Eiffel Tower High: Neues Subterfuge-Album „Dots.“ (Track-By-Track & Album Pre-Listening)  

Eiffel Tower High: Neues Subterfuge-Album „Dots.“ (Track-By-Track & Album Pre-Listening)  

Das neue Album Dots. der wichtigsten deutschen Indie-Rock-Band Subterfuge lässt sich in drei Worten beschreiben: Eiffel Tower High.

15 Jahre hat man nichts von ihnen gehört, jetzt sind sie mit diesem Ausrufezeichen zurück. Denn auf dem morgen erscheinenden Doppelalbum präsentieren sich die Düsseldorfer in neuer Vielseitigkeit. Die Songs bewegen sich allesamt im Kosmos des Indie-Pop, allerdings querbeet und überwiegend entlang der Ränder zu angrenzenden Genres, während ein Netz aus psychedelischen Elementen und Harmoniegesängen das Ganze zusammenhält. 

Hört bei uns selbst rein, es lohnt sich! Exklusiv bei prettyinnoise.de geben die beiden Songschreiber Thomas Baumhoff und Lars Schmidt vorab einen Einblick in die Entstehung und Hintergründe der Songs auf Dots..

Hier ist ihre bunte Geschichtensammlung:

Licentiousness

Das Coverfoto von Tom Waits‚ Album Rain Dogs kennt man ja einfach. Irgendwann vor fünfzehn Jahren in einem kleinen Museum in Oslo habe ich dann fasziniert entdeckt, dass es Teil einer ganzen Serie ist, die Anders Petersen in den 60er Jahren im Hamburger Café Lehmitz fotografiert hat. Der dort portraitierte, fröhlich kaputte, komplett enthemmte Exzess lässt mich seitdem nicht mehr los. Schon lange wollte ich das in ein Lied hineinschreiben und mit den Akkorden hier waren dann endlich die passenden Harmonien da. Als der Song fertig aufgenommen war, fehlte noch irgendwas und wir fragten Anna Roxenholt von New Found Land, ob sie nicht mitsingen wollte. Wie begeistert waren wir, als nicht nur Dopplungen der Gesangslinie, sondern Chöre wie nicht von dieser Welt zurückkamen. (Lars)

Stephanie Said

Kenner:innen wird es schon aufgefallen sein. Es gibt bereits ein Lied einer anderen Band fast gleichen Titels. Wenn man neue Songs schreibt und noch keinen Text hat, summt man manchmal Texte mit, die man noch im Kopf hat. In dem Fall war das Stephanie Says von Velvet Underground. Je länger ich es sang desto plausibler schien es mir. Nur was könnte meine Story sein? In diesem Fall ist es ein Rückblick zweier Menschen geworden, die in der Lebensmitte angekommen sind und sich fragen „wo stehen wir eigentlich gerade”? Ein durchaus autobiografischer Text. Das Zitat „Du siehst aus wie die Typen von Right Said Fred” wurde mir mal genauso gesagt.

The Snake Wife

Mein persönlichstes Lied auf Dots.. Text und Struktur kamen schnell zusammen, aber Junge was haben wir am Arrangement rumprobiert! Am Ende ist uns klar geworden, dass der Song einfach genauso schrammelig gespielt werden muss, wie er entstanden ist; auch wenn wir dann noch jede Menge Overdubs drüber gespielt haben, damit es nicht so sehr nach 1986 klingt. (Lars)

Margarine 

Dieses Stück lag schon lange in der Schublade und wurde nun für unser Album endlich vollendet. Es sollte ursprünglich auf einer Single vom LOLILA Label erscheinen, war aber mit damals fast 10 Minuten Spielzeit zu lang. Entstanden ist es ca. 2005 in unserem damaligen Garten-Club der Datscha, wo Lars und ich uns manchmal zum Songschreiben trafen. Es handelt von Erlebnissen und Eindrücken auf Tour. Gefühlt standen wir Ende der 90er Anfang der 00er jedes Wochenende auf irgendeiner Bühne in irgendeiner Stadt. Es schildert einen Mix aus Erinnerungen an Orte, Gerüche, Leute und Gespräche. Nicht zuletzt die Geschichte als Lars auf seine Frage von der Bühne im Nürnberger Kunstverein, ob jemand eine Kopfschmerztablette hätte, unwissentlich eine Valium Pille o.ä. ausgehändigt bekam und dann den Rest des Abends ziemlich gut drauf war. (Tommy)

Why Do I Always Fail To Win

Dieser Song sollte ursprünglich ein stückweit unsere… sagen wir… nicht immer erfolgreiche musikalische Karriere ironisieren. Das war der Plan. Aber wie es dann immer so beim Texten ist, lassen sich die Ideen nicht an die Kette legen. So wurde dann daraus eine stummfilmartige Story über das Scheitern im Allgemeinen. Es gab in unserer Kindheit so einen Typen in der Sesamstraße, dem immer irgendwelche Missgeschicke passierten. An den musste ich dabei denken. Auch hier war das 60ies-mässige schon irgendwie in den Harmonien des Songs angelegt und musste dann nur noch so gespielt werden. Das tolle Klavier stammt von Philipp Sutter –  einem Klaviervirtuosen aus Köln – der unserem erweiterten musikalischen Bekanntenkreis zugehört. (Tommy)

