BERICHT: Ruhrpott Rodeo 2018

BERICHT: Ruhrpott Rodeo 2018

Ein Wochenende im Zeichen des Punkrock. Drei heiße und staubige Tage, die in kalten Nächten endeten, dazu später aber mehr. Beginnen wir mit Freitag, der erste Tag und damit der Startschuss in ein Wochenende, das mir noch einige Tage in den Knochen liegen wird.


Freitag

Wie bei vielen anderen Menschen auch, wird unsere Planung mit Hilfe eines Gruppenchats organisiert. Am Ende steht fest, dass sich die Reisegruppe Köln auf einem Parkplatz einer großen Supermarkt-Kette trifft und von dort aus Richtung Norden, genauer Hünxe in Nordrhein-Westfalen, aufbrechen wird. Die Laune ist großartig und der geplante Ablauf funktioniert reibungslos. Mit 80 km/h fahren wir die knappen 100 km durch und sind bereits um 13.30 Uhr auf den Parkplätzen des Ruhrpott Rodeos angekommen. Der Caravan-Platz ist zu unserem Erstaunen bereits ausverkauft, aber die erste Enttäuschung ist nur von kurzer Dauer. Wir werden der ersten Reihe auf dem ersten Parkplatz zugewiesen und parken unter einem Schattenspendenden Baum.

Ruhrpott Rodeo 2018

Das Festivalgelände, sowie der Zeltplatz sind innerhalb kürzester Zeit zu erreichen und das Schönste daran ist, es herrscht eine entspannende Ruhe. Das erste Bier lässt nicht lange auf sich warten und ist auf dem Weg zu den Kassenhäuschen und während des Wartens in den zum Glück sehr kurzen Schlangen auch schon ausgetrunken. Zurück am Bus wird zunächst ausgeladen, um anschließend das Gepäck der dritten Mitfahrerin auf den Zeltplatz gebracht. So vergehen die nächsten Stunden und die ersten hochkarätigen Bands wie No Fun At All, Cockney Rejects, Richie Ramone und ZSK haben bereits ihr Bestes gegeben. Mit dem Sound kann ich mich noch nicht so richtig anfreunden. Die Schlager-Schunkel-Punkband Eisenpimmel sind die Local-Heroes an diesem Abend, den Humor habe ich noch nie so richtig verstanden, muss ich ja auch nicht, denn genügend andere Menschen tun dies. Also suche ich mir während des Konzert der Duisburger schon mal einen guten Platz für die folgende Band. Dead Kennedys mit Sänger Ron Greer beginnen sofort als der letzte Ton von Eisenpimmel verstummt. Zu meinem Erstaunen ist der Bereich vor der großen Bühne gar nicht so gefüllt und man hat eine Menge Platz. Hat auch etwas Gutes. Die Show ist solide, aber nicht herausragend. Könnte aber dem noch immer vom mir als dumpf empfundenen Sound liegen. Bei Dritte Wahl ist mein Gefühl ein anderes und zum ersten Mal an diesem Tag habe ich den Eindruck, dass jetzt alles stimmt. Die Show ist gut und man spürt, dass die Band ihr Handwerk nach 30 Jahren beherrscht. Hit um Hit wird zelebriert, Konfettiregen im Überschuss. Wer es braucht. Inzwischen ist schon einiges an verschiedenen Flüssigkeiten die Kehle heruntergeflossen und auf der kleinen Bühne spielen GBH als vorletzte Band des Abends. Es ist inzwischen ziemlich kalt und Pennywise dürfen als letzte Band das Publikum in die Nacht verabschieden. Mein persönliches Highlight an diesem Freitag. Eine unterhaltsame Punkrock-Show, die sehr viel Spaß macht und den Staub durch die Luft wehen lässt. Das Lied „Bro Hymn“ setzt den Haken hinter den Abend und auch eine Stunde nachdem Pennywise die Bühne verlassen haben, wird das Lied vom Festivalgelände noch Richtung Zeltplatz und Parkplatz geweht. Ein guter Moment um einzuschlafen.

