KRITIK: Hafensaengers – Sehnsucht gedeiht im Dreck

KRITIK: Hafensaengers – Sehnsucht gedeiht im Dreck

Hinter den Hafensaengers aus der norddeutschen Punk- und Hardcore-Szene verbergen sich keine unbeschriebenen Blätter.

Sänger Thomas hatte schon bei der Melodic Hardcore Band Light Your Anchor das Steuer in der Hand und tourte durch ganz Europa, während Schlagzeuger Max mit Modern Vision unterwegs war. Doch beide fanden in ihren alten Bands irgendwie nicht ihr Seelenheil. Also rafften sich die Jungs zusammen und gründeten bereits 2017 ihr neues Projekt Hafensaengers. Erfreulicherweise erscheint jetzt auch das dazugehörige Album. 

Platz für Neues

Das Cover von Sehnsucht gedeiht im Dreck ziert ein brennendes Papierschiff, welches mutmaßlich aus einer Comic-Seite gefaltet wurde. Man kann viel in diese Symbolik hineindeuten, doch beschäftigt man sich mit dem musikalischen Werdegang und den persönlichen Schicksalen der Bandmitglieder, so könnte es die die Bereitschaft symbolisieren, sich von der Vergangenheit zu lösen und Platz für Neues zu schaffen. Denn die Band macht aus ihren persönlichen Schicksalen keine Mördergrube, sondern lässt diese Ebene mit in ihre Musik einfließen. Als Schlüsseltrack gilt dabei der Song Für Elise, welcher sich an Platz 5 des Longplayers wiederfindet: 

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Für Elise‘ ist für mich bislang der wichtigste HAFENSAENGERS -Song. Jede Zeile ist gespickt mit Hints meiner Beziehung zu meiner Frau Elise. Elise und ich haben zum Anfang unserer Beziehung keine großen finanziellen Möglichkeiten gehabt und uns ein paar Jahre lang eine 40qm kleine Wohnung geteilt. Trotzdem habe ich mich in meinem ganzen Leben noch nie so zuhause gefühlt, wie mit Elise.  Ich erinnere mich gerne an ‚unsere kleine Wohnung mit ein paar Pflanzen und ‘ner Couch‘. Als ich im März 2020 meine Nieren verloren habe und an die Dialyse musste, war Elise meine Zuflucht – ‚Sie war mein Fels in der Brandung, mein sicherer Hafen‘. Elise hat sich sofort dazu entschieden, mir eine Niere von sich zu geben, um mir ein neues Leben und uns eine gemeinsame Zukunft zu ermöglichen. Elise ist nicht nur ‚mein Zuhaus‘, sondern auch mein Glück und meine Heldin.

Sänger Thomas über Für Elise

Auf musikalischer Ebene ist Für Elise ebenfalls ein guter Hinweisgeber dafür, welche Art von Sound man von Hafensaengers erwarten darf. Selbst betitelt die Band ihren Sound als Fernweh-Punk und liegt damit sehr nah an dem Gefühl, welches Stücke wie Altes Herz oder Vergiss Mein Nicht heraufbeschwören. Alle Tracks sind verdammt melodisch und einnehmend. Zudem besitzt man den Mut jeglichen überflüssigen Ballast über Bord zu werfen und reduziert die Stücke auf ihren wesentlichen Kern. Ist ein Song auserzählt, dann ist auch mal nach anderthalb Minuten Schicht im Schacht. 

Sympathien von Anfang an

Darüber hinaus gelingt es der Band dem Album einen gewissen Spannungsbogen zu verpassen, so dass der Longplayer tatsächlich aus der Masse an frühsommerlichen Releases heraussticht. Die genial angelegte 2-Track Intro Nummer Sehnsucht/Gedeiht im Dreck überzeugt den unbedarften Hörer sofort und lässt direkt Sympathien für diese Band wachsen. Die Stille Zuhaus überzeugt anschließend als Symbiose aus melodieverliebtem Alternativepunk und deutschem Hardcore/Screamo. Ohnehin gelingen die Übergänge zwischen den Tracks so geschmeidig wie die Staffelübergabe einer amerikanischen Olympiastaffel auf 4x 100m Distanz. 

Unterm Strich versammeln sich auf dem Debüt zwölf Tracks ohne jegliches Füllmaterial, wenn man an Tempo, Melodie und Instrumentierung denkt. Da kann man auch lyrische Revolverheld-Schüttelreime wie „Wir waren jung / Wir waren frei / die beste Zeit ist längst vorbei“ mal getrost durchwinken, denn Hafensaengers machen verdammt viel Laune und stehen ganz sicher auf der guten Seite. 

Der Song für die Playlist/das Mixtape: Sehnsucht/Gedeiht im Dreck

Bewertung: 4 von 5.

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Von Veröffentlicht am: 02.06.2023Zuletzt bearbeitet: 02.06.2023615 WörterLesedauer 3,1 MinAnsichten: 1024Kategorien: Alben, KritikenSchlagwörter: , , 0 Kommentare on KRITIK: Hafensaengers – Sehnsucht gedeiht im Dreck
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Über den Autor: Marc Erdbrügger

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