The Good Good

Unsere Eifeltapes aufzunehmen war ein echter Kraftakt gewesen und wir waren alle sehr stolz auf das Ergebnis. Reaktionen gab es dann weniger als bei unseren vorherigen Platten, was uns dann doch (rückwirkend betrachtet) ziemlich verunsichert hat. Als wir dann anfingen Songs für die nächste Platte zu sammeln, wussten wir nicht mehr so recht wo es musikalisch hingehen sollte. In dieser Phase haben wir nur die Songs fertiggestellt, die auch wirklich fertig werden mussten. Wenn ich mich da recht erinnere, waren das unser Remix des Pale-Songs How To Survice Chance, das The Smith-Cover für Björn Sonnenbergs nie erschienenen Sampler (beide auf unserer Outtakes-Platte „etc…“ zu finden) und eben The Good Good für den Lolila 7“ Club (die Single liegt der Limited Edition Vinyl Version bei). Für Dots. musste aber ein neues Arrangement her und wir haben peu a peu alles bis auf den Gesang ersetzt, bis es passte. (Lars)

There Is A Light

Alles begann mit einem Open Tuning. Wenn man sein Leben lang eine in EADGHE gestimmte Gitarre nutzt, bringt ein Open Tuning wieder frischen Wind in die Bude und neue Ideen. Ich habe mir vor ca. 10 Jahren angewöhnt immer eine anders gestimmte Gitarre rumstehen zu haben. Auf dieser entstand das Grundmotiv dieses Songs. Ich hatte eigentlich etwas folkig, akustisches als Endergebnis im Kopf, aber Produzent Lorenz kam mit Assoziationen von MGMT bis Bauhaus und so nahm der Song eine ganz andere Wende. Der Text erinnert an nächtliche Autofahrten als Kind. Ich habe da viele Erinnerungen dran wie man so im Halbschlaf durch die Gegend fuhr und durch die halbgeschlossenen Augen die Lichter der Welt vorbeizogen. (Tommy)

What I Have To

Es war Sonntag, ich hatte Geburtstag und es hat geregnet wie aus Eimern. An solchen Tagen proben die Kurtgrinders, eine halbimaginäre Band die ich mit meinen Kindern habe. Es hat viele Vorteile mit einem Schlagzeuger in einer Wohnung zu leben und als wir einfach so frei drauf losgespielt haben, ist dieses Lied angeflogen gekommen, inklusive Text für den Refrain. Mit unserer Erwachsenenband haben wir dann auch hier einige Arrangements ausprobiert und sind am Ende nah bei Kais Idee: „Das muss einfach so am Küchentisch aufgenommen werden“ geblieben. Ein bisschen böse sind die Kinder schon noch, dass wir ihr Lied einfach weggenommen haben, aber auch ein kleines bisschen stolz. (Lars)

781

Ich weiss nicht wie lange ich diese Melodie und die Idee über einen Bus zu singen schon mit mir rumschleppe. Vielleicht 20 Jahre? Der Song handelt von einem der Busse mit denen wir als Vorstadt-Teenager Freitagabend in die Innenstadt fuhren, wo das Leben interessanter zu sein schien. Lars und ich fuhren meist im 731, unsere coolen Freunde aus Unterbach kamen (u.a. Ex-Schlagzeuger Mark) mit dem 781 in die Stadt. Unser alter Freund Holger machte gerade eine Friseurlehre und hatte erfolgreich neue Haarfarben an sich ausprobiert. Da sprach ihn ein kleiner Junge im 781er an, ob er nicht der Tomatentyp aus der Werbung sei (Es gab damals eine Ketchup-Werbung von Kraft in der ein Tomatentyp auftauchte). Auch diese Geschichte wird hier angerissen. (Tommy)

Vacant Lots

Hier spielte die Gitarre mit dem Open Tuning wieder eine Rolle. Dieses Mal entstand daraus etwas, wo von Anfang an klar war, dass es sich nur in Richtung opulenten 60ies/70ies Rock interpretieren lassen würde. So haben wir dass dann auch gemacht. Die 12-String-Gitarren im Refrain haben wir uns bei Supertramp abgeguckt (sicherlich nicht die coolste Band der Ära, aber eine mit vielen tollen Songs). Für die Harmony Vocals haben wir uns intensiv CSNY und die Pretty Things angehört. Ursprünglich gab es noch einen Teil mehr, aber das Stück hat eh einige Wandlungen durchgemacht bis es dann funktionierte. Die Idee zum Titel Vacant Lots kam von einer Fotoserie meines New Yorker Fotografen Freundes Jörg Lohse. Der hat Baulücken in NY fotografisch festgehalten bevor die Immobilienentwickler zuschlugen. Aber wir besingen hier nicht NY, sondern soziokulturell bedeutsame Orte in Düsseldorf, die zuletzt der Geschäftstüchtigkeit der Immobilienbranche zum Opfer fielen. (Tommy)

