Der Ringer – Soft Kill
Cyber-Postpunk im Der Ringer-Universum
Als Vorband von Drangsal, Dagobert, den Oracles und Isolation Berlin sowie einigen EP Veröffentlichungen, zuletzt die Split EP mit Isolation Berlin ist Der Ringer schon länger auf dem deutschen Pop/Post Punk-Radar erschienen. Jetzt bringen sie neben amüsanten Facebook Postings endlich ihr lang ersehntes Debütalbum „Soft Kill“ heraus. Allgegenwärtig ist die große Frage, die Der Ringer sich und uns seit einigen Jahren stellt: Was macht das digitale mit der Menschlichkeit? Als melancholischen Cyber-Punk beschreibt die Band wahrscheinlich mit leichtem Augenzwinkern ihre Musik.
Der erste Song, Orbit auf dem Album steht stellvertretend für den Sound der Band. Im Hintergrund wabern durch Effekte verfremdete Klangteppiche, darüber schweben träumerische anmutende Synthieklänge, wavige Gitarrenriffs und verlangsamte Beats. Sie bilden das Fundament für Jannik Schneiders Gesang, der sich roboterhaft über das Instrumental erhebt. Auch das Video zum Song, mit futuristischer Ästhetik passt hervorragend zu den sphärischen Sounds und führt einen an die Schnittstelle von Digital und Analog.
Die Texte von Der Ringer sind einfacher Art, oft repetitiv und direkt aus dem Lebensalltag gegriffen. Die Band scheint auf Balladen zu stehen, deswegen finden sich auf dem Album vor allem melancholische Tracks. Relativ gelassen oder gar gleichgültig klingt alles, bricht aber immer wieder in ein emotionales Moment aus.
In “Knochenbrecher“, dem 7. Song des Albums, folgt dann ein kleiner Ausbruch, welcher der sonst so in sich ruhenden Platte wieder etwas Schwung verleiht. Sänger Schneider singt oder schreit eher in Dauerschleife den Satz: „Ich bemühe mich, bis der letzte meiner Knochen bricht“ und die begleitenden Instrumente passen sich der wütenden Stimmung an. Ein rauer Ausbruch, den man im Ringer Universum gerne öfters erleben darf. Der folgende Song, Kanada ist wie auch Apparat schon auf der letzten Der Ringer EP veröffentlicht worden, damals noch im Duett mit Die Heiterkeit Sängerin Stella Sommer. Wer den Titel schon von der EP kennt, vermisst hier zu Beginn Sommers sonoren Altgesang, der dem Song eine Wärme gegeben hat, die ohne sie kaum zu ersetzen ist.
Interessant ist die Diskrepanz zwischen den Sounds der Instrumente und dem Gesang. Wo man bei den Gitarren und Synthesizern eher an die 80-Jahre denkt, klingt der Gesang durch Autotune futuristischer. Durch den Effekt wird eine vermeintliche Qualität suggeriert, die nahe an der Perfektion liegt. Die Grenze zwischen Realität und Fiktion verschwimmt. Bezogen auf die Thematik der Digitalisierung, die sich Der Ringer in vielen Texten annimmt ein interessantes Statement. Mit dem Einsatz von Autotune liegen der Ringer natürlich im Trend. Trotz allem ist der Sound Geschmacksache und wer sich gegen den Effekt sträubt, der wird mit Soft Kill nicht viel anzufangen wissen, da der er nahezu in jedem Song eingesetzt wird.
Am Ende bleibt ein trendiges Album, das einen mit in sein kleines Der Ringer-Universum zieht. Die Songs sind allerdings nicht alle so stark, wie die auf der vorhergegangenen Glücklich-EP. Vor allem durch die relativ ähnlichen, melancholischen Stimmungen der Songs bleibt der Wunsch zu mehr Ausbrüchen à la „Knochenbrecher“ stehen. Für die deutsche Postpunk-Landschaft aber auf jeden Fall ein Gewinn. Mit einem leichten Augenzwinkern könnte man meinen, Der Ringer wären DIE neue Postpunk-Boyband in Deutschland.
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