Das war 2020 – Rückblick der Autoren: Paul Kaspar

Abgesehen von den ersten 2,5 Monaten des Jahres, in denen zumindest in der Welt der Musik noch alles einigermaßen normal schien, ging im größeren Teil von 2020 auf den Live-Bühnen und Clubs nicht viel. Dennoch wurden einige tolle Platten veröffentlicht, die sich aufgrund ausgefallener oder verlegter Tourneen (noch) nicht wie geplant präsentieren konnten. Wieso nicht mal ein Jahresrückblick als Mixtape statt als Ranking?

Für 42minmix, eine wöchentlich erscheinende Mixtape-Reihe mit wechselnden DJs verschiedener Genres, habe ich einige meiner Highlights zusammengestellt. Dem Konzept der Reihe ist es geschuldet, dass der Mix nur eine Länge von 42 Minuten hat, weshalb ich mich auf elf Titel beschränken musste. Da ich mich für einen „Vinyl-Only“-Mix entschied, wurde die Auswahl zusätzlich davon beeinflusst, dass ich auch den Tonträger zuhause haben musste.

Dieses Jahr bescherte uns zum einen mehrere großartige Debuts, von denen ich auf drei näher eingehen will. Darunter fällt im Mix etwa die Post-Punk-Band Sweeping Promises aus Boston. Die Entstehung ihres Albums Hunger for a Way Out würde man klanglich zwischen 1978 und 1982 und im Dunstkreis von Joy Division oder Au Pairs vermuten, was nicht zuletzt am Lo-Fi-Sounddesign mit kratzigen E-Gitarren, verzerrtem Bass und leicht verstimmten Analog-Synthesizern liegt. Abgesehen von dieser beeindruckenden Retro-Authentizität sprudelt die Platte vor Energie und kompositorischer Kreativität förmlich über, weshalb sie für mich ein der Highlights des Jahres ist.

Ein weiteres Debut, das ich dieses Jahr rauf und runter gehört habe, ist Freier Geist von Sofia Portanet. Auch hier ist ein deutlicher 80s-Einschlag zu hören, geprägt von cleanen E-Gitarren mit viel Chorus und Synthesizer-Flächen. Im Vordergrund stehen jedoch die durchaus zeitlosen, poetischen Texte, die in verschiedenen Sprachen und extrem ausdrucksstarkem und facettenreichen Gesang von Sofia Portanet vorgetragen werden.

Ganz weit oben ist auch Remote Control von Discovery Zone. Discovery Zone ist das Solo-Projekt von JJ Weihl, die als Teil der Berliner Psychedelic-Pop-Band Fenster manchen bekannt sein dürfte. Wie ihre Bandkollegen Jonathan Jarzyna a.k.a. John Moods und Lucas Chantre a.k.a. World Brain veröffentlichte sie ihr Solo-Debut ebenfalls auf dem Label Mansions & Millions. Ihr von Drumcomputern und Synthesizern geprägter Synth-Pop verweist abermals auf die 1980er Jahre, ist jedoch von Sujets und Sounds der Gegenwart und der Zukunft durchdrungen, was einen spannenden retrofuturistischen Eindruck zwischen Hochglanz und Lo-Fi entstehen lässt.

Weitere Highlights des Jahres, die im Mix zu hören sind, kommen von Messer, Culk, Chris Imler, Neuzeitliche Bodenbeläge, Molchat Doma, Unhappybirthday, Crack Cloud und AUA. Ich wünsche viel Spaß beim Hören und alles Gute für das Jahr 2021, in dem wir die Musik auch wieder live oder gemeinsam in Clubs erleben können!