The Soft Moon – Von Angesicht zu Angesicht mit den eigenen Dämonen
THE SOFT MOON – Von Angesicht zu Angesicht mit den eigenen Dämonen
Draussen ist Wüste. Drinnen ist langweilig. Dazwischen ist….nichts. Stell dir vor du bist Jugendlicher und lebst in einer Kleinstadt, wo es ausser einer Schule und einem Supermarkt nichts gibt. Da könnte man durchaus mal auf die Idee kommen, mit ein paar Gleichgesinnten eine Punkband zu gründen. Luis Vasquez hat das getan, bis er merkte, dass er lieber alleine arbeiten möchte. Deshalb gründete er das Ein-Mann-Projekt THE SOFT MOON, welches sich nicht nur auf Elektronik, Krautrock, Indie und Goth bezieht, sondern in Videos und bei Live-Auftritten durch spannende Visuals überzeugt.
Im März 2015 erscheint das dritte (und möglicherweise das beste) Album von THE SOFT MOON mit dem Namen „Deeper“. Danach folgt eine ausgeprägte Tour mit einigen Stationen in Deutschland.
Im Februar gab Luis Vasquez in seinem derzeitigen Heimatort Berlin in einem etwas hipstermässigen Hotel (das ist nicht abwertend gemeint. Hipster-Bashing ist doof) an einem der wichtigen kulturellen und freizeittechnischen Verkehrsknotenpunkte von Friedrichshain Interviews. Es ist die Gegend, wo sich Fuchs und Hase niemals gute Nacht sagen, da sie bis zum anderen Tag und weit über das Morgengrauen hinaus auf Trebe sind, um von hier aus in die angesagten Clubs, Bars und Konzert-Venues zu gehen.
Der Termin für das Gespräch verschiebt sich etwas nach hinten, so bleibt Gelegenheit, in der Hotelhalle auf einem der vielen gemütlichen Sofas rumzulümmeln. „Halle“ ist vielleicht nicht das richtige Wort. Es handelt sich eher um ein Riesen-Wohnzimmer mit fabrikmässigen Fensterfronten. Viele schwer beschäftigter Menschen, die gleichzeitig entspannt wirken, schwirren umher und verbreiten internationalen Flair, was nicht zuletzt an dem sympathisch babylonischen Sprachgewirr liegt.
Luis Vasquez: Im Grunde genommen kam ich bereits vor zwei Jahren nach Berlin, um hier zu leben. Aber es war nicht die richtige Zeit für mich: ich fühlte mich deprimiert, aber immerhin schrieb ich einen Song. Dann ging ich auf Tour. Anschliessend kam mir in den Sinn, an der Platte zu arbeiten und sie zu beenden. Dafür zog ich nach Venedig. Ich beschäftigte mich wieder mit dem in Berlin geschriebenen Song, was mir den Weg zum neuen Album ebnete. Für etwa ein Jahr lebte ich in Venedig. In dieser Zeit war ich mit DEPECHE MODE auf Tour und habe auch mit THE SOFT MOON ein paar eigene Tourneen unternommen.
Luis: Es war im Januar. Das ist wohl die schlechteste Zeit um hier zu leben. Ich fragte mich, ob Berlin wohl immer so ist, denn an so einem Ort könnte ich nicht leben. Es wäre mir viel zu dunkel. Aber jetzt bin ich wieder hier und hab den Eindruck ich bin gewachsen: ich hab keine Angst mehr vor der Dunkelheit und ich bin nicht mehr so davon überwältigt.
Luis (lacht): Das ist jetzt okay für mich. Aber vor zwei Jahren war es mir zu viel: alles war schneebedeckt und ich kannte niemanden. Jetzt kenne ich Leute, was wichtig ist. Seit Juli lebe ich hier, und das wird auf jeden Fall noch eine Weile so bleiben.
Luis: Ja, in einer sehr kleinen Stadt. Dort gab es nur eine Highschool und einen Supermarkt. Drumherum war nur Wüste. Es war wirklich eine ganz schlechte Gegend, es gab auch sehr viele Drogenabhängige. Zu tun gab es dort nichts, so war ich auf meine eigene Fantasie angewiesen. Als ich zwölf war, bekam ich eine Gitarre und das half sehr dabei, Dinge aus meinem Kopf zu bekommen und kreativ umzusetzen. Ich wollte auch unbedingt was Eigenes auf die Beine stellen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis ich anfing selbst Musik zu schreiben – dafür brauchte ich lediglich ein Instrument.
Luis: Ja, ich fing mit ungefähr zwölf Jahren mit dem Song schreiben an und ungefähr zur gleichen Zeit hatte ich die erste Punk-Band.
Luis: Na, vielleicht mit dreizehn. Ich hab ein Jahr gebraucht, um spielen zu lernen.
Luis: Ja, es gab immer Hinterhof-Parties. Punk war super in dieser Zeit, es gab sonst auch nicht allzu viel zu tun.
Luis: Das war eine natürliche Entwicklung. Ich hab ganz früh mit Punk angefangen und ungefähr ab 1999 interessierte es mich nicht mehr so sehr, weil ich anfing eigene Musik zu schreiben und mit elektronischem Equipment zu spielen. Es nahm einige Zeit in Anspruch, um zu mir selbst zu finden – eine ganze Weile hab ich auch überhaupt keine Musik gemacht. Bis ich meine eigene Formel und meine Ausdrucksweise gefunden hatte, hab ich ziemlich lange rumexperimentiert.
