John Carpenter – Lost Themes

John Carpenter – Lost Themes

Für das aktuelle Album “Lost Themes” hat Carpenter im eigenen Haus zusammen mit Cody Carpenter aus der Band LIDRILUM und Daniel Davis, der die Musik für “I, Frankenstein” schrieb, gejammt und improvisiert und dabei analoge mit digitaler Technik vermischt. Herausgekommen sind neun interessante und instrumentale Tracks, die sich nahtlos an die früheren Filmmusiken des Regisseurs anschliessen.

Es ist bereits über eine Dekade her, dass John Carpenter (neben “The Ward” und zwei Beiträgen für die teilweise richtig gute “Masters of Horror-Reihe” des Showtime-Senders) einen Film herausbrachte. Ob es daran liegt, dass ein Urgestein wie er mit dem heutigen Hollywood nicht wirklich kompatibel ist? John Carpenter ist ein etwas kauzig wirkender Charakterkopf. Der inzwischen Siebenundsechzigjährige brachte früher relativ autark seine spannenden Ideen auf die Leinwand – unterstützt von Darstellern, auf die er immer wieder zurückkam und die offensichtlich Lust auf eine Zusammenarbeit mit ihm hatten. So jemanden wie ihn gibt es in der kommerziellen Filmwelt wohl nur noch selten, denn heute werden so genannte kommerzielle Filme fast nur noch als teure Blockbuster mit einem Team von Autoren und Produzenten auf die Beine gestellt und in punkto Qualität, Stories und Unterhaltsamkeit häufig an die Wand gefahren.

Somit ist es natürlich ein Weilchen her, dass John Carpenter Musik zu einem eigenen Film geschrieben und produziert hat. Die Rede ist von “Ghosts of Mars”, wobei die Musik – freundlich ausgedrückt – besser ist als der Film.

Ganz anders sah die Sache vor zwanzig oder dreißig Jahren aus: John Carpenter brachte in seinen Glanzzeiten einige Meisterwerke auf die Leinwand. Wer kennt nicht “Halloween”, “The Fog – Nebel des Grauens” oder “The Thing”? Neben gruseligen Stories, spannender Atmosphäre und guten sowie handgemachten Special Effekts punkten die Filme auch durch die tolle Musik, welche Handlung, Optik und Gesamtfeeling unterstreichen. John Carpenter hatte immer ein gutes Händchen hierfür, was nicht sehr verwunderlich ist, denn als Teenager bekam er Klavier- wie auch Geigen-Unterricht, und später war er Mitglied in einer Hardrock-Band. Seine musikalischen Beiträge zu eigenen Filmen umfassen unter Anderem “They live”, “The Fog”, “Escape from New York” und selbstverständlich die ersten “Halloween”-Filme.

Ein wesentlicher Faktor seiner Werke ist die Orienierung – neben Hitchcock – an (europäischen) Vorbildern, allen voran Giallo-Meister Dario Argento. Bei ihm hat Carpenter sich ganz offensichtlich bedient, vor allem was die Kameraführung in Bezug auf das Blickfeld des Täters (Michael Myers in “Halloween”) angeht. Zudem hat Carpenter – was er auch in Interviews erwähnte – sich musikalisch an Argento’s Haus- und Hof-Band GOBLIN orientiert, deren Score-Hoch-Zeit interessanterweise genau in die Entstehungsphase von sämtlichen Argento-Meisterwerken fällt.

Für das aktuelle Album “Lost Themes” hat Carpenter im eigenen Haus zusammen mit Cody Carpenter aus der Band LIDRILUM und Daniel Davis, der die Musik für “I, Frankenstein” schrieb, gejammt und improvisiert und dabei analoge mit digitaler Technik vermischt. Herausgekommen sind neun interessante und instrumentale Tracks, die sich nahtlos an die früheren Filmmusiken des Regisseurs anschliessen. Dazu gehört auch die deultiche Orientierung an GOBLIN: “Mystery” wirkt wie eine Neuinterpretation von “Suspiria”, “Obsidian” ist nicht weit davon entfernt, während “Fallen” an die ebenfalls manchmal etwas oldschoolig analog-digital werkelnden AIR und besonders an deren Soundtrack zu “The Virgin Suicides” erinnert.

Bei den Synthie-und Keyboard-Flächen kommt Freude auf, da die musikalischen Siebziger und Achtziger erweckt werden, vor allem bei “Wraith”, denn hier kann einem schon mal das Synthie-Budenzauber-Urgestein JEAN MICHEL JARRE in den Sinn kommen.

Tatsächlich geht die Idee von John Carpenter teilweise auf, ein eigenes Kopfkino zu der neuen Musik entstehen zu lassen, allerdings rutschen durch die überdeutlichen Vorbilder gar nicht so selten Bilder von “Suspiria”, “Phenomena” oder “City of the living dead” ins Hirn. Die rockistischen und quiekenden E-Gitarren lassen nicht unbedingt viel Freude aufkommen, auch weil sich ihre Verwendung ein bisschen nach Nichtbeachtung der Rad-Weiterdrehung wie zum Beispiel durch Punk und Postrock anhört.

Davon abgesehen ist “Lost Themes” eine schöne und gern gehörte Scheibe, die zwar nicht ausgesprochen innovativ ist, aber Horror-, Soundtrack- sowie Siebziger-bis-Achtziger-Jahre-Musik-Fans ansprechen dürfte.

01 Vortex
02 Obsidian
03 Fallen
04 Domain
05 Mystery
06 Abyss
07 Wraith
08 Purgatory
09 Night


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Von Veröffentlicht am: 28.01.2015Zuletzt bearbeitet: 02.12.2018689 WörterLesedauer 3,4 MinAnsichten: 806Kategorien: Alben, KritikenSchlagwörter: , , , , , 0 Kommentare on John Carpenter – Lost Themes
Von |Veröffentlicht am: 28.01.2015|Zuletzt bearbeitet: 02.12.2018|689 Wörter|Lesedauer 3,4 Min|Ansichten: 806|Kategorien: Alben, Kritiken|Schlagwörter: , , , , , |0 Kommentare on John Carpenter – Lost Themes|

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Über den Autor: Nico Kerpen

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