Dustin O‘Halloran im Interview

Dustin O‘Halloran im Interview

Am 11. Juni 2021 veröffentlicht Dustin O’Halloran mit Silfur sein erstes volles Album bei Deutsche Grammophon. Wir hatten die Möglichkeit, ihm ein paar Fragen zu stellen. Lest hier, wie er an seine Kompositionen herangeht, wie er in der Pandemie arbeitet und wie es ist, ein Album bei Deutsche Grammophon zu veröffentlichen.

Dustin O’Halloran ist den meisten Menschen ein Begriff, die sich mit Neoklassik, Ambient und Filmmusik befassen. Zusammen mit Adam Wiltzie hat er unter dem Namen A Winged Victory for the Sullen nunmehr fünf Alben veröffentlicht, war als Solokünstler aktiv und war für seine Zusammenarbeit mit Hauschka für den Film Ammonite kürzlich sogar für zahlreiche Awards nominiert. Nachdem er lange Zeit in Berlin gelebt hat, lebt er nun in Los Angeles und Rejkavik.

Zunächst einmal vielen Dank, dass Du Dir die Zeit genommen hast, ein paar Fragen zu beantworten und herzlichen Glückwunsch zu Silfur – ich kann es kaum erwarten, das Vinyl in die Hände zu bekommen! Ich habe ein paar Fragen zu Deinem Kompositionsprozess und deiner aktuellen Situation als Musiker in der Pandemie vorbereitet. Fangen wir also mit dieser an: Wo bist Du jetzt und hattest Du schon die Gelegenheit, Silfur selbst auf Vinyl zu hören?

Im Moment bin ich in Island und habe gerade das Vinyl bekommen. Ich bin sehr zufrieden mit dem Sound und wir haben uns beim Mischen und Mastern der Platte sehr viel Mühe gegeben. Sie wurde analog gemischt und für Vinyl direkt von den Bändern gemastert. Francesco Donadello, mein langjähriger Tontechniker und Mitarbeiter, hat das Album aufgenommen und gemischt, und er hat einen tollen Job gemacht.

Neben zwei neuen Kompositionen finden sich auf Silfur hauptsächlich Werke aus Deinen vergangenen Solo-Veröffentlichungen. Wie hast Du die Stücke ausgewählt, die auf Silfur zu hören sind?

Es war schwer, eine Auswahl zu treffen, aber ich habe versucht, Stücke zu finden, die mich über die Jahre immer noch ansprechen, oder solche, von denen ich das Gefühl hatte, dass ich sie besser aufnehmen und ihnen eine endgültige Version geben könnte. Ich bin immer auf der Suche nach den Momenten, die zeitlos bleiben können, und hoffentlich habe ich diese ausgewählt!

Silfur ist Deine erste vollständige Veröffentlichung bei Deutsche Grammophon – wie fühlt es sich an, Teil einer so großen Ansammlung von weltweit bekannten und innovativen Künstler:innen zu sein?

Es ist eine große Ehre, und um ehrlich zu sein, hätte ich nie gedacht, dass ich einmal bei einem so großen Klassik-Label sein würde. Ich war immer auf Independet Labels und an diesem Ort zwischen Klassik, Elektronik und Indie. Aber ich finde es großartig, dass sie [Deutsche Grammophon] eine ganz neue Generation von lebenden Künstlern und Komponisten unterstützen. Die Großen wird es immer geben und natürlich sind sie Säulen der Musik für uns alle.

Video: Dustin O‘HalloranOpus 18 (performed at Fríkirkjan, Reykjavík)

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Da das Klavier offensichtlich das wichtigste Instrument des Albums ist, würden wir gerne ein bisschen mehr darüber erfahren, wie Du Deine Musik komponierst. Arbeitest Du mit einem Klavier oder einer DAW [Logic, ProTools, etc.] oder beidem? Und wie wirkt sich die Wahl auf Deinen Kompositionsprozess aus?

Ich arbeite immer alleine am Klavier und benutze keine DAW, bis es Zeit für die Aufnahme ist. Wenn ich schreibe, stütze ich mich rein auf die Erinnerung; wenn mir ein Stück im Gedächtnis bleibt, dann ist es normalerweise wert, es zu behalten. Ich glaube, das ist einer der wenigen Bereiche in meinem Leben, in dem ich nicht das Bedürfnis habe, Technologie einzusetzen. 

Wie hat sich die Pandemie auf Deinen Kompositionsprozess ausgewirkt? Siehst Du es als eine Möglichkeit, sich auf Solowerke oder Solokomposition zu konzentrieren? Und: Wie sehr vermisst Du die Zusammenarbeit?

