BERICHT: Pleil bei Protomartyr @ Zoom, Frankfurt (06.08.2023)
Der heutige Abend ist mein erster Besuch im neuen Zoom-Club, welcher 2004 als das Cocoon von Techno- und DJ-Legende Sven Väth erdacht und eröffnet wurde (Sven ist übrigens waschechter Obertshäuser wie ich und mein ehemaliger Nachbar, kleine unbedeutende Anekdote des Verfassers).
2012 dann Insolvenz angemeldet, ausgelaufener Mietvertrag und Hausverkauf. Seit kurzem verfolgt man unter neuen Betreibern und dem Namen Zoom die Ambition alternative Konzertkultur von der Brönnerstraße in die Carl-Benz-Straße nach Frankfurt-Fechenheim zu transportieren. Das alte Zoom war vor Umzug, Umbau und Umbenennung nämlich viele Jahre eine echte Frankfurter Institution namens Sinkkasten, die Älteren unter Euch erinnern sich bestimmt?! Anyway, ich bin gespannt was mich erwartet!
Im Cocoon war ich vorher nie zu Gast, deshalb betrete ich erstmal ohne große Erwartungen die Location. Mit 18 Uhr ist der Einlass ungewöhnlich früh angesetzt, selbst für Sonntagsverhältnisse. Das Wetter draußen ist so regnerisch miserabel wie die letzten Wochen, prima Voraussetzungen also für den mürrischen Post-Punk von Protomartyr.
Die Supportband heißt Isoscope, kommt aus Berlin und hat 2022 beim geschmackssicheren Label Nois-O-Lution ihr erstes Album Ten Pieces veröffentlicht.
Musikalisch geht das in eine ähnliche Richtung wie der heutige Headliner, also Post-Punk, Indie- und (wie sie selber schreiben) Math-Rock. Und wenn Bassistin Merle sich mit Drummerin Bonnie hier und da den Gesang teilt finden sich die Zuhörer:innen auch gemütlich wohl im Shoegaze wieder. Isoscope überzeugen das schon gut gefüllte Zoom (ca. 120 – 150 Leute) als eine junge ambitionierte Band, die ab und an vielleicht etwas zu viel von einem Song verlangt und in Zukunft gerne auch mal einen catchy Refrain (er-)finden darf! Nach der obligatorischen halben Stunde ist Schluss mit dem Hinweis, dass im November das zweite Album Conclusive Mess erscheinen wird. Auf jeden Fall mal beobachten!
Nach moderater Umbaupause betreten um Viertel nach acht Protomartyr aus Detroit die Bühne des Zoom-Clubs.
Gestern waren sie noch auf dem Haldern Pop-Festival und kommen heute dann, für mich sehr überraschend, nach Frankfurt. Überraschend, weil die üblich verdächtigen Tourstopps internationaler Bands für diese Art von Musik wie Hamburg, Berlin oder Köln komplett ausgelassen werden. Frankfurt und Hannover sollen die einzigen deutschen Club-Termine sein! Mir als „local“ kommt das natürlich sehr gelegen.
Erste Verwunderung: Protomartyr haben einen zweiten Gitarristen dabei, der meiner Meinung nach und so sollte sich herausstellen, komplett überflüssig ist! Er fügt dem ohnehin schon dichten Sound der Band keine neue musikalische Ebene hinzu, ganz im Gegenteil. Der nicht wirklich klare Sound im Raum wirkt so nur unnötig undifferenziert und zerfahren. Und obwohl das Konzert in Frankfurt erst die dritte Show der Europa-Tour ist, hatte ich die ersten Songs schon etwas Sorge um Frontmann Joe Casey. So machte der den Eindruck wohl als letzter die Aftershow-Party am Vorabend verlassen zu haben. Mit glasigen Augen und etwas aufgedunsen kämpft er sich ohne Ansagen durch den Beginn des Konzertes, das sie mit dem aktuellen Album-Opener Make Way eröffneten. Ab dem vierten Song Elimination Dances wurde es aber schnell besser, er schien sich wohler zu fühlen und begann auch mit dem Publikum zu interagieren.
Die Band spielt routiniert, vor allem Schlagzeuger Alex Leonard erinnert mich mit seinem tighten Signature-Drumming oft an Stephen Morris von Joy Division/New Order. Protomartyr spielen sich 75 Minuten konsequent durch ein 19-Song Set und packen die Zugaben gleich direkt hintendran. Danach geht recht zügig das Saallicht an.
Fazit:
Ein gelungener Abend mit einer soliden Show einer großartigen Band und gut gewähltem Support! Ob ich allerdings mit dem Zoom als neuem Club für Rock/Alternative-Acts warm werde weiß ich noch nicht, mal abwarten.
Nachtrag:
Wie Google mich soeben belehrt hat das Protomartyr-Konzert im kleine(re)n Club des Zooms stattgefunden, im sogenannten Café. Es gibt also in Zukunft noch etwas zu entdecken! See you soon!
Setlist Protomartyr:
- Make Way
- 3800 Tigers
- Windsor Hum
- Elimination Dances
- Fun in Hi Skool
- For Tomorrow
- A Private Understanding
- Maidenhead
- Scum, Rise!
- The Author
- Polacrilex Kid
- My Children
- I Forgive You
- Feral Cats
- Pontiac 87
- Processed by the Boys
- Jumbo’s
- The Devil in His Youth
- Why Does It Shake?
(Marco) Pleil:
https://www.facebook.com/pleilmusik
https://www.instagram.com/marco_pleil/
https://pleilmusik.bandcamp.com/
https://www.youtube.com/@pleilmusik
https://open.spotify.com/artist/780TMlsNGl56NZ7pySj8dl
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Protomartyr – Ultimate Success Today (LP) (17.07.2020)19,99 €
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