BERICHT: Sumac, Baptists und Endon @ Junkyard Dortmund

BERICHT: Sumac, Baptists und Endon @ Junkyard Dortmund

Die Erwartung des Unerwarteten. So oder ähnlich könnte man umschreiben, auf was sich die BesucherInnen dieses spektakulären Konzertabends einstellen konnten, denn neben Aaron Turners Experimental-Metal Band Sumac gaben sich die kanadischen Crust-Metaller von Baptists und Japans gegenwärtig heißester Noise-Export Endon die Ehre.

An dieser Stelle dann auch mal wieder großes Lob an Shôgun Konzerte aus Dortmund, die mal wieder ein sehr gutes Booking- Händchen bewiesen haben und dieses Package für NRW verhaftet haben.

Sumac gaben sich zum zweiten Mal in Dortmund die Ehre, spielten sie bereits 2016 im FZW, seinerzeit mit Mamiffer im Vorprogramm. Brauchte damals Drummer Nick Yacyshyn vor allem eine Betonplatte vor seiner Bassdrum, die ansonsten wegen seines Punches wegzurutschen drohte, waren es dieses Mal im Junkyard zuallererst Antibiotika. Wie mir Veranstalter Joe berichtete, mussten nämlich Yacyshyn, Brian Cook und Baptists-Sänger Andrew Drury bei Ankunft in Dortmund erstmal ab zum Doc, da es die drei mit Fieber und allem, was dazu gehört, wohl ziemlich schlimm erwischt hatte.

Bei Endon, die den Abend eröffneten, fiel einem dann gleich schon mal die Kinnlade runter. Der Fünfer aus Tokio gilt nicht umsonst als einer der extremsten Acts aus dem Land der aufgehenden Sonne.

Ihr Sound dekonstruiert so ziemlich alle dagewesen Strukturen. Sehr treffend bezeichnen Endon ihren Sound deshalb auch als Catastrophic-Noise-Metal. Neben dem Sänger, der 6 oder 7 unterschiedliche Charaktere in seiner schreienden und grunzenden Kehle zu haben scheint, fasziniert auch die übrige Besetzung von Endon. Außer Drums und Gitarre bedient ein weiterer Musiker ausschließlich ein irres Effektarsenal und wieder ein anderer – mit Gesichtsvermummung – Synthesizer und eine Art selbstgebaute Resonanz-Noise-Gitarre. Der Lärm, eine Permutation aus Metal, Hardcore, Noise, Industrial und Punk, erinnerte mich schon manchmal an Shinya Tsukamatos Cyberpunk- Filmklassiker Tetsuo.

Nach kurzer Umbaupause ging es mit den gut gelaunten Baptists weiter, auf deren äußerst tighten und brachialen Hardcorepunk viele Zuschauer gewartet hatten. Sänger Andrew Drury hielt das Publikum bei Laune und bat um Anfeuerung für Nick Yacyshyn, der erkrankungsbedingt sichtlich geschwächt hinter dem Schlagzeug saß und trotzdem den sakrosankten Baptists- Core nach vorne peitschte. Zwischen Endon und den noch folgenden Sumac wirkten Baptists mit ihrem straighten Sound schon fast irgendwie fehl am Platz, ließen aber auch nochmal ein wenig durchatmen, bevor es mit Sumac dann wieder höchst experimentell werden sollte.

Baptists

Baptists | (c) Jens Boxtermann

Mit der Keiji Haino-Kollaboration und dem letzten aktuellen Studioalbum Love In Shadow ist der Sound von Sumac zunehmend spontaner und unvorhersehbarer geworden, was auch bei ihrer Show im Junkyard spürbar ist.

Sumac vollbringen den Balanceakt zwischen einerseits einem freiheitlichen Ansatz, Dinge auszuprobieren und dabei kollektiv in unbekannte Dimensionen vorzudringen, und andererseits ohrenzerfetzendem Hochpräzisions-Sludge-Metal-Massaker. Kein Wunder, dass sich bei der Show in Berlin und auf dem Roadburn Festival niemand geringeres als Caspar Brötzmann, der wiederum mit seiner Band Massaker Noise-Rock Geschichte geschrieben hat, für einen Special-Set zu Sumac gesellen sollte. Für Turner ist Experimentierfreudigkeit der Ausgangspunkt um Neues entstehen zu lassen und bekanntes Territorium zu verlassen. Mit Brian Cook und Nick Yacyshyn als Weggefährten an seiner Seite synthetisiert er somit nun seit einigen Jahren einen Experimental-Metal, der seiner Zeit weit voraus ist. Die Intensität ihres Zusammenspiels offenbart sich dabei insbesondere live, wenn in improvisierten Passagen Lautstärke, Resonanz, Feedback und Verzerrung zur Dynamik zwischen den drei Musikern werden. Turner, Cook & Yacyshyn betreiben heute Soundverdichtung par excellence, was bei Stücken wie Arcing Silver oder dem abschließenden Image of Control besonders deutlich wird. Letzteres mit absolut oberbrutalem Finale, nachdem wirklich alles gesagt ist. Ein brillanter und überwältigender Auftritt einer der extremsten Bands der Gegenwart.

Sumac

Sumac | (c) Jens Broxtermann

Titelbild: Sumac | (c) Jens Broxtermann

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Von Veröffentlicht am: 25.04.2019Zuletzt bearbeitet: 25.04.2019617 WörterLesedauer 3,2 MinAnsichten: 897Kategorien: EventsSchlagwörter: , , , , , 0 Kommentare on BERICHT: Sumac, Baptists und Endon @ Junkyard Dortmund
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Über den Autor: Jens Broxtermann

"Most of it is crap. In all forms of music. Find the little diamonds here and there in a bunch of shit. That’s how it happens. To me. And that’s how it’s always been. I never thought that there’s a golden era of any type of music. There are just as many crappy bands 30 or 40 years ago as are now." (Buzz Osbourne, (the) Melvins)

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