Four Slice Toaster

Es kommt nicht oft vor, dass Tommy und ich gemeinsam ein Stück schreiben. Wir hatten das einmal zuvor bei Fear Of Flying auf I Do Birds, aber ansonsten komponiert doch jeder vor sich hin. Dann spielt er es dem anderen vor, der denkt sich Gesangs- und Gitarrenbegleitung aus und dann kommt der Rest der Band dazu. Als wir anfingen Songs für ein neues Album zu sammeln, saßen wir wie so oft in seinem Dachstuhl und haben einfach mal rumgejammt. Das ist eigentlich gar nicht so unser Ding, aber als wir uns die Aufnahmen Wochen später anhörten, dachten wir: „Gut!“. Im Studio haben wir dann dasselbe einfach nochmal gemacht und auf Aufnahme gedrückt. Das Ergebnis gefiel uns auch, aber wie singt man drauf? Jeder von uns hat sich daraufhin was überlegt und magischerweise passte das einfach so zusammen, sogar textlich. Manchmal kann es so einfach sein. (Lars)

Little I Know

In den vielen Jahren Pause gab es immer den diffusen Plan mal irgendwann wieder eine Platte zu machen, auch wenn alle von uns ganz andere Prioritäten hatten. 2016 gabs dann endlich mal wieder die Gelegenheit zu sechst ein langes Wochenende zu verbringen und wir fuhren nach Benkhausen im Sauerland. Anstatt aber Musik zu machen, waren wir viel lieber Spazieren, tranken Bier und spielten Karten. Aber einen Song haben wir dann doch mal gespielt und ihn Monate später auch irgendwann aufgenommen. Immerhin, ein Anfang war gemacht. (Lars)

Dots. gibt es als Doppel Vinyl, Limited Edition Doppel LP mit Singlebeilage, CD und MC via Less Records in Kooperation mit Kocliko Records (Spanien) und Shiny Happy Records (Indonesien). 

Wir haben bei den Aufnahmen zum Album im Düsseldorfer Hedgehog Studio Fotos gemacht, welche wir Euch ebenfalls hier exklusiv zeigen wollen.

Zu den vier bereits vorab veröffentlichten Singles lohnen sich die Videos auf jeden Fall:

Stephanie Said | The Snake Wife | The Good Good | Why Do I Always Fail To Win
Ein weiteres Video zu Licentiousness soll in 2 Wochen folgen.

Aktuell sind Subterfuge zum ersten Mal überhaupt in Vollbesetzung zu sechst auf Tour und nach Aussage der Band „müssten die noch übrig gebliebenen Konzerte sogar wirklich stattfinden“. Drücken wir die Daumen! Wir werden definitiv mal vorbeischauen:

  • Fr, 04.03.22 Düsseldorf – Zakk 
  • Di, 08.03.22 Hersbruck – Kulturbahnhof
  • Mi, 09.03.22 Stuttgart – Cafe Galao
  • Fr, 11.03.22 Berlin – Posh Teckel
  • Sa, 12.03.22 Berlin – Posh Teckel
  • So, 13.03.22 Wuppertal – Die Börse
  • Fr, 18.03.22 Grevenbroich – Kultus

Booking: Amadis

Diskografie

Fabulous (1993)Wolverine Records
Marc (1996)Langstrumpf Records
I Do Birds (2001)Blickpunkt Pop
Fabulous Friends (2003)Supermodern Music
The Legendary Eifel Tapes (2005)Supermodern Music
Etc… (2020)Less Records
Dots. (2022)Less Records

Alle Alben sind erhältlich im Shop von Less Records

Subterfuge-Merch bei indepentees.de

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Von Veröffentlicht am: 03.03.2022Zuletzt bearbeitet: 04.03.20221863 WörterLesedauer 9,6 MinAnsichten: 881Kategorien: News, StreamsSchlagwörter: 0 Kommentare on Eiffel Tower High: Neues Subterfuge-Album „Dots.“ (Track-By-Track & Album Pre-Listening)  
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Über den Autor: Mark Kowarsch

Mark Kowarsch, gebürtig aus Detmold, spielte in den ostwestfälischen Bands Speed Niggs, Sharon Stoned, Tagesschau, Kommando Schwarzer Freitag und Elektrosushi. Seit 2009 veröffentlicht er seine Musik unter dem Namen Tortuga Bar. Er arbeitete als Journalist für die Visions, Intro, Ox und diverse andere Fanzines, gründete mit Klaus Cornfield und Rocco Clein das Likely To Be Dropped DJ-Team, ist bei zahlreichen Veröffentlichungen als Gastmusiker dabei (u.a. The Notwist, Locust Fudge) und komponierte Musik für einige Kinofilme (Avantgarde, Sex, Dogz & Rock'n'Roll) und Hörspiele. Seit 2017 moderiert Mark die monatliche Radiosendung Antikörper auf ByteFM, produziert den RIOT RADIO Podcast und die YouTube-Stream-Tipps-Kolumne TV PARTY TONIGHT.

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