Rage against the Machine – Rage against the Machine [KLASSIKER-Review]

Rage against the Machine – Rage against the Machine [KLASSIKER-Review]

Auf den Tag genau 26 Jahre ist es her. Am 23. Oktober 1991 hatten Rage against the Machine ihren ersten Auftritt.

LP kaufen Vö: 03.11.1992 Epic Records

Ein neues Kapitel wurde spätestens mit der Veröffentlichung ihres selbst betitelten Debüts am 3. November 1992 aufgeschlagen. Und ihre Musik und ihre Texte sind aktueller denn je, die Wirkung ihres Debüts bleibt unverändert intensiv: Viele werden das Video des YouTube-Kanals „YouYouYou!!!Artist Album Marathons“, das in den letzten Tagen die Runde machte, gesehen und gedacht haben: Genauso ging es mir!

Platte an, Licht aus, here we go: Eine treibendes Bass-Gitarren-Riff mäandert aus den Boxen, ein Beben kündigt sich an, was dann aber kommt, tritt einen schlicht aus dem Sessel: BOOM!

Bombtrack legt los, macht keine Gefangenen, funkt, powert, smasht durch jede Mauer, jeden Widerstand. Die Drums spitz und knallend wie eine Salve antikapitalistischer Freiheitsgewehre, der Bass zwischen Funk und Wahnsinn verweilend, die Gitarre mal bluesig, mal schreiend und die manisch predigende, kurz vor dem Kippen bleibende Stimme machen aus Bombtrack einen Cocktail, dem man sich kaum entziehen, geschweige denn bei dem man still sitzen kann.

So episch Killing in the Name, so sperrig die Songstruktur und die Tempowechsel. Ein stetes Aufschwingen, Abbremsen, Wegtreten und Einfangen, Atemholen und Lospoltern, das aber selbst in den langsamen, sich lyrisch fast komplett wiederholenden Strophen brachial bleibt. Die bitterbösen Schreie Zach de la Rochas – Don’t you die unjustified – rufen zur nächsten Revolution aus. Vom wahnsinnigen Gitarrensolo Tom Morellos geht es über in den epischsten Breakdown der Rockgeschichte. Und dann Ausrasten. Kein Halten mehr. Wer jetzt nicht springt, braucht Jazz.

Take the Power back schlägt nicht nur ähnlich revolutionäre Töne an, sondern hat noch eine ganz besondere Ehre inne. Der Song wird von Ton-Ingenieuren und Live-Mischern weltweit als einer DER Referenztracks zum Einmessen von PAs und Anlagen genutzt. Fragt man einschlägigen Foren nach, ist die ganze Platte, dieser Song aber insbesondere, ein Musterbeispiel für Musikalität, Dynamik, Klangqualität und glasklarer Produktion.

Settle for Nothing hält kurz inne, ist aber nicht mit den Zeilen „If we don’t take action now We settle for nothing later“ nicht weniger mahnend und eindringlich als seine drei Vorgänger. Bullet the Head gibt sich in der ersten Hälfte verspielt und funky, um dann nach Strophe Zwei in einen ähnlich ausrastenden B-Teil auszubrechen, der auch wirklich den letzten auf die Beine zieht, mitwippen, -springen und -schreien lässt. Wie sehr es Rage schaffen ihre (Pardon!) Rage auf den Hörer zu übertragen, sich in die tiefste Ecke des entspanntesten Zen-Meisters zum bohren, dass selbst der mal kurz seinen Grüntee abstellen muss, um seine Räucherstäbchen zu Staub zu treten, das ist unerreicht.

Know Your Enemy ist fröhlicher. Zach zitiert sich selbst, zerrt Tools Maynard James Keenan für einen kurzen Gastschrei vors Mikro, um den amerikanischen Traum am Ende zu Staub zu zertreten…

Wake Up ist für mich persönlich der erste echte Berührungspunkt mit RATM gewesen. Im Erscheinungsjahr 1992 war ich mit 9 Jahren zwar wütend, aber nicht jugendlich genug. Ganz anders 1999. The Matrix. Wenig ahnend saß man im Kino und fühlte sich zunehmend revolutionär und „aufgeweckt“. Die letzte Klappe fällt, Neo hat (spoiler alert!) seinen Superman-Moment und dieser Song spielt. Perfekt hat er die Stimmung dieses düsteren Meisterwerks eingefangen.

Fistful of Steel, Township Rebellion und Freedom fallen bei der geballten Songenergie der vorherigen sieben oft etwas hinten runter. Zu Unrecht. Fistfulof Steel zeigt die Premiere des Tom Morello Scratch Gitarren-Solos, Township Rebellion bietet Killing in the Name die Stirn, was plötzliche Tempowechsel betrifft, und Freedom ist in seiner Dynamik, seinem Innehalten und Ausbrechen (nicht zu vergessen der Cowbell-Moment) ein absoluter Brecher.

So ist man nach diesen 10 Meisterwerken zerrissen: zu erschöpft, um noch mal durchzuhören und zu aufgewühlt um aufzuhören. Man ist wütend und voller Aggression, reckt die Fäuste, möchte Steine schmeißen und Regierungen stürzen, fühlt sich verstanden und abgeholt in seinem Frust über das System und genauso überfahren und erlegt, das unbändige Echo von Rage Against The Machine noch tagelang nach wirkend. Danke Zach, Tom, Tim und Brad.

Tracklisting:
01. Bombtrack
02. Killing In The Name
03. Take The Power Back
04. Settle For Nothing
05. Bullet In The Head
06. Know Your Enemy
07. Wake Up
08. Fistful Of Steel
09. Township Rebellion
10. Freedom

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Von Veröffentlicht am: 23.10.2017Zuletzt bearbeitet: 15.03.2020727 WörterLesedauer 3,6 MinAnsichten: 1109Kategorien: Klassiker, KritikenSchlagwörter: , , 0 Kommentare on Rage against the Machine – Rage against the Machine [KLASSIKER-Review]
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Über den Autor: Julian Schmauch

Dozent für Musikproduktion an der Deutschen Pop und der EMS in Berlin. Autor bei BackstagePro, Bonedo und Reverb. Spielt bei Chaos Commute. Remixer, Songwriter und Sounddesigner.

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