Alteri – Miseria

Alteri – Miseria

Bei Holy Goat und Sengaja Records erscheint am 1. Juni das Debütalbum „Miseria“ der 2017 gegründeten Kölner Crust-Hardcore-Deathmetal-Band Alteri. Eines sei schon mal vorweggenommen: Wer sich gerne die Gehörgänge durchspülen lässt, ist hier genau richtig.

LP kaufen Vö: 01.06.2018 Sengaja Records Holy Goat Records

Schon das Plattencover verrät uns, worum es textlich auf „Miseria“ geht. Zu sehen sind ein Mensch, der, sei es aus Verzweiflung, Wut, Trauer oder Angst, die Hände über dem Kopf zusammenschlägt und ein in Flammen stehendes Haus, das dem Bild nach eine hölzerne Bauweise vermuten lässt. Beide schwarz-weiß gehaltenen Elemente verschwimmen so ineinander, sodass im Kopf automatisch eine Verknüpfung entsteht. Menschliche Abgründe, Agonie, Krieg, Zweifel, Angst und Hass. Ein zuversichtlich positives Bild entsteht auf keinen Fall. Der hierfür Verantwortliche Künstler ist Sascha Voß von Written In Black Designworks, dem es auf wundervolle Art gelingt, die Musik von Alteri gestalterisch umzusetzen.

Der Opener „Missing In The Lost“ startet mir einem Schweif oder einer zu kurzen Drei-Sekunden-Zündschnur, ehe das Feuerwerk bedingt durch den vollen Glanz des Schlagzeugs eingeläutet wird. Nur einen Bruchteil einer Sekunde später setzen die zwei Gitarren und der Bass ein und das Fest kann beginnen. Der Ausweglosigkeit transportierende Text wechselt ein paar Mal von deutscher zu englischer Sprache, was dem Lied eine besondere Dynamik verleiht. Der brachiale Kurs wird in „Alternativlose Alternative“ gehalten und wir steuern, begleitet von sägenden Gitarren, weiter Richtung Abgrund. Da helfen auch die clever eingebauten Tempowechsel nichts, sie verzögern das Ende nur.

Ich zünd mich an. Resignation erkannt.

(Alternativlose Alternative)

Das dritte Lied „Flucht“ beginnt und endet etwas langsamer, was dem dauerhaftem Druck auf der Platte allerdings nicht schadet. Die sägenden Gitarren und das hämmernde Schlagzeug spielen noch immer die erste Geige und im Mittelteil des Songs gibt es voll auf die Zwölf. Martin von Blanks ist bei „Nostalgia“ mit von der Partie und fügt sich extrem gut in die Deathmetal-Maschine „Alteri“ ein. Der Hall der Stimme, wenn es denn einer ist, macht sich extrem gut und passt als Überleitung zu dem darauffolgenden Instrumentalstück „Omen“, das durch ein 49 Sekunden andauerndes Orgelsolo eröffnet wird. Die Orgel, die ein schauriges Horrorfilm-Szenario in meinem Kopf aufleben lässt, zieht ihre Linien durch das gesamte Lied und fügt sich geschmeidig in den zerstörerischen Sound der anderen Instrumente ein. Nahtlos geht es in den Song „Graben II“ über. Schleppende Gitarren, ein schwerfälliges Schlagzeug, müde Knochen, denn Leben kostet Kraft.

Der Graben zu tief, um ihn von Außen zu erklimmen.

(Graben II)

Was gerade noch etwas langsamer daherkam, blitzt in „Fostpaktum“ doppelt so schnell auf. In schön gestrickten Bildern bekommen Populisten und alle die dazugehören gehörig einen auf den Deckel. „Fatal“ kommt mit schickem Metal-Sound um die Ecke. Auch hier wieder gute Tempowechsel und toll ist auch, wie der Sänger zwischen hohem und tiefem Gesang variiert. Mit „Erwartungen“ findet noch ein nach vorne brechender Crust-Song den Weg auf Miseria.

Die Welt sich offenbart in Kratern, Rissen und Gräben.

Ein Lied gegen Deutschtümelei und der Umgang mit Flüchtlingen ist „Germangency“ und ist ein klarer Mittelfinger gegen all‘ die Rassisten und Faschisten, die nur Hass schüren und rechtsradikale Stimmungen in der Mitte der Gesellschaft verankern. Nicht mehr als Verachtung für solche Leute. Den Song „Miseria“ empfinde ich als letzten Aufschrei, bevor alles in ewiger Stille mündet, weil alles in ewiger Stille mündet.

Ich persönlich bin begeistert von der Vielschichtigkeit Alteris. Sie schaffen es in elf Liedern verschiedene Geschichten zu erzählen, Stimmungen zu erzeugen und zu unterhalten. Dass dabei kein gutes Gefühl hängen bleibt, ist für mich einfach nur ehrlich, da die Zustände in denen wir tagein tagaus leben, schlicht und ergreifend nicht schön sind. Außerdem vereint die Band Elemente aus verschieden Musikgenres, wodurch es musikalisch zu keiner Sekunde langweilig wird.

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Von Veröffentlicht am: 18.05.2018Zuletzt bearbeitet: 02.12.2018660 WörterLesedauer 3,3 MinAnsichten: 886Kategorien: Alben, KritikenSchlagwörter: 0 Kommentare on Alteri – Miseria
Von |Veröffentlicht am: 18.05.2018|Zuletzt bearbeitet: 02.12.2018|660 Wörter|Lesedauer 3,3 Min|Ansichten: 886|Kategorien: Alben, Kritiken|Schlagwörter: |0 Kommentare on Alteri – Miseria|

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Über den Autor: Paul Schall

Hat sich nach elfJahren an Köln gewöhnt, ist aber noch immer nicht 100% davon überzeugt. Mag gerne Pizza, Pasta und Punkrock, ist aber auch anderen veganen Spezialitäten und anderen Musikgenres nicht abgeneigt. Ist außerdem Fußballfan und ständig von vielem angepisst.

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