Das war 2020 – Rückblick der Autoren: Heiko Lüker
Dieses Jahr hat uns die Pandemie im Griff. Dies hat allerdings nichts daran geändert, dass viele Bands die Zeit genutzt und großartige Alben aufgenommen haben. Da Musiker:innen aus allen Richtungen betroffen waren und auch weiter sind, ist mein Rückblick auch bunt gemischt. Viel Spaß beim Lesen und Anhören!
1. Gaerea – Limbo
Der Sommer war für mich dieses Jahr nicht einfach, hatte ich doch eine ziemlich bittere Nachricht in meiner Familie erhalten. Diese sympathischen Portugiesen haben mir durch diese Zeit geholfen. Ihre Interpretation des Black-Metal ist modern ausgelegt, besticht aber die ganze Zeit durch eine eher konservative Herangehensweise, ohne stumpf zu klingen. Und düster ist es immer…
2. 156/Silence – Irrational Pull
156/Silence sind in Deutschland noch relativ unbekannt, was ziemlich schade ist für diese recht junge Band aus Pittsburgh, Pennsylvania. Hier werden tonnenschwere Grooves mit dissonanten Klängen verschmolzen und alles wird auch noch verdammt tight runtergespielt. Und die Gesangsleistung ist unglaublich. Schon lange habe ich nicht mehr Gebrüll mit so verschiedenen Emotionen gehört, von Hass, Wut und Verzweiflung bis zum kompletten Zusammenbruch ist alles dabei.
3. Me And That Man – New Man, New Songs, Same Shit, Vol . 1
Was macht ein Black-Death-Metal-Sänger, wenn er sich noch mehr auslasten möchte? Richtig, er versammelt die Crème de la Crème der Düstersänger und spielt Americana und Country. Nergal von Behemoth hat es im Alleingang geschafft großartige Songs zu schreiben, die auf der einen Seite ziemlich finster rüberkommen, aber auf der anderen Seite immer ein Augenzwinkern bereithalten.
4. Show Me A Dinosaur – Plantgazer
Das mittlerweile dritte der Band aus Sankt Petersburg pendelt erneut zwischen Post-Black-Metal und Post-Rock ohne, dass einer der beiden Stile halbherzig gespielt wird. Die Jungs schaffen es wirklich beides zu ihrem zu machen. Mittlerweile haben in den Songs mit Gesang viele warme Akkorde Einzug gefunden, was im Winter sehr gut kommt. Dafür klingt das Stück Red River umso kälter und verzweifelter.
5. Akhlys – Melinoë
Was Bandkopf Naas Alcameth hier geschaffen hat, kann nur aus den tiefsten und abgründigsten Alpträumen entsprungen sein. Das zweite Album von Akhlys rückt den Ambient-Anteil etwas in den Hintergrund, um Platz zu schaffen für dissonante Achterbahnfahrten vom Feinsten. Der Sound kommt glasklar und druckvoll aus den Boxen und die Gesangsleistung ist das Extremste, was es seit Langem gegeben hat. US-Black-Metal at its finest.
6. neànder – Eremit
Das zweite Album des Berliner Kollektivs hatte bei mir im Review ja eher nicht so ganz die Begeisterungsstürme ausgelöst. Nach vielen Durchläufen ist Eremit allerdings noch ganz schön gewachsen. Schwerer und brachialer sind die Stücke geworden, dafür kommen die atmosphärischen Parts umso stärker rüber. Die Musik braucht Zeit und will aufgesogen werden. Und wer ab 5:06 keine Gänsehaut bekommt, lebt nicht.
7. Boneflower – Armour
Boneflower aus Spanien schaffen es unglaublich emotional mitzureißen. Klar orientiert sich die Band an ihren amerikanischen Vorbildern, The Wave, kann aber durch ihr sonniges Temperament eine Menge Eigenständigkeit in die treibenden Rhythmen reinbringen. Und textlich ist man eh auf einer Höhe mit den Mitstreitern. Großes Kino.
