Grandbrothers – Open

Grandbrothers – Open

Grandbrothers sind ein Instrumental Duo, bestehend aus Erol Sarp und Lukas Vogel aus Düsseldorf.

LP kaufen Vö: 20.10.2017 City Slang

Die Grandbrothers trafen sich an der Universität und beschlossen gemeinsam ihre musikalischen Visionen unter einen Hut zu bekommen. Während Erol Sarp, ein ausgebildeter Jazz Pianist, die Tasten eines präparierten Pianos bedient, sorgt Lukas Vogel für ein elektronisches Fundament. Dabei kreieren sie mit ihrem Zusammenspiel auf minimalistische Art und Weise ein wunderbares Konstrukt aus Harmonie, Melancholie und Euphorie welches in der musikalischen Landschaft nahezu einzigartig ist. Klar, „Prepared Piano“ machen Hauschka und andere Künstler auch, aber Grandbrothers schaffen es, durch die Elektronik in ihrer Musik einen unglaublich frischen und spürbar poppigen Aspekt neue Wege zu erkunden.

Schon auf dem Vorgänger Album „Dilation“, welches leider weniger Aufmerksamkeit bekam, zeigte das Duo, dass sie eigentlich Pioniere eines Sounds sind, für den es noch keine Schublade zu geben scheint. Electronic, Ambient, Modern Classical und Jazz – all diese Elemente finden sich gleichberechtigt im warmen Sound von „Open“ wieder. Das Label City Slang hat das Einzigartige der Grandbrothers offenbar erkannt und die Chancen stehen nicht schlecht, dass nun eine größere Hörerschicht auf das Duo aufmerksam wird. Verdient hätten die beiden Düsseldorfer es auf jeden Fall.

„Open“ besteht aus 10 Songs die sich wie die Blätter einer Blume im Sonnenschein langsam entfalten. Lässt man sich drauf ein, wird man Zeuge einer wahnsinnig intensiven und vor kreativer Freude sprudelnder Kunstform. Der Opener „1202“ wirkt ruhig und beklemmend. Sphärisch und Ambient-artig eröffnen Grandbrothers ihr Album und man spürt sofort dass die beiden es ernst meinen. Das folgende „Bloodflow“ macht seinem Namen alle Ehre und ist mit dieser Melodie und seiner repetiven Art einfach ein kleiner Hit, der wie der Blutkreislauf kein Ende zu haben scheint. „From A Distance“ badet in Melancholie und die elektronischen Elemente steigern den Song in schwindelerregende Höhen während Erol die Dynamik seines Pianos voll auslotet. Mein persönlicher Favorit ist aber „Long Forgotten Future“. Ein Song der einer Top 10 Single gleichkommt, halt nur ohne Gesang. Ein Refrain der wahre Größe zeigt und schon beim ersten Kontakt Suchtgefahr produziert. Die balladeske Kreation „Honey“ klingt genauso süss wie der Name schon sagt. Zähflüssig gleitet der Song dahin und nimmt einen durch eine Art von Dramatik vollkommen gefangen. Das Thema „Steigerung“ haben Grandbrothers in jedem Fall verinnerlicht. Der wunderschöne Song „Alice“ hätte auch gut im Film „Die fabelhafte Welt der Amelie“ seinen Platz finden können. Diese kurze und simple Komposition ist einfach nur schön und steht knietief in Melancholie. Das danach folgende „White Nights“ ist in seiner Komplexität nur schwer zu beschreiben. Es scheint als kämpften Piano und Elektronik gegeneinander an, ohne das man am Ende einen Gewinner ausmachen könnte. Beeindruckend. „Circonflexe“ beginnt getragen und glänzt durch interessante perkussive Elemente um gegen Ende fantastische Ambient Sounds ins Spiel zu bringen. Mit dem vorletzten Song „Sonic Riots“ geben Grandbrothers Anlauf fürs große Finale. Tanzbar und mit einer prägnanten Melodie wächst dieser Song immer weiter empor um am Höhepunkt schlagartig zu enden. Das abschließende „London Bridges“, welches eher ruhig und getragen daherkommt, verabschiedet den Hörer in die dunkle Nacht. Fast beklemmend wirkt der traurige Song und bildet gleichzeitig den perfekten Abschluss für diese musikalische Achterbahnfahrt. Was für ein perfektes Album!

Die Produktion kommt druckvoll aber transparent daher und man spürt in jedem einzelnen Ton die Leidenschaft und den Innovationswillen der beiden Herren. Alles scheint durchdacht und die Strukturen der Songs haben offenbar nur ein Ziel: Der Hörer muss von den Melodien und Harmonien in tiefste Abhängigkeit gestürzt werden. Ich würde behaupten, dass dieses Ziel bei mir mehr als erreicht wurde. Die Scheibe läuft seit Tagen in Dauerschleife und wie hypnotisiert möchte mein Gehirn auch nichts mehr anderes konsumieren. Abhängigkeit. Sucht. Hypnose – das könnte bei Grandbrothers in großen Buchstaben an der Studiowand gestanden haben. So als visuelle Erinnerung, dass man einen Auftrag zu erfüllen hat. Diesen Auftrag haben sie in meinen Augen erfüllt. Es kommt nämlich äußerst selten vor, dass ich mir ein Album sowohl auf Vinyl als auch als CD kaufe. Ein Meisterwerk. Kaufen. Jetzt.

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Von Veröffentlicht am: 29.10.2017Zuletzt bearbeitet: 02.12.2018719 WörterLesedauer 3,6 MinAnsichten: 809Kategorien: Alben, KritikenSchlagwörter: , 0 Kommentare on Grandbrothers – Open
Von |Veröffentlicht am: 29.10.2017|Zuletzt bearbeitet: 02.12.2018|719 Wörter|Lesedauer 3,6 Min|Ansichten: 809|Kategorien: Alben, Kritiken|Schlagwörter: , |0 Kommentare on Grandbrothers – Open|

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Über den Autor: Jan Platek

Geboren 1976 Vater, Vinyl-Sammler und Musiker

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