KRITIK: Tool – Fear Inoculum

KRITIK: Tool – Fear Inoculum

Gleich vorweg: Das neue Album von Tool ist richtig, richtig gut. Nix für Nicht-Fans, nix für Hit-Freunde, nur sieben ellenlange Songs voller Tool.

Außer dem etwas deplaziert wirkenden Chocolate Chip Trip, einem knapp 5-minütigen Drumsolo mit Synthesizer drunter, sind alle anderen Songs mehr als 10 Minuten lang.

Wer die Tool liebt, die sich verlieren, die jede Idee bis ins letzte auskosten, für den ist Fear Inoculum das Paradies. Wer es eher kurz und knackig, mehr auf den Punkt vorzieht, der braucht an einigen Stellen etwas Geduld. Tool lassen sich SEHR viel Zeit mit der Entwicklung ihrer Spannungsbögen. Die haben es aber ins sich.

Langweilig ist Fear Inoculum nie, manchmal ein My eintönig, Überraschung gibt es wenig. Maynard schreit nicht mehr, engelsgleich nimmt sich die prägnante Stimme gerade noch den Platz, den sie braucht. Nie drängt sie sich in den Vordergrund, genau wie auf den Konzerten, wo der charismatische Sänger hinter Gitarrist Adam Jones im Halbdunkel auftritt, drängt sich Keenan in keinem der sieben Songs auf.

Ein Kurzanriss: Den Titeltrack kannte man schon als Auskopplung, eine gute Wahl, hat er doch die meisten Elemente, die man aus früheren Tool-Alben kennt. Die Tablas im Intro ähnlich wie beispielsweise in Right in Two, der hypnotische, tiefe Gesang, der an die Strophen von The Grudge erinnert – eine gute Brücke zum neusten Universum hat man geschlagen.

Pneuma überrascht mit ungewöhnlich eindeutigen Harmonien, man ist an die frühen Black Sabbath erinnert, mit einem Ende, das zwischen Disco und Stakkato einen fröhlichen Tanz aufführt. Invincle und Descending sind quasi schon alte Kamellen, die Band spielte beide Songs auf ihrer letzten Tour. Wie bei Pneuma merkt man der Band ihre Spielfreude an. An keinem Songpart, keinem Solo wird sich krampfhaft lange festgehalten, keins wird zu abrupt beendet. Was Jones, Bassist Justin Chancellor und Drummer Danny Carey da zusammen spielen, klangen selten vorher so: zusammen. Man sieht die drei völlig vertieft im Proberaum stehen und sich gemeinsam verlieren.

Culling Voices und Ausreißer Chocolate Chip Trip sind genau die Ruhepause, die es vor dem finalen Gewitter 7empest auch braucht. Culling Voices dröhnt und drone-t vor sich hin, dass es eine Freude ist, Die Schokoladenplätzchenreise ist halt einfach typisch Tool. Ein Eier von Satan muss einfach sein. Der 6exy 5antastic Song 7tempest ist das 15-minütige Finale, das es bei dieser Platte braucht. Die finale Steigerung im letzten Songdrittel deutet an, was für ein Kraftakt die Produktion dieses Albums für die Band gewesen ist. Noch einmal wird alles gefeuert, geballert und versöhnt, was Tool in den letzten knapp 70 Minuten (und den 13 Jahren davor) so liegen gelassen haben.

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Von Veröffentlicht am: 29.08.2019Zuletzt bearbeitet: 27.09.2021449 WörterLesedauer 2,2 MinAnsichten: 1330Kategorien: Alben, KritikenSchlagwörter: 1 Kommentar on KRITIK: Tool – Fear Inoculum
Von |Veröffentlicht am: 29.08.2019|Zuletzt bearbeitet: 27.09.2021|449 Wörter|Lesedauer 2,2 Min|Ansichten: 1330|Kategorien: Alben, Kritiken|Schlagwörter: |1 Kommentar on KRITIK: Tool – Fear Inoculum|

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Über den Autor: Julian Schmauch

Dozent für Musikproduktion an der Deutschen Pop und der EMS in Berlin. Autor bei BackstagePro, Bonedo und Reverb. Spielt bei Chaos Commute. Remixer, Songwriter und Sounddesigner.

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One Comment

  1. […] Tool mit Fear Inoculum 2019 einige Konzerte auch in Deutschland gespielt haben, kommen sie 2022 im Rahmen einer Europatour […]

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