Ruhrpott Rodeo 2018

Samstag

Gut geschlafen ist die halbe Miete auf einem Festival. Die kalte Nacht wurde durch eine schon früh auf die Haut brennende Morgensonne ersetzt und das war erst der Vorgeschmack auf die folgenden Stunden, in denen wir nicht nur einmal den Platz wechseln mussten. Schattenparker wäre vielleicht der richtige Begriff dafür. Ein gut gefüllter Frühstückstisch als Zeichen der eigenen Dekadenz. Nun ja, vom Älterwerden können auch wir uns wohl nicht freimachen. Nach einigen veganen und vegetarischen Köstlichkeiten, wie zum Beispiel Kartoffelbrei und Baked Beans, folgte das erste Bier, der erste und der zweite Gin Tonic (Danke an den Nachbarn aus Iserlohn mit ihrem fabelhaften Eiswürfelfach <3 ) und weitere Durstlöscher. Bei der Hitze soll man viel trinken, hat Mutti immer gesagt. Während unserer achtstündigen Schatten-Bus-Session spielten bereits die ersten Band des Tages ihre Sets runter, wie wir aus entspannter Ferne hören konnten. Turbostaat hatten leider ihren Auftritt abgesagt und so bewegten wir uns, nach einem zwischenzeitlichen Nachmittags-Power-Nap, an diesem Samstag zum ersten Mal Richtung Festivalgelände. Schmeisig der Turbostaat-Ersatz spielten gerade ihre Musik zum Biertrinken. Straight outta Ehrenfeld coverten sie Song um Song und unterhielten damit einige Zuschauer*innen. Ein bisschen wie abwechslungsreiches Punkrock Radio nur eben live. Nachdem Discharge auf der kleinen Bühne ihre Akkus völlig entladen hatten, war die Zeit reif für Sick Of It All aus New York City. Ein echtes Highlight an diesem Wochenende, zumindest für mich, mit einer großen Palette an Hardcore-Hits, wie sie vermutlich kaum eine zweite Band aufweisen kann. Sick Of It All können eine so große Band problemlos ausfüllen, dennoch gehört diese Band für mich in dunkle Clubs und nicht auf eine Festivalbühne bei Sonnenschein. Auch der Sound war wiedermal zu leise oder aber ich werde langsam taub. Anschließend nochmal zurück auf Anfang und gemütlich machen, während viele andere zu und mit Sondaschule feiern. War noch nie meins, wird es auch an diesem Wochenende nicht. Während Toy Dolls wird der portable Kassettenrekorder mal pausiert und der Musik der Fun-Punk Ikonen gelauscht. Hätte man sich auf jeden Fall auch vor der Bühne anschauen können, aber wir probieren es lieber weiterhin mit Gemütlichkeit und leckerem Bier. Der Abend verändert sich auch nicht mehr. Lokalmatadore und Wizo werden von Punch und Tackleberry in Tape-Version überstimmt und wieder steht uns eine eiskalte Nacht bevor, die uns am Ende gegen 4 Uhr am Morgen doch besiegt. Der bzw. die Kältere gewinnt.

Ruhrpott Rodeo 2018

Sonntag

Zweite Nacht, kalte Füße und weniger Schlaf. Das Frühstück fällt auch etwas kleiner aus und Bier fließt an diesem Sonntag auch etwas weniger. Das Einzige was an diesem Morgen im Stile von „und täglich grüßt das Murmeltier“ ist, ist die Hitze. Gefühlt hilft da auch keine Sonnencreme mehr. Auf der großen Rodeo Stage eröffnet Liedermacher Götz Widmann den letzten Festivaltag. Bier trinken hilft da auch nicht mehr so wirklich, also doch nochmal auf den guten alten Kassettenrekorder zurückgreifen. Kurz vor Ende des Liedermachers machen wir uns gut eingecremt auf den Weg zu Knochenfabrik. Für uns beginnt der letzte Festivaltag genau jetzt. Die Deutschpunk-Band aus Köln Porz, um Sänger Claus Lüer, wirkt dieses Jahr fast nüchtern, was man schon als Seltenheit bezeichnen könnte. Am Schlagzeug sitzt Alex Schwers und ersetzt somit den unpässlichen Achim an den Trommeln. Grandiose Show, Knochenfabrik eben. Wer diese Band verpasst hat oder sogar noch nie was davon gehört hat, sollte sich dringlichst in Sachen Punkrock weiterbilden. Neben Klassikern wie „Grüne Haare“ und „Filmriss“ spielte das Trio noch als krönenden Abschluss die Ode an FC Köln Kult-Torwart Harald „Toni“ Schumacher. Ein echter Rausschmeißer. Danach wieder einige Stunden Schatten und aufräumen, Nachbarn beim Zeltabbau beobachten (Wurfzelte sind tückisch ;-) ) und auf die folgenden Konzerte freuen. Um 18.30 Uhr pünktlich wie sowieso alle Bands an diesem Wochenende, betreten The Baboon Show aus Schweden die Bühne. Die Kapelle ist schon seit einiger Zeit mehr als nur ein Geheimtipp und wissen auch an diesem Tag zu überzeugen. Herrlich diese Band. Die nächste Band auf der großen Bühne und ein weiteres Highlight. Die Antilopen Gang, die zu viel Rap für Punk und zu viel Punk für Rap verkörpern, mit guter Laune, ausgewogenen Rap und Punk Parts, absurden Sprüchen und mit Cecilia (The Baboon Show) und Claus (Kochenfabrik) zwei Gastmusiker*innen, die dem Konzert mit ihren Darbietungen eine besondere Note verleihen konnten. Nachdem Anti-Flag nicht so wirklich überzeugen konnten, gaben Pascow als drittletzte Band des Festivals alles. Es war ein Fest und es ist schön zu wissen, dass es in absehbarer Zeit auch neues Material der Saarländer geben wird. Der Rest des Abends war pure Ekstase Feine Sahne Fischfilet und Bad Manners bescherten dem Ruhrpott Rodeo einen gebührenden Abschluss. Für uns hieß es ab in den Bus. Der Rest ist Geschichte und die Wunden, die nach dem Festival blieben, sind noch lange nicht verheilt. Doch das ist eine andere Geschichte.

Ruhrpott Rodeo 2018

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Über den Autor: Paul Schall

Hat sich nach elfJahren an Köln gewöhnt, ist aber noch immer nicht 100% davon überzeugt. Mag gerne Pizza, Pasta und Punkrock, ist aber auch anderen veganen Spezialitäten und anderen Musikgenres nicht abgeneigt. Ist außerdem Fußballfan und ständig von vielem angepisst.

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