BERICHT: Alabama Shakes – Gloria Köln 06.07.2015
Warm, kalt, Instant-Gänsehaut. Das ist keine Sommergrippe, das ist Alabama Shakes Live Syndrome. Schnell ansteckend und mit gelegentlichen Zuckungen und Ausbrüchen verbunden.
An einem Montagabend füllen meine rotzlöffelige Begleitung und ich zusammen mit altersübergreifenden Lokalos und Dazugereisten das schöne Kölner Gloria Theater bis zum Rand. Auf der Bühne werden gerade weiße Frotteehandtücher verteilt. Eine kleine Tontechnikerin hat hier alles in ihren zierlichen Händen, checkt Kabel und Knöpfe. Als endlich die Fabulous Five samt Mann-Frau-Frau-Chor die Bühne betreten, ist es ein bisschen so wie beim Schulkonzert. Die stolzen Eltern im Publikum rasten schon aus, bevor ihre Lieblinge überhaupt einen Ton von sich gegeben haben. Da zeigt sich die Kölner Audience von seiner amerikanisch-euphorischen Seite und soll verdammt recht behalten mit den Vorschusslorbeeren.
Am linken und rechten Rand stehen und sitzen der Mann am Piano Ben Tanner, der bärtige Bassist im Beret Zac Cockrell, Gitarrist Heath Fogg und Steve Johnson an den Drums und sehen so aus, als hätte ihnen Mama heute extra die gute schwarze Jeans und das saubere weiße Shirt rausgelegt. Abgesehen von einem leichten Mitgrooven und Nicken werden diese im Laufe des Abends nicht viel mehr tun als ganz lässig zu zocken. Sie lassen einfach Platz, geben IHR die Bühne – räumlich, menschlich, musikalisch. Der Frau, die gerade als eine der besten, neuen Stimmen auf dem Markt gehandelt wird. Urgewalt im bodenlangen Blumenkleid, Hornbrille und Pastellgitarre: Brittany Howards. Diese Frau führt an, predigt, streichelt Seelen, bläst die Sonne aus, zwingt uns in die Knie mit jedem göttlichen Ton. In heiseren Tiefen und schwindeligen Kopfhöhen. Sie lässt sich und die Band feiern, quatscht nicht viel dazwischen, erzählt lieber emotionsgetränkten Soul. Muss wohl als Kind in einen Energiebrunnen gefallen sein und zieht sich noch welche vom Publikum:
Yeah, you in the front. You got the right energy. The right energy.
Der Shakes ursprünglicher Soundmix aus Southern Soul Blues Rock und Garage kommt mal entschleunigt, mal vulkanartig auf den Punkt. Satt und geschmeidig statt protzig. Das Ganze ist von der kleinen Tonlady auch noch so gut abgemischt, dass es später noch auf dem schlechtesten Smartphone bestens klingen wird. Als Brittany mit ihrem Drei-Mann Chor in himmlischer Harmonie zu „This Feeling“ verschmilzt, möchte man auch nicht mehr, dass es endet. Die Band spielt vor allem ihr neues, zweites Album „Sound & Color“ im Shuffle und hebt sich clevererweise die beiden Hits „Don’t Wanna Fight“ und „Gimme All Your Love“ für die Zugaben auf. So können sich die auch anderen Tracks wie „Dunes“ oder „Future People“ entfalten und sedimentieren. Kathartisch wird es bei „Miss you“(and your mickey mouse tattoo), wenn Miss Howard ihrem Sir mit Blut, Schweiß und Tränen in Trance versichert „I’m yours, I’m yours, I’m…“.
Aber auch der beste Montag seit langem endet – ganz classy mit Bandvorstellung und einem großen Danke. „Saugeil“ sagt meine +1-Begleitung, die es fertigbringt Thees Uhlmann im lockeren Smalltalk zu stecken, dass Kettcar ja wohl ehrlicherweise viel besser sei als Tomte. Das meint die also auch so und bestimmt nicht oft. „Over my head“ sind wir wohl irgendwie auch.
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