Vlimmer – IIIIIIII​/​IIIIIIIII (8 & 9)

Vlimmer – IIIIIIII​/​IIIIIIIII (8 & 9)

Alexander Leonard Donat, der Mensch hinter Vlimmer, ist ein Mann mit vielen Gesichtern und kanalisiert diese in mehreren Musikprojekten mit unterschiedlichen Ansätzen.

CD kaufen Vö: 01.12.2017 Blackjack Illuminist Records

Vlimmer lässt sich grob als Underground-Wave einordnen, ist jedoch weit mehr. Denn zum einen käut Donat nicht einfach zum x-ten Male das Genre wieder, sondern verschmilzt Elemente aus Wave, Shoegaze, Electronic, Post Punk, Kraut, Drone, Pop, Ambient und noch mehr zu einem neuen, eklektischen und ziemlich schwarzen Ganzen. Zum anderen hat er sich mit einer über 18 EPs geplanten Reihe viel vorgenommen. So gleicht denn auch bisher keine EP wirklich der anderen. Veränderung ist hier eine Konstante.

Wer auf der Suche nach »schönem Leiden« ist, wurde bei Vlimmer bisher nicht fündig. Trotz der neuen Einflüssen aus Dancefloor, Dreampop, IDM und EBM bleibt dies auch so, denn Elemente wie die melancholisch gleichförmigen, meist stark zerdehnten Gesangsmelodien und ein insgesamt sehr kalter Klang stören die Eingängigkeit. Schichten von Sounds türmen sich übereinander und geben sich die Hand, Brüche tun sich auf. Diese Musik erfordert hohe Aufmerksamkeit.

Wäre all das nicht, könnten sich die Stücke der EP 8 durchaus in einer Düsterdisco wiederfinden. Vor allem Beutenacht mit seiner treibenden Percussion einschließlich Congas, Schwerelosigkeit mit seinen klassischen Synthiesounds und das sägende Betonozean, wobei ersteres in einen Drone-Teil abgleitet und letztes sich zu einer Wall Of Sound verdichtet. Thematisch angesprochen werden Gefühle des Nicht-dazu-Gehörens, das Tun von Dingen zur Erreichung eines Lebendigkeitsgefühls, Verlorenheit und Leere.

EP Nummer 9 widmet sich dem Dreampop, lässt diesen jedoch auch gegen Teile aus Industrial, IDM und EBM ankämpfen. Im Ergebnis ist das schabend und schleppend wie in Jugendentzug, klaustrophobisch wie in Strato, sphärisch und treibend wie in Menschenschichten und pulsierend wie in Ohnmacht. Textlich kreisen die Stücke um einen Verlust der Unbeschwertheit, das Laufen im Hamsterrad und eine aus dem Mangel an Ausweg aus Routine entstehender Leere. Doch in all dem gibt es mit Menschenschichten und Ohnmacht am Ende ein wenig Trost oder Hoffnung in Form anderer Menschen.

Vlimmer an sich ist gewiss nichts für jeden und jede Stimmung, und auch nicht jede EP wird angesichts der Entwicklung gleich gut gefallen. Dafür hat man hier ein schönes Stück Furchtlosigkeit beim Ausloten möglicher Facetten von einem zentralen Grundgerüst aus, welches beim Hören immer wieder neue Details zu Tage fördert. Man kann sich in der Atmosphäre verlieren (Immer schön von offenen Fenstern wegbleiben!), aber auch anregen lassen, sich selbst einmal unangenehme Fragen stellen.

Die Produktion trägt bewusst ihren Teil zur Atmosphäre der EPs bei. Mal wird alles zu einem Gesamtbrei gematscht, mal geht es deutlich differenzierter zur Sache. Die handgefertigten CD-Cover vervollständigen den Eindruck. Die EPs sind einzeln als Download und CD und zusammen als Download oder in einer limitierten Holz-Box erhältlich.

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Von Veröffentlicht am: 30.12.2017Zuletzt bearbeitet: 02.12.2018485 WörterLesedauer 2,4 MinAnsichten: 1073Kategorien: Alben, KritikenSchlagwörter: 0 Kommentare on Vlimmer – IIIIIIII​/​IIIIIIIII (8 & 9)
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Über den Autor: Christian Hennecke

Wenn Christian Hennecke (Jahrgang 1971) nicht gerade als freier Autor für Pretty in Noise oder das MINT Magazin für Vinylkultur schreibt, findet man ihn z.B. vor seiner Stereoanlage, im Wald auf der Suche nach Tupperdosen oder im Kino. Im Ernst des Lebens ist er Redakteur, Übersetzer und Projektleiter.

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