Luis (lacht): Ja – die Leute erwarten einen grossen, dünnen, bleichen, traurigen Typen. Ich brauche den Kontrast von meinem Äusseren und meinem Inneren. Würde ich mich so benehmen wie ich mich innendrin fühle, könnte mein Leben garantiert nicht so verlaufen wie es ist. Ich würde viel weniger sagen. Ausserdem mag ich es, Freunde zu finden und ich respektierte Leute, wenn sie mich respektieren. Ich denke das ist eine ganz gesunde Lebensweise. Aber innendrin…..ist es die Hölle.
Luis: Always! Ich war so, soweit ich mich zurück erinnern kann.
Luis: In Venedig schrieb ich manchmal Sachen zu Hause. Einmal im Monat war für zwei Tage Arbeit im Studio angesagt. Dort hab ich die Songs weiter entwickelt und zu Hause schrieb ich dann weitere Songs. Das ging neun Monate so, die meiste Zeit davon hab ich alleine verbracht. Die Zusammenarbeit mit Maurizio Baggio für das Album hat sehr gut funktioniert, denn ich hab Vertrauen zu ihm gefasst. Wir waren vorher gemeinsam auf Tour, er arbeitete für THE SOFT MOON als Tontechniker. Dabei wurden wir Freunde. Ich merkte, er versteht meine Vision. Wir haben Respekt füreinander, was die Platte beeinflusst hat, denn ich habe mir erlaubt mich für ihn zu öffnen und ich wusste, er versteht mich und meinen Weg.
Luis: Ja, genau so wird es sein. Wir sind uns ziemlich nah und sehen uns oft.
Luis: Ja, es wird ein Three Piece auf der Bühne: ein Drummer, ein Bass-Spieler und ich. Hast du THE SOFT MOON schon mal live gesehen?
Luis: Cool, die wird besonders werden, denn ein Freund von mir, der visueller Künstler ist, wird live etwas Besonderes für dieses Set präsentieren.
Luis: Je stärker die Einwirkung ist, um so besser finde ich es. Ich will eine eigene Welt kreieren und das Konzert soll für alle Besucher eine Erfahrung sein, welche über die Musik hinaus geht.
Luis: Ich liebe, wie Gaspar Noé den Zuschauer dazu bringt, sich selbst zu untersuchen, es ist ursprünglich wie auch tiefgründig. Ich mag es auch, wie er die Realität in eine andere Ebene schiebt. Es ist irgendwie schwierig das anzuschauen und viele Leute können es auch gar nicht, aber das ist was ich daran so mag. So etwas wie eine tiefgründige Realitätsverschiebung möchte ich mit meiner Musik auch erreichen: in einer Form, dass du dich selbst mit der Reaität konfrontiertst und dir reale Fragen über deine Existenz stellst. Die meisten Leute sind eskapitisch und wollen nur das sehen was sie glücklich macht oder was sie von der Realität ablenkt. Ich bin daran interessiert, die Leute mit den zu konfrontieren, was wirklich vor sich geht und das mag ich bei Gaspar Noé – er ist in your face und real.
Luis: Da sehe ich eine Parallele zu meiner Musik, da sie ebenfalls dunkel ist, aber es gibt ein Licht im Dunkeln und am Ende des Tunnels.
Luis: Ja, das mache ich gerne: ein sehr dunkles Thema nehmen und es so gestalten, dass du dazu tanzen kannst. Das ist wie Yin und Yang.
Luis: Für mich war es an der Zeit zu formulieren wie ich mich fühle. Auf den letzten Platten konnte ich das noch nicht, weil ich mich noch nicht so verstand wie jetzt. In den letzten Jahren hab ich eine Menge über mich gelernt.
Luis (denkt länger nach): Ich spüre das ich mit der aktuellen Platte da ziemlich nah dran bin, was ein ultimatives Ziel ist. Ich bin dauernd mit meinen Dämonen face to face und ich hab sie zu bändigen und eine Menge Kämpfe auszufechten. Das drückt sich natürlich in meiner Musik aus, aber irgendwann möchte ich auch im Licht stehen.
Luis: Das ist eine Befreiung. Es ist sehr emotional und es ist auch notwendig, weil der Prozess des Schreibens eine introvertierte Arbeit ist. Live lasse ich alles los – das ist wichtig und es fühlt sich sehr gut an – so wie eine Vollendung. Es ist auch schön zu spüren, dass es eine Verbindung zu den Leuten im Publikum gibt – sie kommen ja schliesslich wegen der Musik und um mich zu sehen. Ich fühle mich unterstützt.
Luis: Ja, es ist ein Mantra. Viele meiner Texte klingen wie Mantras. Ich mag es, mich zu wiederholen, es wirkt hypnotisierend und dadurch kann sich der Sinn verändern. Das hilft mir selbst.
Luis: Ich beginne mit den Layers für einen Song und der Song öffnet sich dann für mich und sagt, was es ist. Ich lebe dann in diesem Moment. Ich hab nie eine anfängliche Idee. Diese Art Musiker bin ich einfach nicht. Es passiert alles im Moment. Ich schreibe keine Texte in so was wie einem Buch auf und vertonte sie dann. Ich lasse mich von der Musik leiten.
Das kommende Album „Deeper“ von THE SOFT MOON erscheint via Captured Tracks am 31. März 2015.
Tour-Termine 2015:
19.05.2015 – Berlin, SchwuZ
21.05.2015 – Hamburg, Uebel & Gefährlich
22.05.2015 – Köln, Gebäude 9
—
Wenn dein Album, Song oder Video als Premiere auf prettyinnoise.de veröffentlicht werden soll kannst du hier mehr erfahren:
Wenn du einen Gastbeitrag auf prettyinnoise.de veröffentlichen möchtest kannst du hier mehr erfahren: