 2020 veröffentlicht. Neben der anschließend selbstveröffentlichten Debüt-EP Say What You Want (2021) hat sie mehrere Singles produziert. Im Februar 2022 startete sie eine Kickstarter-Kampagne, um Spenden für die Aufnahme ihrer nächsten EP zu sammeln, die später im Jahr 2023 veröffentlicht werden soll.

Die erste Single dieser EP war der Song Ray Honeypie, dem die aktuelle Single The Sea folgte. Neben Emiliy Barnett (Gitarre und Gesang) waren Melisande Yavuz (Streicher) und Adrien Latgé (Backing Vocals) sowie Joey Walker (Aufnahme und Produktion) an den Aufnahmen im RYP Studio in London beteiligt.

Der Track ist ein Lied über die europäische Flüchtlingskrise, geschrieben aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln. Die Strophen sind aus der Perspektive einer Mutter und eines Kindes geschrieben, die ihr Zuhause verloren haben, und der Refrain ist aus der Sicht des westlichen Beobachters, der ihre widersprüchlichen Gefühle von Schuld, Ohnmacht und Apathie darstellt. Leider ist die Nachricht, obwohl sie Ende 2016/Anfang 2017 zurückgeschrieben wurde, heute genauso relevant.

Linebug – Sideways

Das dänische Duo Linebug, bestehend aus der Singer-Songwriterin Line Bøgh sowie Maler und Digitalkünstler Christian Gundtoft, hat es in die ehemalige Residenzstadt Zeitz in Sachsen-Anhalt verschlagen. Auf einer Tournee in Deutschland waren, verliebten sie sich in den rauen Charme des 27.000-Seelen-Nests und zogen Anfang 2021 von Kopenhagen in die ostdeutsche Provinz.

Musikerin Line hat sich an vielen Projekten beteiligt, bis sie sich 2019 entschied, mit ihrem Partner Christian etwas ganz Besonderes zu machen: Er erstellt handgezeichnete, animierte Musikvideos zu ihren Songs, die während der Konzerte zum Leben erweckt werden. Die Illustrationen werden so an die Wand projiziert, so dass Lines Performance Teil einer Art überdimensionalem Graphic Novel wird. Das ist den beiden Kreativen spektakulär gelungen, ganz im Sinne der Musik-Videos zu Take On Me von A-ha oder The Wall von Pink Floyd.

Das ist nun auch bei ihrem neuen Album Fast Changing Landscapes zu erleben. Das Album ist nichts weniger als ein Schmuckstück: Zurückhaltender Alternativ-Pop, durchdrungen von skandinavischer Melancholie sowie der Wärme einer nicht enden wollenden Midsommar-Party. Dafür hat man sogar das Deutsche Filmorchester Babelsberg mit ins Boot geholt, das das Album auf fünf von neun Songs musikalisch bereichert – kein romantischer Symphonie-Kitsch, sondern ein dezenter Klassik-Touch.

Die aktuelle Single Sideways ist ein Song über das Driften ohne feste Richtung – die Suche nach Identität in einer immer komplexer werdenden Welt. Das Lied ist in der Stadt Zeitz geschrieben (einer entvölkerten und „vergessenen“ Stadt im Osten Deutschlands, in der das Duo seit 2021 lebt) und es ist nicht nur ein Lied über die menschliche Identität, sondern der Text erzählt auch eine Geschichte – Die Stadt wird für die sie umgebende Welt unsichtbar.

Im Pressetext ist zu lesen:

Um diese Geschichte zu visualisieren, hat Christian die Vergangenheit von Zeitz quasi neu animiert! Dafür ging er in den sogenannten „Lost Places“ der Stadt auf Schatzsuche und begann, gefundene Objekte aller Art zu modellieren und zu animieren. Wir haben einige Experimente gemacht, indem wir Line mit Stop-Motion-Technik gefilmt haben, und am Ende hatten wir ein seltsames, aber faszinierendes Porträt einer Stadt – und einer Frau –, die sich treiben ließ und hoffte, nicht vergessen zu werden.

Der Track Sideways ist mit dem Deutschen Filmorchester Babelsberg eingespielt und das vollständig animierte Video ist eine liebevolle Hommage an den Stop-Motion-Videoklassiker Sledgehammer von Peter Gabriel.