A Perfect Circle – Eat The Elephant

A Perfect Circle – Eat The Elephant

Vierzehn Jahre. Nicht viele Künstler-Karrieren sind nach so langer Zeit nur noch mit knallharter Nostalgie und mikrowellen-warmen Versionen ihrer größten Hits überhaupt wieder zu beleben. Vor allem, wenn man sich mit einem reinen Cover-Album verabschiedet hatte. Nicht so Billy Howerdel und Maynard James Keenan.

LP kaufen iTunes Vö: 20.04.2018 BMG

„Mer de Noms“ und „Thirteenth Step“ waren für jeden, dem Linkin Park zu glatt, Tool zu verkopft, Limp Bizkit zu platt, und System of a Down irgendwann zu eintönig war, DIE Alben Anfang der Nuller Jahre. Hier kam es zu einer fast schon unheimlich perfekten Symbiose aus düsterem, aber sehr melodiösen Riffrock und der unnachahmlichen Stimme Keenans.

Dann lange nichts. Vereinzelte Touren, vereinzelte Gerüchte, das ganze Drama um die ewigen Verzögerungen vom nächsten Tool-Album, Keenans drittes (!) Projekt Puscifer, das in der Zwischenzeit drei Alben hervorbrachte. Zunehmend fand man sich damit ab, dass es bei diesen zwei Meisterwerken bleiben sollte. Und dann ging 2017 auf einmal alles ganz schnell: Zack, große Tour. Zack, neuer Song „The Doomed“ im Oktober. Zack, Album.

Welcher Dickhäuter auf „Eat the Elefant“ nun letztendlich verspeist wurde, ob der Erfolgsdruck, Keenans Weltbeobachtungen oder ein echtes Rüsselsteak auf dem Teller lag, bleibt auch nach mehrmaligem Hören unklar. Wie es sich gehört. Denn A Perfect Circle geben sich musikalisch gesehen zwar sanfter – über weite Strecken dominiert jetzt das Klavier – biedern sich aber nie an.

„Disillusioned“ schlägt als einziger Song noch die Brücke zu den alten Alben. Die Gesangsmelodie trägt einige Fetzen, die eins-zu-eins auf „Mer de Noms“ hätten sein können. Alle anderen elf Songs zeigen mal mehr, mal weniger, dass Keenan und Howerdel auch nach so langer Zeit nie nach Formel Musik schreiben.

„So Long, And Thanks For All The Fish“ kommt ungewöhnlich fröhlich daher, fast schon beschwingt, ist aber eine in Douglas Adams Lingo verpackte Ode an einige in den letzten Jahren verstorbenen Größen wie David Bowie, Prince und Muhammad Ali. In Keenans Welt sind sie die Delfine, die sich wie im Anhalter verabschieden.

„By and Down the River“ und „Delicious“ unterstreichen den oft erwähnten Einfluss von The Cure auf Howerdel, „The Contrarian“ und „Feathers“ zeigen die Band von ihrer verspielteren, zarteren Seite, „Talk Talk“ positioniert sich irgendwo zwischen alter Gitarrenwand und neuem Klaviergeklimper, bei „Hourglass“ und „The Doomed“ wirbeln auch mal elektronische Elemente durchs Stereopanorama und „Get the Lead Out“… Der Song sei einfach mal so dahingestellt. Bisschen zu viel Alt-J gehört?

Und so schließt das Album so wie es mit dem Titeltrack anfängt. Etwas unentschlossen. Bei aller unumstrittenen Großartigkeit von Gesang, Gitarrenspiel und Songwriting ist „Eat the Elefant“ in einigen Teilen ein sehr zerstückeltes Album ohne Identität. Das düstere Funkeln, das aus den ersten beiden Alben quasi schon bei den ersten Tönen leuchtete, muss man hier suchen. Und man findet es wieder und wieder. Manchmal verlieren A Perfect Circle aber auch.

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Von Veröffentlicht am: 23.04.2018Zuletzt bearbeitet: 02.12.2018495 WörterLesedauer 2,5 MinAnsichten: 907Kategorien: Alben, KritikenSchlagwörter: 0 Kommentare on A Perfect Circle – Eat The Elephant
Von |Veröffentlicht am: 23.04.2018|Zuletzt bearbeitet: 02.12.2018|495 Wörter|Lesedauer 2,5 Min|Ansichten: 907|Kategorien: Alben, Kritiken|Schlagwörter: |0 Kommentare on A Perfect Circle – Eat The Elephant|

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Über den Autor: Julian Schmauch

Dozent für Musikproduktion an der Deutschen Pop und der EMS in Berlin. Autor bei BackstagePro, Bonedo und Reverb. Spielt bei Chaos Commute. Remixer, Songwriter und Sounddesigner.

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