8. Bambara – Stray
Die New Yorker von Bambara haben es schon immer geschafft ihren Songs eine düster kaputte Stimmung zu verpassen. Geschichten wollen erzählt werden. Und das macht die Band auf eine unnachahmliche Art, die einen mitreißt. Deathrock, Post-Punk, whatever. Man kann sich den morbiden Klängen einfach nicht entziehen.
9. Deftones – Ohms
Deftones können einfach nicht enttäuschen. Mittlerweile hat die Band zurück zu Producer Terry Date gefunden, der schon das Überalbum White Pony vor 20 Jahren produziert hat. Ohms zeigt die Band in absoluter Perfektion. Das Sounddesign ist unglaublich und die Songs machen verdammt viel Spaß.
10. Sons Of A Wanted Man – Kenoma
Les Acteurs de l’Ombre Productions bleibt ein kleines feines Label für verdammt guten Black-Metal. Die Belgier überzeugen mit tollen niederschmetternden Melodien und fließenden Wechseln zwischen Raserei und Erhabenheit. Die Vocals gehen durch Mark und Bein. Und für den ein oder anderen Gänsehautmoment sorgt die Band mit ihrem spannenden Songwriting ebenfalls vorzüglich.
Erwähnenswert, ohne Reihenfolge:
Déluge – Ægo Templo
Atmosphärischer Black-Metal zwischen Raserei und Ruhe vor dem Sturm aus Frankreich…
End – Splinters From An Ever-Changing Face
Brutal düsteres Hardcoreprojekt mit Musikern von Counterparts, Fit For An Autopsy und Misery Signals. Damit lassen sich die Pforten der Hölle bestimmt öffnen…
Nothing – The Great Dismal
Nothing haben den drückenden Sound der 80er für sich entdeckt und er steht ihnen verdammt gut…
Núll – Entity
Isländische Schwere mit absoluter Sogwirkung bis in die tiefsten Abgründe…
Protomartyr – Ultimate Success Today
Wie ein klarer Morgen nach einer Nacht in einem irischen Pub mit Schlägerei und viel zu viel Whiskey…
Six Days Of Calm – The Ocean’s Lullaby
Post-Rock Solo-Projekt mit allem, was die Richtung so unverzichtbar macht und scharf…
Soft Kill – Dead Kids, R.I.P. City
Die sympathische Band kann auch mit ihrem neuen Album ein Stück 80er Post Punk in das Hier und Jetzt holen…
This Beautiful Mistake – You’re Not Broken. I Am.
Vom 2000er Emo zu erdrückendem Post-Hardcore und zurück…
Ulcerate – Stare Into Death And Be Still
Die Kiwis bleiben eine Ausnahmeerscheinung. Mittlerweile nehmen melodische Parts mehr Raum ein, aber der Abgrund öffnet sich trotzdem immer weiter…
Viva Belgrado – Bellavista
Die Spanier sind ruhiger geworden, aber die Emotionen bleiben verdammt groß…
Konzerte fehlen dieses Jahr. Das ist nichts Neues. Diese Videos von Auftritten habe ich mir öfter angesehen, um ein wenig Feeling aufkommen zu lassen…
Show Me A Dinosaur – Live Show @ ModClub 10.02.2019
TRNA – Live Show @ ModClub 10.02.2019
meth. – Live @ Subterranean (Chicago, IL)
SeeYouSpaceCowboy – Live @ Buffalo Riverworks (Buffalo, NY) 14.12.2019
Shy, Low – Live @ dunk! 2019
Holy Fawn – Live @ The Echo 31.03.2019
Paramnesia – Live @ Les Feux de Beltane (Bretagne, France) 2017
Alexisonfire – Live @ Reading Festival 29.08.2015
Behemoth – Live @ House Of Strombo 2018
John Coffey – Live @ Pinkpop 2015 (The Beer @ 34:32, großartig)
Knocked Loose – Live In The K! Pit (Tiny Dive Bar Show)
Daughters – Live In The K! Pit (Tiny Dive Bar Show)
Amenra – Live @ AB – Ancienne Belgique
FJØRT – Live in Cologne
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