KRITIK: Lambchop – Showtunes

KRITIK: Lambchop – Showtunes

Auf dem neuen über City Slang vertriebenen Album seiner Folk-Combo Lambchop hat Kurt Wagner endlich wieder eigene Geschichten zu erzählen, nachdem die 2020er Veröffentlichung Trip eine Sammlung von Covern der unterschiedlichsten musikalischen Stile von Wilco, Stevie Wonder, George Jones, Mirrors über James McNew bis zu The Supremes war.

Jetzt also wieder Lambchop aber Kurt Wagner wäre nicht Kurt Wagner, wen er nicht auch hier wieder eine Menge an Überraschungen für die Hörer:innen versteckt hätte. Die musikalische Besetzung seiner Band auf dem mit 8 Tracks recht kurzen Albums ist komplett neu. Neben Ryan Olson von Gayngs und Poliça, James McNew von Yo La Tengo, Co-Produzent und Engineer Jeremy Ferguson sowie dem Bläser und Arrangeur CJ Camerieri, Andrew Broder an den Pianos und Eric Slick am Schlagzeug hat sich auch der Kölner DJ Twit One auf dem Album verewigt. Man kann somit auf eine klangliche Vielfalt und Wucht hoffen.

Aber bereits der Album-Opener, der gleichzeitig die erste Auskopplung aus dem Album war, A Chef´s Kiss, belehrt die Hörer:innen eines besseren und man fühlt sich wohlig an so manches Lamchop-Frühwerk erinnert, in denen stets die warme Stimme Wagners neben der wunderbar zurückhaltenden Kapelle das wichtigste Instrument war.

Keine Vocoder oder Stimmveränderungen sondern nur die pure Stimmintensität. Die Stimme kommt aus einem kleinen Nebel aus Klängen und packt die HörerInnen direkt am Anfang ohne bis zum Schluss des Songs den Griff zu lockern. Minimalismus at ist best. getragen von einem wohlig zurückhaltenden Teppich aus Piano und Synthesizern.  

Der zweite Track Drop C ist ein kleiner Blick zurück, denn die Electronica-Experimente der letzten Alben, vor allem des 2019er Albums This (Is What I Wanted to Tell You) haben ihre Spuren beim Songwriting hinterlassen und wirken noch nach. Da findet sich noch so mancher Vocodersatz und Loop aber insgesamt ist das ein eher unauffälliger und wie ein Kammerstück arrangierte Song, der etwas zu viel Wiederholungen beinhaltet. Gleiches trifft fast vollinhaltlich auf den dritten Album-Track Papa Was A Rolling Stone Journalist zu, der als Instrumentalstück verständlicherweise weniger Vocoder dafür aber mehr Bläser im Einsatz hat. Man fühlt sich hier stark an den Soundtrack von Ben Hur erinnert.

Mit über siebenminütiger Laufzeit ist der Song Fuku der zentrale Track des Albums und wurde auch vorab ausgekoppelt. Obwohl der Track recht locker beginnt, wird er mehr und mehr zu einem musikalischen Experiment und zum Schluss hin sogar eine a-tonale unnötig Verlängerung, die nach fast zweiminütiger Tongleichheit abrupt endet. Trotz einiger schöner Ideen wird er Song mit der Zeit zur Qual.

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Leider nicht viel besser kommt der nächste Song Unkown man daher, der wie ein getragenes instrumentales Pianostück beginnt aber irgendwann nur noch einzelne Bläsersätze erklingen lässt. Als Kurt Wagner in der Mitte des Songs erstmals die Stimme erhebt, ist der Song eigentlich gefühlt schon fast vorbei. Es folgt nur noch ein düsteres Finale in welchem Stimme, Bläser und Piano um die Vorherrschaft kämpfen.

Bei Blue Leo sind dann die Vocoder und Verzerrungen wieder da, die man eigentlich nicht vermisst hatte. Der mit einigen lyrischen Reminiszenzen (By the Time I get to Phönix) gespickte Song knüpft nahtlos an das 2019er Album This (Is What I Wanted to Tell You) an, ist aber doch recht zugängig. Impossible Meatballs, der vorletzte Song auf dem Album ist dann wieder eine Überraschung. Mit offenen hellen Klängen der Akustik-Gitarren und gesetzten Bläsern, ist das kurze instrumentale Stück ein Gegenpart zu den vorherigen Elektronica-Soundspielereinen.  

Der letzte Track auf dem Album ist The Last Benedict und überrascht neben der wieder klaren Stimme von Wagner mit Opern-/Operetten-Gesangschnipseln, die als Echo auf den getragenen Gesang von Kurt Wagner fungieren.

Das neue Lambchop-Album ist keine leichte Kost und fordert von den Hörer:innen insbesondere Geduld und Durchhaltevermögen. Insgesamt kann es aber nicht ganz überzeugen und man wünscht sich an der einen oder anderen Stelle ein paar weniger Experimente.

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Von Veröffentlicht am: 20.05.2021Zuletzt bearbeitet: 20.05.2021691 WörterLesedauer 3,5 MinAnsichten: 1019Kategorien: Alben, Kritiken0 Kommentare on KRITIK: Lambchop – Showtunes
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Über den Autor: Richard Kilian

"Das Leben ist zu kurz für schlechte Musik" Wer mit Stephen King, Charles Bukowski, Andrew Vachss und Elmore Leonard sowie Marillion, Cigarettes after Sex, Motorpsycho, The Jayhawks, Sufjan Stevens, Rush und God is an Astronaut etwas anzufangen weiß, der ist bei mir richtig.

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