Pole – Wald

Pole – Wald

Der Wald als Befreiung. Acht Jahre nach „Steingarten“ veröffentlicht Pole einen neuen Longplayer, mit dem der Berliner sowohl einen Pfad durch den Wald zu den stets immanenten Urban-Dub-Wurzeln beschreitet, als auch den Verästelungen des eigenen Œuvres am Wegesrand traut. Das Warten hat sich gelohnt.

Spaziergänge im Wald standen am Anfang. Nach dem Ende einer beachtlichen Ära (1999-2010) mit seinem Label „~scape“, wollte sich Stefan Betke aka Pole unbedingt wieder verstärkt dem persönlichen musikalischen Schaffen zuwenden. Da stand unglücklicherweise die eigene Schmiede, bei der in der Historie bekannte Größen des elektronischen Bereichs wie Burnt Friedman, Jan Jelinek, Deadbeat und Andrew Pekler ihre Heimat gefunden hatten, im Wege. Erschwerend hinzu kam, dass die Vertriebswege nicht mehr den Erwartungen entsprachen. Die Konsequenz: Gründer Betke und Barbara Preisinger stampften das Label ein. „Ich bin nach ‚Steingarten’ zwei Jahre lang auf Tour gewesen. Im gleichen Zeitraum haben Barbara Preisinger und ich unsere Plattenfirma eingestellt. Beides waren hindernde Umstände, die einen kreativen Neuanfang nicht wirklich begünstigten.“

Erst einmal war das ernüchternd für alle Freunde anspruchsvoller Electronica. Jedoch hatte das Ganze genau die angenehmen Nebenwirkungen, die sich die Macher selbst davon versprochen hatten. Preisinger brachte fortan überzeugende Vinyl-only-Releases über „Slices Of Life“ an den Start und Betke kam mit erfrischenden neuen Tracks zurück, die er seitdem über sein neues Label „pole“ veröffentlichte. Vorausgegangen waren ausgiebige Spaziergänge durch das Isartal und durch Wälder in den Alpen. Nur auf Eingebungen zu warten, war aber nicht Betkes Devise: „Man muss mit Offenheit und mit Antennen durch das Leben gehen. Wenn einem dann etwas auffällt und inspiriert, mit Musik zu beginnen, dann wird das seinen Grund haben — Grund genug auf alle Fälle, um einer solchen Inspiration zu folgen.“ Nach diesem Aufspüren entstanden die ersten „Waldgeschichten“, EP’s, veröffentlicht in den Jahren 2011 und 2012. Doch es war noch nicht alles gesagt über Pflanzenformationen und insbesondere über deren Bedeutung für Betke selbst.

Als gelernter Toningenieur und Betreiber seines eigenen Mastering-Studios stellt Betke hohe Ansprüche an sich selbst und wird ihnen mit „Wald“ auch künstlerisch gerecht, da er fernab aller technischen Perfektionierung, das spielerische Element inklusive einer gewissen Gelassenheit wieder gefunden hat. Dabei besinnt er sich zurück auf alte Stärken. Die filigrane Art und teilweise auch die gekonnt flächige Kunst seiner frühen Tracks findet sich in den neuen Arrangements wieder. Gepaart mit der Direktheit seiner Produktionen für das Mute-Label bilden die neuen Stücke eine Allianz, die so natürlich verwachsen daher kommt, wie es der Flora entspricht.

Das Cover-Artwork spricht bei Pole zudem Bände: Erst Farben. Gefolgt von schemenhaften Konturen eines DJs. Ein Märchenschloss. Nun der Wald. So etwas wie der Weg von der Emotion über die abstrakte Auslotung von DJism und HipHop, gefolgt von einem prachtvollem Gewand bis zum momentanen Aufspüren früher Tugenden. Anders gesagt: Wo sein ehemaliger Labelmate Jan Jelinek den Wald nutzte, um mit „Kosmischer Pitch“ den Krautrock auf seine ihm eigene Art zu reflektieren, zerlegt Pole denselben in seine Einzelteile, um sich durch die Natur und in ihr wiederzufinden.

Pole auf Soundcloud


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Von Veröffentlicht am: 14.09.2015Zuletzt bearbeitet: 01.02.2019525 WörterLesedauer 2,6 MinAnsichten: 836Kategorien: Alben, KritikenSchlagwörter: , , , , 0 Kommentare on Pole – Wald
Von |Veröffentlicht am: 14.09.2015|Zuletzt bearbeitet: 01.02.2019|525 Wörter|Lesedauer 2,6 Min|Ansichten: 836|Kategorien: Alben, Kritiken|Schlagwörter: , , , , |0 Kommentare on Pole – Wald|

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Über den Autor: Marc Michael Mays

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  1. Marc Michael Mays 14.09.2015 at 19:50 - Reply

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