Koko – Koko
Die fünf Wahlwiener von KOKO haben sich auf ihrem selbstbetitelten Debütalbum ein ambitioniertes Projekt vorgenommen: alle Genres der elektronischen Populärmusik der letzten Jahrzehnte unter einen Hut zu bringen.
Zumindest beinahe alle. Aber besagter Hut muss nichtsdestotrotz eine große Schirmkragenmütze sein. Geboten wird ein eklektischer Stilmix aus allen möglichen verschiedenen Ideen wie Rockmusik zu klingen hat und multikausalen elektronischen Vibes, überwiegend aus dem Trip Hop und Downbeat-Bereich entliehen. Als wäre das noch nicht genug, gibt es überdies Saxofon Arrangements und Funkbeats, die an beschwingende Big Bands erinnern. Hört sich kompliziert und voller Schubladisierung an, also um es einfacher zu sagen: KOKO sind eine der interessantesten Bands, die die Subkultur in letzter Zeit hervorgebracht hat.
Nach dem als Prolog funktionierendem Opener folgt mit „Blame“ zugleich eine spannende Darbietung, wie man elektronische Beats, traurige Pianomelodien und locker wirkende Instrumentalparts zu einer vermutlich religionskritischen Komposition vereinen kann, über der trotzdem (oder gerade deswegen?) der sakrale Gesang des Sängers thront.
Die Experimentierfreudigkeit von KOKO hält sich weiterhin nicht in Grenzen. So wechseln sich im nächsten Song Gitarren- und Perkussionslastige Progressive Rock-Parts, die auch aus den Siebzigern sein könnten, mit Disco Pop Elementen inklusive Elvis Gesang des Schlagzeugers, der ebenfalls aus den Hallen der Siebzigern sein könnte, ab. Eine gewagte Mischung, die trotz fehlendem Finale nach geraumer Zeit mehr und mehr zu gefallen weiß.
In „Velvet“ gibt es neben gelungener Jam-Atmosphäre auch die Möglichkeit, sich von den vokalen Fähigkeiten aller anderen Bandmitglieder zu überzeugen. Die Überzeugungsarbeit gelingt nur stellenweise, Mut zum Minimalismus hätte dem Song wohl zur vollendeten Entfaltung verholfen.
Vieles besser macht dann die Single „Salsa“: die vielfältigen Ideen und Einflüsse aller Bandmitglieder scheinen sich wieder mühelos zu bündeln. Funkige Basslines, ausgeklügelte Synthesizer-Sounds, die rundum überzeugendste Gesangsleistung am Album und eine Saxofon-Hook, die in den Gehörgängen brutal die Rolle des Dauergastes an sich reißt, skandieren: Airplay!
Radiotauglichkeit und musikalischer Anspruch haben sich selten schöner verient. Verschiedene Radiosender des deutschsprachigen Raums, die sich gerne als alternativ bezeichnen, sollten KOKO in Zukunft öfter den Vortritt gegenüber Bilderbuch und Wanda lassen, wenn es denn ein österreichischer Beitrag sein soll. Authenzität gibt es obendrauf. Ein Vorteil für alle Beteiligten also!
Im abschließenden, graziös betitelten „Wabbel“ wird noch einmal die gesamte Bandbreite an musikalischer Fähigkeit kredenzt und quasi im Vorbeigehen der Härtegrad in neue Höhen geschraubt. Für jeden was dabei also. Was durchaus positiv auch für das gesamte Album gelten kann.
Hin und wieder dürfte man sich trotz beeindruckender Umsetzung des Ideenüberschusses tendenziell mehr vom altbekannten Credo „Weniger ist mehr“ beeinflussen lassen. Eine weitere Option wäre es, die wunderbar charismatische Stimme des primären Sängers im Vergleich zu den anderen Stimmen öfter zu verwenden, um so zu bündeln. Die Stimme als übergeordnete Kohäsion sozusagen, so wie es bei vielen Größen des experimentellen Rockbereichs mit außergewöhnlichen Sängern funktioniert (z.B.: The Mars Volta, Tool, …). Bis der letzte Aufholschritt in Richtung solch lobenswerter Vorbilder gelingt, kann man sich jedoch entspannt von KOKO überfluten lassen, etliche Albumdurchläufe zelebrieren und immer Neues entdecken. Es kann nur eine Frage der Zeit sein, bis ein Label anklopft.
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