KRITIK: Carl Schilde – Europop
Der in den 1980er Jahren in Berlin geborene Carl Schilde ist eine Hälfte des Electronica-Ambient-Duos Playdate, das im Sommer 2018 in einer abgelegenen Hütte auf Manitoulin Island ihr Debütalbum Manitoulin Tapes (2019) in zwei Tagen aufgenommen hat.
Alle zwölf Lo-Fi-Ambient-Songs hat Schilde zusammen mit Matthew Bailey live auf Kassette improvisiert.
Bereits 2012 hatte Schilde auf dem Label Heavy Listening, das er zusammen mit seinem Freund Anselm Nehls 2011 gegründet hat, das Album WOW veröffentlicht, eine LP, die nur eine einzige ultratiefe Frequenz enthält.
Carl Schilde lebt aktuell in Toronto, Kanada, nachdem er Los Angeles den Rücken kehrte. Seit einigen Jahren tritt er selbst als Sänger in Erscheinung, nachdem er sich bisher nur als Komponisten und Produzenten von Songs für Friedrich Liechtenstein oder auch Rocko Schamoni einen Namen gemacht hat.
Nach den vorab veröffentlichten Singles John Stamos (24.09.2021), Roadworn (24.11.2021) und Soft Dads (21.01.2022) erschien Anfang Februar das lange erwartete Solo-Album. Auf dem sehr atmosphärischen Debüt Europop kreiert Carl Schilde einen ruhigen, relaxten und wunderbar verträumten Gitarrenpop, der an die Beach Boys und Songs der High Llamas erinnert.
Schilde übernimmt neben der Produktion und dem Mastering den Gesang, die Gitarren, Klavier, Synthesizer, Bass, Percussion und die Drum Machine auf dem Album. Mit seiner tiefen, oft mehr sprechenden als singenden Stimme kommt Carl Schilde dem Grandfather of Talking Folk, Leonard Cohen, sehr nahe. Die zehn Songs sind zudem erkennbar von Jim O’Rourke inspiriert und erhielten ihren letzten Schliff von Dave Cooley (Tame Impala, Blood Orange, J Dilla).
Man sollte sich vom Albumtitel, der an ultra-glatten Italo-Pop denken lässt, nicht irreführen lassen, denn die entspannten Tracks sind unbedingt hörenswert und tatsächlich näher an der im Cover angedeuteten Party am Pool als an einer durchtanzten Clubnacht. Gefühlt sind die Songs aber irgendwie aus der Zeit gefallen, denn wer hat noch die Zeit sich langsame Songs in aller Ruhe anzuhören.
Dabei lohnt es sich wirklich, sich auf die zehn Songs einzulassen, denn man spürt beim Hören im wahrsten Sinne des Wortes die gute Energie in sich hineinfließen. Ein ähnlich positives Musik-Erlebnis muss man lange suchen, denn dieses Album ist gefühlt direkt aus der Mitte der guten alten Zeit, 1980er Jahre als John Stamos in Full House spielte.
Im Pressetext heißt es:
EUROPOP ist auch eine Ode an die Menschen am Rande des Musikbusiness – die Co- und Ghostwriter dieser Welt – ohne die die eigentlichen Stars nicht glänzen könnten. Während einige einen „Namensverlust in einer Vier-Sterne-Bewertung“ erhalten („Phase“), geben andere auf und nehmen echte Jobs an, sammeln vielleicht von der Straße getragene Gitarren, um ihre Jugend wiederzuerleben („Roadworn“).
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