KRITIK: Noesy – Spin
Es soweit: Doppel-20 scheint wie geplant in Kürze zu enden und 2021 schultert ähnlich viele Erwartungen auf ein Happy End wie der Tropus des Final Girl in Horrorfilmen.
Daher kommt nun das seit 2017 in Berlin bestehende Quartett Noesy samt langspielendem Debütalbum Spin, um potentiell den Kreis zu schließen. Ich konnte das Album vorab hören und schildere hier ob es Schleudertraumen gab.
Noesy lässt sich mit Spin generell im Genre Slowcore verzeichnen und beansprucht, sicherlich auch inspiriert von folgenden, einen Platz im Umfeld von Gruppen wie Red House Painters, Low und Codeine.
Textlich und Thematisch kreiselt es sich auf Spin generell ins Innere. Mit lila Scheinwerfern werden wird beleuchtet was sich in uns selbst versteckt. Entdeckungen findet man am besten so wie man das Album hört: Jede:r für sich.
Oft findet sich in Spin und seiner Stücke stilistisch eine Art „Katharsis“. Die Beschreibung unseres alten Bekannten Aristoteles dafür als: „die seelische Reinigung als Wirkung der antiken Tragödie“ übertragen Noesy geschickt ins Medium ihrer Musik.
Als Titel Nr. 2 sticht Roads unverzüglich bemerkenswert heraus und lässt hören was passiert, wenn bei Noesy alle Zahnräder ineinandergreifen: Hier werden Instrumental-Fäden zu dichtem und zugleich feinstem Tuch gewebt. Das Zusammenspiel der Gitarren und die geradezu heimsuchende Gesangsmelodie, die zum Schluss mit einer zweiten Stimme harmoniert, rennt die Distanz dorthin wo gefühlt wird in Rekordzeit.
„Can you hear me out – I was built up by your thoughts,
(are) just a stream of words and signs – the reflection of your mind”
Yellowed erzählt fernab von sieben Zwergen und der Frage nach der schönsten im Land von einem modernen Dialog mit dem „Spieglein an der Wand“. Die thematisch gewichtige Unterredung des Sängers mit seinem Gegenbild wird mal sanft musikalisch Gespiegelt, mal kraftvoll reflektiert. Kein Kindermärchen aber Fabelhaft!
„Mirror Mirror – you won’t get away,
with theese suicidal dreams”
Gerngesehen dreht Pause zeitig auch mal zügigere Kreise. Mit drückenden 8-tel Noten auf dem Bass wird hier jedem Zweifel erhaben, das Noesy in keiner Weiße an Langsamkeit gebunden ist um die Validität ihres Ansatzes zu Beweisen.
„Will this come to an end,
or can I just press pause”
Vorzuwerfen hat sich die Gruppe weniges. Auch technisch ist alles mindestens gut abgemischt. Spin hüllt sich in einen leichten Mantel aus Lo-Fi, ohne dass dieser rein zweckmäßig wird oder gar musikalisch die Knöpfe zumacht. Es gelingt vielleicht noch nicht immer in Gänze die weitläufigen Hallen, die Spin baut ganz zu füllen. Eine ansehnliche Leistung in Statik ziehe ich persönlich, aber einsturzgefährdeten Schmuckbauten vor.
Spin trieft mit Gefühlen und Stimmung tief wie die Flure, und durch scheinbar alle Zimmer in Hilberts Hotel. Über 8 Stücke und rund 50 Minuten geht es auf einen Tauchgang ins Selbst auf dem man bei aller Tiefe nie ganz im Dunkeln steht.
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