KRITIK: The Mars Volta – Landscape Tantrums (Unfinished Original Recordings of De-Loused in the Comatorium)

KRITIK: The Mars Volta – Landscape Tantrums (Unfinished Original Recordings of De-Loused in the Comatorium)

„Nur“ ein Geschenk für Fans?

Fans von The Mars Volta konnten den 23.04.2021 kaum erwarten: Mit dem Vinyl-Boxset La Realidad de Los Sueños wurden alle Alben als Remaster veröffentlicht – limitiert auf 5000 Stück, die natürlich alle schon vergriffen sind. Aber auch für alle anderen gibt es ein kleines Goodie: Mit Landscape Tantrums wurde auch die ursprüngliche Version des Debutalbums De-Loused in the Comatorium veröffentlicht. Im Boxset als Vinyl, für alle anderen „nur“ als Stream.

Moment: Ursprüngliche Version? Richtig gelesen, denn es geht um die Version, die noch ohne Rick Rubin als Produzent aufgenommen wurde, auf der nicht Aushilfsbassist Flea, sondern Ralph Jasso mitspielt (der, nach eigener Aussage, wegen Drogen und weil er eigentlich Gitarrist ist, kurz vor den Aufnahmen mit Rick Rubin aus der Band ausstieg). Allerdings ist die Einschränkung zu erwähnen, dass es sich bei den nun veröffentlichten Aufnahmen keineswegs um eine finale Aufnahme handelt, sondern um „Unfinished Original Recordings“.

Also: Ist das hier „nur“ ein Geschenk für Fans oder ist das ein Album, das man auch hören kann, um The Mars Volta kennenzulernen?

Landscape Tantrums enthält keine Songs, die nicht auch auf De-Loused in the Comatorium enthalten sind, aber die Reihenfolge ist etwas anders. Statt mit den Keyboards von Son et Lumiere startet es mit Roulette Dares (The Haunt Of). Etwas ungewohnt, denn natürlich habe ich De-Loused in the Comatorium so ungefähr auf Dauerrepeat gehabt bis Frances The Mute erschien. Aber natürlich kommt Son et Lumiere auch noch und der Break ist genauso tight und nice wie man es gewohnt ist. Und das gilt eigentlich für das ganze Album: Die Breaks und Riffs, die Songstrukturen sind alle schon da. Da kam nichts von Rick Rubin, das war alles Omar Rodriguez-Lopez.

Überhaupt: Es handelt sich ganz und gar nicht um eine vollkommen andere Platte, vielmehr sind es die Unterschiede die spannend sind. Zu allererst ist natürlich zu sagen, dass der Mix viel roher ist, die Vocals von Bixler-Zavala wurden von dem drei Wochen vor Release von De-Loused in the Comatorium verstorbenen Jeremy Ward noch stärker manipuliert als auf dem De-Loused in the Comatorium-Release und die Songs wirken generell etwas trippy und nicht so extrem on Point sind wie man es gewohnt ist. Landscape Tantrums klingt viel eher so, wie man The Mars Volta von der Tremulant EP kannte. Herausstechend sind zudem besonders die Vocals von Bixler-Zavala, die vom Text her fast immer da sind, aber oftmals etwas am Ton vorbei gesungen. Hier merkt man sehr deutlich, dass die Aufnahmen „unfinished“ sind, auch die Gitarre auf Televators (quasi eine Akustikversion, sehr schön!) ist nicht so richtig sauber eingespielt, da sind die Fretnoises sehr laut, ein Ton mal nicht ganz sauber gegriffen. Außerdem super cool: Die Keyboards von Ikey Owens, der ja leider auch verstorben ist, sind viel emotionaler als auf De-Loused in the Comatorium, einfach wunderschön. Alleine deswegen müssen Fans von The Mars Volta das hier hören. Der Bass von Ralph Jasso ist dagegen kein Argument für Landscape Tantrums. Ziemlich basic, nichts Aufregendes. Überhaupt wurden The Mars Volta erst durch Juan Alderete auf Frances The Mute für Bassisten so richtig zur Überband. Was Flea auf De-Loused in the Comatorium abliefert soll damit natürlich keineswegs geschmälert werden, das ist schon sehr, sehr gut gewesen, da gibt es überhaupt keine Diskussion, aber im Vergleich zu Juan ist das wie eine Einstiegsdroge. Die Drums auf Landscape Tantrums dagegen klingen, bis auf eine etwas laute HiHat, einfach nur gut. John Theodore ist einfach ein Monster. Auch da sitzt, wie auch bei den Gitarren, im Grunde alles schon genau da, wo es bei De-Loused in the Comatorium gelandet ist.

Was Landscape Tantrums aber abgeht ist die Tightness, die De-Loused in the Comatorium ausgemacht hat. Die Klarheit im Sound, die Präzision im Klang. Alleine der Start mit Son et Lumiere – legendär. Ich lehne mich mal aus dem Fenster und behaupte, dass die Karriere von The Mars Volta ohne De-Loused in the Comatorium und Rick Rubin anders verlaufen wäre. Rick Rubin hat einfach die Fähigkeit, aus Bands das Beste rauszukehren was sie haben. Das kennt man von Johnny Cash, das hat man bei den Red Hot Chili Peppers auf Californication gehört und das hört man auch, wenn man Landscape Tantrums mit De-Loused in the Comatorium vergleicht. Und ich vermute mal: Wer sich heute Landscape Tantrums anhört ohne etwas über The Mars Volta oder At the Drive-In zu wissen, die oder der wundert sich womöglich, warum innerhalb von drei Tagen 5000 Boxsets zum Preis von mehr als 400€ verkauft wurden.

Wer aber The Mars Volta kennt, der kommt an Landscape Tantrums nicht vorbei. Alleine was Omar Rodriguez-Lopez da an Songs geschrieben hat OHNE dass Rick Rubin da dran war zieht einem die Schuhe aus und nötigt den größten Respekt ab. Ich (als Fanboy wohlgemerkt) feiere Landscape Tantrums total ab. Und doch bin ich im direkten Vergleich vielleicht doch einen Tick mehr bei De-Loused in the Comatorium, freue mich aber wahnsinnig, dass man diese lange unveröffentlichten Aufnahmen endlich hören kann.

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Von Veröffentlicht am: 27.04.2021Zuletzt bearbeitet: 27.04.2021862 WörterLesedauer 4,3 MinAnsichten: 1069Kategorien: Alben, KritikenSchlagwörter: 0 Kommentare on KRITIK: The Mars Volta – Landscape Tantrums (Unfinished Original Recordings of De-Loused in the Comatorium)
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Über den Autor: Arne Krause

Mein Fokus bei PiN liegt auf Neoklassik, Ambient, Progressive Rock, Post Rock und Electro. Und allem dazwischen (außer Indie).

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