Spurv – Myra

Spurv – Myra

Mit Myra legt das norwegische Musikerkollektiv von Spurv (dt. Spatz) ihr drittes Album vor und setzt damit die Messlatte in Sachen Post-Rock für dieses Jahr ganz weit nach oben.

Vö: 01.06.2018 Fysisk Format iTunes LP kaufen

Drei Jahre sind seit der Veröffentlichung des letzten Albums Skarntyde vergangen, in denen Spurv scheinbar über sich hinaus gewachsen sind und mit Beteiligung so illustrer Gastmusiker wie z.B. Tore Ylvisaker und Ole Aleksander Halstengård von Ulver sowie Kari Rønnekleiv und Ole-Henrik Moe (Sheriffs of Nothingness) ein Album produziert haben, welches durchaus als Meisterwerk bezeichnen werden darf.

Bereits im Vorfeld der Veröffentlichung sprach die Band davon, dass man im Vergleich zum Vorgänger einen „großen Schritt“ gemacht habe und in der Tat wurde bei den Aufnahmen zu Myra nicht gekleckert, sondern geklotzt.

Produktions- und soundtechnisch ist Myra ein absoluter Genuss. Das Album drückt, schiebt, öffnet Flächen und Räume und besitzt dabei eine klangtechnische Dynamik, die den Hörer direkt ab Einsetzen des Schlagzeugs im ersten Song Ok ny skog bæres frem derart gefangen nimmt, dass man vor Ehrfurcht erstarrt. Nur wenige Augenblicke später, wenn der absolut mächtige Bass-Sound hinzu kommt, darf man sich gewiss sein, dass man im weiteren Verlauf des Albums Großartiges erwarten kann. Was Martin Bowitz (Cold Mailman) und Magnus Lindberg (Cult of Luna) hier soundtechnisch geleistet haben, darf ohne Zweifel zu den besten Produktionen des Genres gezählt werden.

Bei den Songs und Arrangements des neuen Albums fällt einem direkt beim ersten Hördurchgang auf, dass hier jeder Song bis in Detail ausgefeilt und die Titelzusammenstellung perfekt aufeinander abgestimmt wurde.

Die Kompositionen sind gegenüber Skarntyde ein wenig kürzer ausgefallen, was zudem den Eindruck erweckt, dass man sich hier wirklich auf das Wesentliche beschränken wollte, was auch wirklich gelungen ist, denn die sonst schon mal dem Genre innewohnende Langatmigkeit wird man auf Myra nicht finden.

Das Album beginnt mit einem kurzen Intro, dem Einstieg in den Naturkreislauf, wie sich später gegen Ende von Myra noch heraus stellen wird. Ok ny skog bæres frem mit dem eben erwähnten fulminanten Rhythmusfundament durchbricht die Ruhe mit epochalen Riffwänden, die vom spannungsgeladen Bläsereinsatz einleitet werden. Berge tun sich auf, bevor die breitflächigen Gitarren- und Streicherflächen den Hörer in die große und weite Post-Rock-Klanglandschaft blicken lassen. Der temporeiche Einstieg wird im folgenden Track Fra Dypet under stenen mittels melodisch-hymnischen Post-Rock-Bombast fortgeführt und Spurv scheuen sich nicht davor, diesen mitunter in geballten Noise-Crescendo zu überführen, ohne dabei aber das Thema des Songs aus den Augen zu verlieren und die nächste Wendung anzusteuern. Die Post-Rock Formel, dass Wiederholungen Druck erzeugen, ist hierbei natürlich auch nicht zu kurz gekommen, doch sind die Arrangements derart durchdacht, dass fortwährend mit Nuancen gespielt werden, die einem bei jedem weiteren Hören zunehmend offenbar werden.

Die Mitte des Albums wirkt nach dem fulminanten Auftakt ruhiger gestaltet und hat dabei schon manchmal leicht kammermusikalischen Charakter.

Hviler Bekkenes Sang legt den Schwerpunkt auf Piano- und Streichersounds, umwoben von schweren Synthflächen, Et Blekt Lys Lyder ist eine anrührende, majestätische Melodienhymne mit wundervollen Gitarren- und Streichermustern, Fra Myrtempelet kommt mit Sunn O)))-schen Gitarrenwänden daher, Den Gamles Stemme Brister ist eine epische Intrumental-Prozession. Mit Allting Får Sin Ende, Også Natten kommt Myra schließlich zu einem gewaltigen Ende und das dem langsamen Klavierintro zugespielte Voiceover des Philosophen Martin Heidegger bestätigt, dass es auf Myra also um den großen Kreislauf des Lebens gehen soll. Der Song bricht danach mit einer wuchtigen Eruption auf und kippt in energiegeladenen Post-Metal. Spurv ziehen hier nochmal alle Register ihrer kompletten Formation. Ein erhabenes Finale, das bis zum abschließenden Crescendo ausgekostet wird. Hervorragend.

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Von Veröffentlicht am: 02.06.2018Zuletzt bearbeitet: 17.10.2019627 WörterLesedauer 3,1 MinAnsichten: 784Kategorien: Alben, KritikenSchlagwörter: , , 0 Kommentare on Spurv – Myra
Von |Veröffentlicht am: 02.06.2018|Zuletzt bearbeitet: 17.10.2019|627 Wörter|Lesedauer 3,1 Min|Ansichten: 784|Kategorien: Alben, Kritiken|Schlagwörter: , , |0 Kommentare on Spurv – Myra|

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Über den Autor: Jens Broxtermann

"Most of it is crap. In all forms of music. Find the little diamonds here and there in a bunch of shit. That’s how it happens. To me. And that’s how it’s always been. I never thought that there’s a golden era of any type of music. There are just as many crappy bands 30 or 40 years ago as are now." (Buzz Osbourne, (the) Melvins)

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