Es war interessant, denn irgendwie fühlte es sich bei allem, was in der Welt passiert, und all den Nöten, mit denen die Menschen konfrontiert waren, fast nachlässig an, zu komponieren. In diesem Sinne bin ich dankbar, dass ich zu meiner frühen Arbeit zurückkehren und sie verfeinern konnte und diese Zeit auf diese Weise nutzen konnte. Selbst in der Einsamkeit der Quarantäne lag eine starke Spannung in der Luft, die schwer zu ignorieren war.

Es waren viele Jahre der Zusammenarbeit, besonders mit meinem anderen Projekt mit Adam Wiltzie, A Winged Victory For The Sullen. Letztes Jahr haben wir unsere Platte The Undivided Five veröffentlicht, und dieses Jahr haben wir eine Filmmusik für ein Theaterstück namens Invisible Cities herausgebracht, und wir waren gerade mitten in einer Tournee, als die Pandemie ausbrach. Es fühlte sich also wie ein guter Zeitpunkt an, zu meiner eigenen Arbeit zurückzukehren und diese wiederzufinden.

Ich habe mir kürzlich Invisible Cities angehört und konnte nicht umhin zu bemerken, wie mich die ersten Klavierakkorde von So The City Can Begin to Exist an Keep It Dark, Deutschland erinnern. Ich habe mich gefragt, warum Du Deutschland verlassen hast? Und wie wirkt sich Dein neuer Lebensort (oder die Orte, um genau zu sein) auf Deine Musik und Deine Kreativität aus?

Ich habe mit der Arbeit an meiner Soloarbeit begonnen, als ich in Italien lebte, und sie wurde wirklich dadurch geboren, dass ich an diesem Ort weit weg von zu Hause war und Raum hatte, sie zu finden. Berlin war auch eine sehr wichtige Zeit für mich, ich war zehn Jahre lang dort, und irgendwie war es zu diesem Zeitpunkt das Zentrum für eine Menge Crossover-Musik. Ich teilte mir ein Studio mit Jóhann Jóhannsson, Hildur Gudnadóttir, Rutger Hoedmaekers und anderen, und es war eine wirklich kreative und gemeinschaftliche Zeit. Ich glaube, die Orte, an denen ich gelebt habe, haben immer die Musik beeinflusst, die ich schreibe, jeder Ort schwingt anders mit. Und ich denke, dass ich deshalb so viel davon profitiert habe, an verschiedenen Orten zu leben. Island ist so ein besonderer Ort mit einer unglaublich rauen Natur und so wenigen Menschen. Ich verstehe jetzt, warum es hier so viele großartige Musiker gibt, man hat Monate der Dunkelheit und kann für eine Weile wirklich nach innen gehen. Und die Natur selbst ist eine solche Kraft; ich kann von meinem Balkon aus buchstäblich den Vulkan ausbrechen sehen!

Bitte erzähl uns ein wenig über Deine Pläne für die Zukunft: Alle sind begierig darauf, endlich wieder Live-Musik zu erleben, obwohl wir noch nicht wissen, wann das passieren wird. Da Du seit Beginn der Pandemie sehr beschäftigt warst, womit wirst Du auf Tour gehen, oder besser gesagt, zuerst auf Tour gehen: AWVFTS, Deine Solowerke oder Deine Soundtrack-Arbeit mit Hauschka? Und was kommt als nächstes in Sachen Veröffentlichungen?

Ja, es ist wirklich schwer zu verstehen, was passieren wird, aber im Moment scheint jeder Pläne zu machen … also ich habe Pläne, 2022 einige Solo-Shows zu machen und vielleicht wird AWVFTS wieder auf unsere unvollendete Tour gehen. Aber wer weiß schon, wie sich die Dinge entwickeln werden. Es war ein Jahr, in dem ich gelernt habe, damit einverstanden zu sein, dass sich Pläne ändern.

Titelbild: Dustin O’Halloran | (c) Anna Maggy

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Von Veröffentlicht am: 06.06.2021Zuletzt bearbeitet: 06.06.20211217 WörterLesedauer 6,1 MinAnsichten: 977Kategorien: InterviewsSchlagwörter: 0 Kommentare on Dustin O‘Halloran im Interview
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Über den Autor: Arne Krause

Mein Fokus bei PiN liegt auf Neoklassik, Ambient, Progressive Rock, Post Rock und Electro. Und allem dazwischen (außer Indie).

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